Die A. P. Møller-Skolen in Schleswig ist ein beeindruckender moderner Bau in dem Holz und Glas dominieren. 2008 wurde die dänische Gemeinschaftsschule am Ufer der Schlei für rund 60 Millionen Euro errichtet. Bezahlt hat den Bau für rund 600 Schüler eine dänische Stiftung – ein politisches Symbol?
"Politisch, weiß ich nicht. Eher vielleicht ein kulturelles Signal. Denn man hat hier Wert darauf gelegt: Das hier soll das beste der dänischen Architektur zeigen können", sagt Schulleiter Jørgen Kühl. Rund 50.000 Angehörige zählt die dänische Minderheit in Schleswig-Holstein die im Land zwischen Nord- und Ostsee 48 Bildungseinrichtungen besuchen können.
Tausende zogen noch vor wenigen Jahren gegen die Sparpläne der damaligen schwarz-gelben Landesregierung auf die Straße. Doch am Ende wurden die Zuwendungen trotzdem um 15 Prozent gekürzt.
Mobilisierung durch angekündigte Kürzungen
"Das erzeugte dann schlagartig einen Fehlbetrag von fünf Millionen Euro, was den Betriebskosten von 22 dänischen Schulen entsprechen würde. Und da entstand ja dann eine Massemobilisierung innerhalb der dänischen Minderheit."
Diese Massenmobilisierung könnte dazu beigetragen haben, dass der Südschleswigsche Wählerverband, kurz SSW bei den letzten Landtagswahlen 2012 4,6 Prozent errang. Kurz darauf wurde der SSW kleinstes Mitglied der sogenannten Küstenkoalition - einem Dreierbündnis aus SSW, SPD und Grünen unter Führung von Ministerpräsident Torsten Albig.
Anke Spoorendonk sitzt für den SSW am Kabinettstisch - als Ministerin für Justiz, Kultur und Europa.
"Also, für uns und für mich war es klar, dass wir diesen Weg gehen mussten. Von daher hatten wir auch Lust dazu, das zu machen."
Schon einmal hatte der SSW an der Macht geschnuppert: 2005 war die Tolerierung einer rot-grünen Minderheitenregierung ausgemacht. Doch die Wahl von Heide Simonis zur Ministerpräsidentin scheiterte, weil auch nach vier Wahlgängen eine Stimme zur Mehrheit fehlte – das Wort vom "Heide-Mörder" machte die Runde.
SSW versteht sich als Regionalpartei
"Danach hat der SSW-Parteitag gesagt: Sollten wir wieder in so eine Situation kommen, dann müssen wir in die Regierung eintreten – das war die Ansage."
Minderheit ist, wer Minderheit sein will: Das ist der Kern der Bonn-Kopenhagener Erklärungen, dem seit 1955 bestehenden Fundament der Minderheitenpolitik in Deutschland und Dänemark.
Es scheint nicht überraschend, dass die Küstenkoalition die Kürzungen für die dänischen Schulen in Schleswig-Holstein rückgängig machte. Doch wäre es vermessen zu behaupten, dass der von der Fünf-Prozent-Klausel ausgenommene SSW nur Politik für die friesische und dänische Minderheit gemacht hat. Der SSW versteht sich schon lange als Regionalpartei.
Gelobt wird Spoorendonk vor allem für ihre Kulturpolitik, unter ihr wurde der Kulturetat um 20 Prozent erhöht. Stolz ist die 69-Jährige auch auf die Gesetze zum Denkmalschutz und zu den Bibliotheken. In die Kritik geriet die Ministerin im Zusammenhang mit der Aufarbeitung einer kurzzeitigen Geiselnahme in der Lübecker Haftanstalt am Heiligabend 2014. War sie jemals überfordert in den letzten fünf Jahren? Spoorendonk schüttelt den Kopf:
"Ich habe zum Glück sehr gute Mitarbeiter im Haus, und weiß nicht nur die Zuarbeit meiner Leute zu schätzen, sondern auch zu nutzen."
Liberale Flüchtlingspolitik mitgetragen
Rund zwei Drittel seines Budgets erhält der SSW jedes Jahr als Zuwendung vom dänischen Bildungsministerium. Politisch macht ihn dies angreifbar – zumindest aus Sicht der CDU. Kürzlich träumte Søren Espersen, der stellvertretende Vorsitzende der rechtspopulistischen dänischen Volkspartei in einem TV-Interview von einer Grenzverschiebung hin zur Eider, also mitten hinein ins heutige Schleswig-Holstein. Die CDU im Kieler Landtag forderte vom SSW prompt eine Distanzierung von solchen Forderungen:
"Also, ich bin nicht verantwortlich für das, was Søren Espersen sagt. Es gibt politische Idioten, so will ich das mal formulieren ganz brutal. Dass der SSW dann von einigen in Haftung genommen wurde, das finde ich, war schon schräge. Und sagt vielleicht etwas darüber aus, dass man immer ganz schnell solche Punkte bei dem SSW dann loswird."
Nach dem Zweiten Weltkrieg war der SSW für eine Wiedervereinigung mit Dänemark eingetreten und hatte Stimmung gemacht gegen die nach Schleswig-Holstein kommenden Vertriebenen aus den ehemaligen Ostgebieten. Doch die Zeiten haben sich geändert: Heute betrachtet der SSW Kopenhagens Abschottungskurs sehr skeptisch – und trägt in Kiel die liberale Flüchtlingspolitik unter Ministerpräsident Torsten Albig mit. Gerne würde der SSW weiterregieren. Anke Spoorendonk wird jedoch aus der Politik ausscheiden: Nach mehr als 20 Jahren im Landtag möchte sie nun ihren Lebensabend genießen. Sollte die Mehrheit reichen, könnte ihr Nachfolger als Minister Lars Harms werden – ein Friese.