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Währungsstreit China/USA
"Die Weltwirtschaft gerät in sehr unruhiges Fahrwasser"

Die Lage im Handelsstreit spitze sich zu, sagte Wirtschaftsexperte Klaus-Jürgen Gern im Dlf. Doch er bezweifele, dass China seine Währung massiv abwerten werde. Die Schäden für die eigene Wirtschaft wären erheblich - insofern sei er guter Hoffnung, dass am Ende doch eine Einigung erzielt werde.

Klaus-Jürgen Gern im Gespräch mit Philipp May |
Händler auf dem Parkett der New Yorker Börse
Der Handelsstreit der beiden großen Volkswirtschaften spitzt sich zu (Getty Images / Spencer Platt)
Die Welt steht womöglich am gefährlichsten Punkt seit der Finanzkrise 2009. Das ist die Einschätzung von Larry Summers, US-Wirtschaftsprofessor und Berater der demokratischen Präsidenten Clinton und Obama. Summers meint damit den Handelsstreit zwischen den USA und eben China. Der droht zu einem Währungskrieg zu werden, nachdem der chinesische Yuan kurzzeitig massiv an Wert verlor und den Dollar so über die psychologische Marke von sieben Yuan schnellen ließ. Darüber sprechen wir mit Klaus-Jürgen Gern, Experte für internationale Wirtschaftsfragen am Kieler Institut für Weltwirtschaft.
Philipp May: Ist es wahr, steht die Welt am wirtschaftlichen Abgrund?
Gern: Nun, so weit kann man im Moment mit Sicherheit nicht gehen, dass wir an einem Abgrund stehen, aber die Lage spitzt sich doch gegenwärtig deutlich zu. Der Handelsstreit betrifft ja die beiden größten Volkswirtschaften der Welt direkt und mit China, das Land, das die Weltwirtschaft in den vergangenen zehn, zwanzig Jahren in großem Umfang getrieben hat, das Wachstum der Weltwirtschaft stimuliert hat, und insofern gerät die Weltwirtschaft jetzt doch in sehr unruhiges Fahrwasser.
Abwertung des Yuan eher keine gezielte Manipulation
May: Glauben Sie denn, dass die Abwertung des Yuan wirklich ein gezieltes Manöver der Chinesen war? Da gibt es ja Zweifel dran.
Gern: Ja, da kann man Zweifel dran haben. Es ist zunächst mal festzuhalten, dass diese Währungsbewegung, die wir jetzt gesehen haben in den letzten Tagen, vom Ausmaß her nicht dramatisch ist. Es ist eher diese symbolische Schwelle, die von sieben Yuan pro Dollar, die genommen wurde. Die hat man bisher versucht zu halten, und davon ist man offenbar jetzt abgewichen. Es ist aber so, dass die Politik, die die USA betreiben, die chinesische Wirtschaft unter Druck setzt, und die – in Anführungsstrichen – natürliche Reaktion eines Wechselkurses ist dann die Abwertung. Also marktgetrieben würde man so etwas auch erwarten, und man kann nur schwer begründen, dass das jetzt eine gezielte Manipulation ist. Vielmehr sprechen die Indizien eher dafür, dass die chinesische Regierung bisher im Verlauf dieses Jahres die eigene Währung eher gestützt hat und eine noch stärkere Abwertung verhindert hat.
May: Also warum dann die Aufregung?
Gern: Die Aufregung deshalb, weil es natürlich ein symbolischer Moment war, diese Schwelle zu überschreiten, just in dem Moment, wo Trump angekündigt hat, von seiner Seite her die Spirale weiter anzuziehen. Es ist natürlich kein Zufall, dass gerade in diesen Tagen dann diese Entwicklung zugelassen wurde.
Abwertendem Land drohen wirtschaftliche Schwierigkeiten
May: Jetzt sind die wenigsten Menschen Wirtschaftsexperten und kennen sich damit so gut aus. Was würde denn passieren, wenn China wirklich ernst machen würde und seine Währung im Gegensatz zum Dollar, im Verhältnis zum Dollar wirklich massiv abwerten würde?
Gern: Es würde Unruhe in das System kommen, die bislang verhindert wurde. Die Wechselkurse sind eigentlich in den vergangenen Monaten eher so der ruhende Pol in der Weltwirtschaft gewesen, durchaus nicht selbstverständlich, und wenn in dieses Gefüge jetzt eine große Bewegung hineinkommt, dann wird die Unruhe, dann wird die Unsicherheit noch mal verstärkt. Die Unsicherheit im weltwirtschaftlichen System, das ist das, was im Moment das größere Problem ist, nicht so sehr die konkrete Wechselkursbewegung.
Handelskriege
Wie sich deutsche Firmen gegen Währungsschwankungen absichern

