Ist die Währungskrise in der Türkei mit der Milliardenspritze aus Katar nun aufgehoben oder nur aufgeschoben? Die Probleme bleiben ungelöst, heißt es an den Finanzmärkten, deshalb überwiegt weiter die Skepsis. Sorgen machen sich einige Anleger auch um einen Ansteckungseffekt auf die Schwellenländer. Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Deka-Bank, beruhigt jedoch:
"Es ist ein Vorteil heute gegenüber der Lage von vor zehn, 20 Jahren, dass die Wechselkurse flexibel sind. Es gab mal Zeiten, wo Schwellenländer ihren Wechselkurs festgeschrieben haben und dann so lange gewartet haben, bis der Druck so groß war, dass dann in der Tat ein Funke genügte, um einen Flächenbrand auszulösen. Heute haben wir flexible Wechselkurse. Wir haben durch die Veränderung der Geldpolitik weltweit Druck auf diese Wechselkurse. Aber das sind Anpassungen, wir gehen allmählich voran, und damit kann Wirtschaft und können auch Schwellenländer besser umgehen als mit solchen plötzlichen Ansteckungen, die wir jetzt nicht erwarten."
Indische Rupie auf Rekordtief
Auch wenn die Schwellenländer also nicht mehr so fragil sind wie noch in der letzten Währungskrise vor 20 Jahren – es könnte auch jetzt zu einer Ansteckung kommen. Die indische Rupie etwa ist in den letzten Tagen gegenüber dem Dollar auf ein Rekordtief gefallen. Thomas Mayer vom Flossbach von Storch Research Institute sieht schon eine Unsicherheit, die sich bis in die Euroländer im Süden verbreiten könnte. Denn die hätten mit den Schwellenländern zwei Dinge gemeinsam, sagte er im Deutschlandfunk:
"Erstens, sie sind sehr hoch verschuldet. Es ist ja bisher nicht gelungen, die Schulden wieder abzubauen, die während der Finanzkrise und Eurokrise aufgebaut worden sind, und zweitens, sie sind verschuldet in einer Währung, die sie nicht selbst produzieren können. Sie sind in Euro verschuldet, und sie haben keine Hoheit über die Europäische Zentralbank, ihnen Geld zu drucken, um ihre Schulden begleichen zu können. Damit ähneln sie den Schwellenländern, die sich auch in Fremdwährungen, Dollar oder Euro, verschuldet haben. Das ist das Einfallstor dieses Virus in die Industrieländer. Dann kommt die Europeripherie ins Schleudern, und dann kommt das ganze Euroland unter Druck."
Türkei drückt sich um Gegenmaßnahmen herum
Allerdings verhielten sich die anderen Schwellenländer nicht so uneinsichtig wie die Türkei gegenüber ihren Gläubigern, sagt Ulrich Kater von der Dekabank:
"Wenn es sich abzeichnet, dass die Schuldenposition zu groß wird oder aus anderen Gründen unter Druck kommt, dann muss signalisieren, dass man es erkannt hat und Gegenmaßnahmen einleiten. Und das tun alle Länder bis hin zu Argentinien beispielsweise, die hohe Zinsen jetzt eingeführt haben bei der gleichen Situation wie in der Türkei. Die Türkei hat aber deutlich gemacht, dass sie sich um diese Regeln überhaupt nicht kümmern möchte, im Gegenteil, völlig andere Kategorien aufgerufen, wie dass man sich Geld bei Freundin leihen kann, und das sind nicht die Kategorien in denen die Finanzmärkte denken und daher ist der Druck auf die Türkei so groß."
Doch die Lage ist schwierig. Denn es ist nicht nur die Währungskrise in der Türkei, die die Finanzmärkte beunruhigt. Es sind auch die Handelsstreitigkeiten. Die könnten die Schwellenländer noch weiter unter Druck setzen, Denn wenn neue Zölle kämen, würde das die Exportmöglichkeiten dieser Länder belasten. Das könnte die Importe erschweren, die ja über Fremdwährungen wie Dollar oder Euro bezahlt werden müssen.