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Wahl in Israel
Netanjahu kämpft um jede Stimme

Die Abstimmung in Israel geht in die letzten Stunden. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat Angst zu verlieren und versucht seine Wähler mit allen Tricks zu mobilisieren. Das bringt ihm eine Beschwerde bei der Wahlkommission ein – wegen Hetze und Rassismus.

Von Torsten Teichmann |
    Eine rotierende Werbeanzeige in Tel Aviv zeigt die Porträts von Itzhak Herzog und Benjamin Netanjahu ineinander übergehend.
    Sie kämpfen um das Amt des Ministerpräsidenten in Israel: der amtierende Regierungschef Benjamin Netanjahu (r.) und Oppositionsführer Itzhak Herzog, hier auf einer rotierenden Werbeanzeige in Tel Aviv. (picture alliance / dpa / Abir Sultan)
    Regierungschef Benjamin Netanjahu ist am Wahltag etwas aufgefallen: Tausend Wähler kommen zur Abstimmung. Aber es sind offenbar nicht seine Anhänger, die ihre Stimme abgeben. Netanjahu warnt deshalb in einem Videoschnipsel auf seiner Facebook-Seite:
    "Die rechte Regierung ist in Gefahr! Die arabischen Wähler kommen in unglaublichen Massen zu den Wahlurnen! Die linken NGO's bringen sie mit Bussen."
    Der Abgeordnete Dov Khenin reagierte prompt - mit einer Beschwerde bei der Zentralen Wahlkommission. Ein Ministerpräsident, der gegen das Wahlrecht einer ethnischen Minderheit Stimmung mache, überschreite eine Rote Linie was Hetze und Rassismus betrifft, heißt es in der Beschwerde.
    Netanjahus letzter Versuch
    Zur Minderheit der arabischen Israelis gehören beinahe 20 Prozent der Bevölkerung. Dass Netanjahu spekuliert, sie könnten sich stärker an der Wahl beteiligen als noch vor zwei Jahren, ist ein letzter Versuch. Es hängt aber auch mit dem Wahlkampf zusammen: Zum ersten Mal gibt es eine Vereinte Liste von arabischen Abgeordneten und Kommunisten - das zieht. Der Spitzenkandidat heißt Ayman Odeh.
    Odeh gab seine Stimme in Nazareth, im Norden Israels ab. Er glaube, dass sich die Lage im Land mit dieser Wahl bessert. Dass Araber und Juden eine bessere Zukunft für ihre Kinder schaffen können. Seine Wahlliste könnte drittstärkste Kraft im Parlament werden und damit die Bildung einer neuen Regierung beeinflussen.
    Ein politischer Wechsel hängt im Wesentlichen aber vom Abschneiden des bisherigen Oppositionsführers Itzhak Herzog und dessen Bündnis Zionistische Union ab. Herzog gab seine Stimme in der Früh in Tel Aviv ab:
    "Man darf nie vergessen, dass Israel ein demokratischer Staat ist, in dem das Volk entscheidet, wer es führen wird. Und in diesen Wahlen wird entschieden zwischen Veränderung mit Hoffnung oder Verzweiflung mit Enttäuschung."
    Ministerpräsident beschwört Gottes Hilfe
    Herzog lag in den letzten Umfragen bei 24 Sitzen und damit mit vier Sitzen vor Ministerpräsident Netanjahu. Der Regierungschef ist nach der Abgabe seiner Stimme in Jerusalem nach Ashdod und Ashkelon gefahren. In beiden Städten war er offenbar unterwegs, um seine Wähler noch einmal zu mobilisieren.
    "Geht an die Urnen, bringt die Freunde, die Familie, wählt Likud, um den Abstand zwischen uns und der Arbeitspartei zu verringern. Und mit Eurer und mit Gottes Hilfe werden wir eine national gesinnte Regierung bilden, die den Staat Israel bewahrt."
    Die Wahllokale schließen um 21 Uhr deutscher Zeit. Dann gibt es auch die erste Hochrechnung. Sollte der Wahlausgang aber sehr eng sein, könnte es passieren, dass alle auf das Endergebnis warten müssen. Das wird erst übermorgen Früh dem Präsidenten des Staates, Reuven Rivlin, vorgelegt.