Die türkische Lira, das britische Pfund und jetzt der chinesische Yuan: Immer wieder erleben wir, dass Währungen heftig schwanken. Für Unternehmen, die ins Ausland exportieren, sind das Risiken. Mit unterschiedlichen Strategien kann man sich dagegen absichern - doch ein Restrisiko bleibt.
Im Fall einer ausgeprägten Abwertung wären die Wirkungen auch unklar, denn andere Währungen sind ja davon nicht unbeeinflusst. Wir haben jetzt schon gesehen, dass andere asiatische Währungen eine ähnliche Entwicklung gegenüber dem Dollar genommen haben wie der Yuan. Das heißt, auch diese Länder sind betroffen, was ja teilweise ein bisschen falsch verstanden wird. So eine Abwertung hat für das abwertende Land ja nicht nur positive Wirkungen. Es wird nicht nur die eigene Produktion wettbewerbsfähiger im internationalen Handel – man kann besser exportieren und importiert weniger –, sondern es wird auch schwieriger, zum Beispiel Kredite in Dollar zu bedienen. Die eigenen Einfuhren sind häufig in den Schwellenländern in der Regel in Dollar bewertet, sodass man mehr eigene Währung aufwenden muss, um die notwendigen Importe bezahlen zu können, und das bringen solche Länder dann sehr schnell in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Nicht zuletzt sieht man, dass gerade Krisenländer ja starke Abwertungen erleben und durch diese Abwertungen dann auch in eine echte Währungskrise geraten können. Solche Entwicklungen können nicht ausgeschlossen werden, wenn es wirklich zu einem großen Schub kommt. Ganz schwierig würde es, wenn in China auch Probleme auftreten können, denn auch China importiert wichtige Güter in Dollar und hat auch Kredite in der hoch verschuldeten eigenen Wirtschaft in Dollar ausstehen.
May: Also ist China in diesem Konflikt, in diesem Streit mit Donald Trump nicht im Vorteil.
Gern: Das ist durchaus nicht sicher. Ich halte es deshalb auch nicht für wahrscheinlich, dass China diese Währungswaffe, wenn man sie so bezeichnen will, in großem Umfang einsetzt, denn die möglichen Schäden für die eigene Wirtschaft sind doch sehr erheblich.
"Ich bin immer noch guter Hoffnung, dass am Ende eine Einigung erzielt wird"
May: Wie geht das Ganze dann aus?
Gern: Die große Frage, die sich alle stellen: Wie kommen diese beiden Kontrahenten jetzt von diesem Pferd herunter, das sie so hoch gesattelt haben in diesem Handelsstreit. Es ist notwendig, dass eine Einigung herbeigeführt wird, um der Weltwirtschaft wieder eine gesunde wirtschaftspolitische Basis zu geben, eine Sicherheit für das wirtschaftliche Handeln. Dafür ist es notwendig, dass es eine Einigung gibt, die beiden es ermöglicht, das Gesicht zu wahren. Im Moment erscheint es doch sehr schwierig, sich vorzustellen, wie das aussehen könnte, da die Hürden immer höher gestellt werden, aber ich bin immer noch guter Hoffnung, dass am Ende im Hintergrund dann doch eine Einigung erzielt wird, die beide Länder oder beide politischen Regierungen dann nicht als Verlierer dastehen lässt, sondern man zu einem Konsens kommen kann.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.