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Wahl in Myanmar
Der unbekannte Präsident

Er ist ein Schulfreund von Aung San Suu Kyi - und jetzt Präsident. Htin Kyaw, langjähriger Vertrauter der Friedensnobelpreisträgerin, ist in Myanmar zum ersten zivilen Staatsoberhaupt seit Jahrzehnten gewählt worden. Auf ihn warten gewaltige Herausforderungen.

    Htin Kyaw
    Htin Kyaw, desingierter Präsident von Myanmar (picture alliance / dpa / Hein Htet)
    Ein zurückhaltender Mann mit Liebe zur Literatur - viel mehr Details aus dem Privatleben des neuen Präsidenten sind nicht bekannt. Vor Jahrzehnten gab Htin Kyaw eine Karriere im Außenministeriums des Landes auf, um Aung San Suu Kyi zu unterstützen, die er schon aus Schulzeiten kannte. Während der Militärherrschaft saß er deshalb im Gefängnis - wie viele andere Bürgerrechtler.
    Im Rampenlicht stand der 69-Jährige aber nie. Seine Nominierung als Präsidentschaftskandidat der Nationalen Liga für Demokratie vor einer Woche überraschte viele Beobachter. Die NLD hatte die Parlamentswahlen im November haushoch gewonnen. Sie errang fast vier Fünftel der zur Wahl stehenden Parlamentssitze.
    Damit war klar, dass die Partei den künftigen Präsidenten und die Regierung stellt. Dennoch konnte Suu Kyi nicht durchsetzen, dass eine Verfassungsklausel geändert wird, die ihr selbst eine Kandidatur für das Präsidentenamt verbietet. Weil ihre Söhne britische Staatsbürger sind, darf sie nicht selbst antreten. Suu Kyi machte aber keinen Hehl daraus, dass sie selbst über die Geschicke des Landes bestimmen will und sich als über dem Präsidenten stehend betrachtet.
    Htin Kyaw und Friedensnobelpreisträgerin und Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi
    Htin Kyaw stand meist im Schatten von Friedensnobelpreisträgerin und Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi (picture alliance / dpa / Nyein Chan Naing)
    Drei Kandidaten für das Präsdientenamt
    Bei der Wahl in beiden Parlamentskammern setzte sich Htin Kyaw gegen zwei Mitbewerber durch. Der eine wurde ebenfalls von der NLD aufgestellt: Henry Van Thio gehört der ethnischen Minderheit der Chin an. Seine Nominierung wurde als Signal der Partei gewertet, auch die Minderheiten im Land einbinden zu wollen. Einen dritten Kandidaten durfte das noch immer machtvolle Militär aufstellen. Es entschied sich für den Hardliner Myint Swe. Der 64-jährige General soll für die blutige Niederschlagung des Mönchsaufstands von 2007 verantwortlich sein.
    Am 1. April endet die jahrzehntelange Vorherrschaft des Militärs in Myanmar. Dann sollen der neue Präsident und die neue Regierung ihre Ämter antreten. Die beiden in der Parlamentsabstimmung unterlegenen Kandidaten werden nach geltendem Recht automatisch Vizepräsidenten des Landes.
    Auftrag: Ethnische Konflikte beilegen
    Damit muss Htin Kyaw also mit einem Protagonisten der Militärdikatur zusammenarbeiten. Das dürfte nicht die einzige schwierige Aufgabe für den Politiker werden. Viele ethnische Konflikte in dem 50-Millionen-Einwohner-Land sind nach wie vor ungelöst, die Menschenrechtslage ist immer noch prekär. Auf der Rangliste der Pressefreiheit der Organisation Reporter ohne Grenzen landete Myanmar im vergangenen Jahr auf Platz 144 von 180. Beklagt werden unter anderem die nach wie vor bestehende Zensur.
    Die NLD hatte nach ihrem Wahlsieg versprochen, die ethnischen Konflikte im Land friedlich zu lösen. Noch an diesem Wochenende wurden heftige Kämpfe zwischen Regierungstruppen und Rebellen aus dem Nordosten des Vielvölkerstaats gemeldet. Tausende Zivilisten sollen vor der Gewalt geflohen sein. Seit Anfang Februar geht das Militär unter anderem gegen die Nationale Befreiungsarmee TNLA vor, die mehr Autonomie fordert.
    (adi/fwa/rm)