"Wo gehen wir jetzt hin? In den Schießkeller."
Der Mitarbeiter von "Euroguns" führt in den Schießkeller. Der ist videoüberwacht, im Verkaufsraum des Waffenhändlers im 14.Wiener Bezirk hängen auch Überwachungskameras.
Zwei Erwachsene mit Kopfhörern und vier Kinder sind unten im Schießstand. Alles, was unten geschieht, wird oben im Laden gesehen. Mutter Irina schießt das erste Mal und trifft gleich ins Schwarze mit der Glock-Pistole. Auch den Kindern macht das Schießen Spaß:
"Ziemlich aufregend, zu schießen."
"Es macht sehr viel Spaß. Man kann gut lernen, sich zu verteidigen, wenn man es muss."
"Aber Du könntest mit so einer Pistole auch jemand töten?"
"Aber wir machen das nur hier"
"Man ist glücklich, wenn man das Ziel trifft."
Tausend Schusswaffen pro Woche
Selbstverteidigungstraining mit Spaßfaktor schon für die Kleinsten. Christian Ortner ist mit seinen beiden Söhnen und einer befreundeten Familie zum Schießen gekommen. Zwei Pistolen hat er mitgebracht, Familientradition, erzählt der frühere Soldat, er hat die Waffen von seinem Vater geerbt:
"Mein Vater hat die gehabt, und ich war einige Zeit beim Bundesheer und habe dort viel mit der Glock geschossen, jetzt schieße ich manchmal. In meinem Freundeskreis, die haben das alles schon länger, aber man hört, dass es mehr geworden ist."
Seit Beginn der Corona-Pandemie im März erhöhte sich der Bestand der Schusswaffen in Österreichs Privathaushalten um mehr als 22.000, das sind tausend pro Woche. Den Waffenboom kann auch Waffenhändler Markus Schwaiger bestätigen:
"Im März, da war ja die große Entscheidungsfrage, gibt es einen Lockdown oder nicht? Und am Freitag, den 13. war es so, dass ab dem frühen Morgen bei uns die Leute Schlange gestanden sind. Die sind bis auf die Straße raus gestanden und haben alles, was wir da hatten an Munition, alles, was wir vor allem an frei verkäuflichen Waffen Kategorie C gehabt haben, das haben sie wirklich alles aufgekauft. Um 10 Uhr am Vormittag war meine letzte Patrone weg."
Schon 2015 – als Zehntausende Flüchtlinge durch Österreich zogen und manche auch hierblieben – hatten Waffenhändler wie Schwaiger Zulauf. Damals wurden 1400 neue Feuerwaffen pro Woche registriert. Und jetzt: Ein Drittel mehr verkaufte Waffen als sonst. Aber warum? Der frühere Bundesheer-Soldat Schwaiger hat eine einfache Erklärung:
"Das ist die gleiche Frage: Wieso haben sich die Leute Klopapier gekauft? Wieso sind Leute einkaufswagenweise Nudeln kaufen gegangen? Immer, wenn eine Unsicherheit in der Bevölkerung da ist, greifen die Leute zu den Waffen oder stocken zumindest ihre Munitionsvorräte auf. Das ist immer so, wenn Unsicherheit da ist."
Liberale Waffengesetze
Und was sind das für Kunden, die zu ihm kommen? Schwaiger erzählt von der Rentnerin, die nach dem Tod ihres Mannes eine Schrotflinte zum Selbstschutz kaufen wollte, der Waffenhändler hat ihr eine Schreckschusspistole verkauft. Und Rechtsextreme?
"Na klar ist ab und zu mal einer dabei, der aus der Prepperszene stammt, aber die meisten Leute sind ganz normale Menschen, die sich vielleicht eine Spur mehr Sorgen machen, dass irgendwas sein könnte. Da ist wirklich alles dabei, vom Maurer bis zum Juristen, Akademiker, Hilfsarbeiter, es ist die komplette Bandbreite. Es ist auch nicht so, dass da jetzt politische Aspekte besonders durchschimmern würden."
"Na klar ist ab und zu mal einer dabei, der aus der Prepperszene stammt, aber die meisten Leute sind ganz normale Menschen, die sich vielleicht eine Spur mehr Sorgen machen, dass irgendwas sein könnte. Da ist wirklich alles dabei, vom Maurer bis zum Juristen, Akademiker, Hilfsarbeiter, es ist die komplette Bandbreite. Es ist auch nicht so, dass da jetzt politische Aspekte besonders durchschimmern würden."
"Geht's alle schießen" lockt der Handzettel an die Waffe, ein Wortspiel mit dem Wiener Fluch, den alle kennen.
Die Polizei in Österreich sieht es übrigens nicht so gern, dass Private immer mehr aufrüsten. Aber die Waffengesetze machen es möglich. Jeder 18-jährige EU-Bürger mit Wohnsitz in Österreich, kann eine Waffe der sogenannten Kategorie C kaufen.
"Das sind vor allem Gewehre mit über 60 Zentimeter Länge. Da brauche ich gar nix. Da gehe ich zu einem Waffenhändler, sag, ich hätte gerne diese Schrotflinte oder dieses Jagdgewehr. Dann schließt man einen Kaufvertrag ab, er hat dann eine ‚Abkühlphase‘ von drei Tagen. In diesen drei Tagen überprüfe ich, ob ein Waffenverbot gegen denjenigen vorliegt. Und dann kann er sich es abholen."
Für die Glock aus dem Schießkeller braucht man aber eine Waffenbesitzkarte. Und die gibt es nur mit Waffenführerschein und psychologischem Gutachten, Schwaiger bietet auch das an: Für unter 400 Euro im Paket.