Das stolze Lächeln in seinem Gesicht war dauerhaft, als Wahlkommissionsleiter Mahinda Deshapriya gestern Abend in der Hauptstadt Colombo sein vorläufiges Fazit verkündete: "Wir sind sehr glücklich darüber, dass es uns gelungen ist, freie und faire Wahlen abzuhalten. Nach allem, was wir bis jetzt wissen, ist alles gut gelaufen."
Der Blick in die Geschichte Sri Lankas zeigt, dass Gewalt und Einschüchterung eine Begleiterscheinung früherer Wahlen war. Die Wahlbeteiligung gestern war hoch. Die Parlamentswahl war auch ein Referendum über die Rückkehr des alten Machthabers Mahinda Rajapaksa. Der abgewählte Ex-Präsident war als Kandidat angetreten, um Premierminister zu werden. Die Auszählung läuft noch, doch politische Beobachter wie Paikiasothi Saravanamuttu vom Zentrum für politische Alternativen in Colombo glauben nicht an seine Rückkehr: „Rajapaksa und seine Anhänger kämpfen um ihr politisches Überleben. Es stehen schwere Korruptionsanschuldigungen und andere Verbrechen im Raum. Es ist davon auszugehen, dass es Ermittlungen geben wird. Vermutlich dachten sie, dass nur ein gutes Abschneiden bei der Wahl sie schützen würde."
Krieg als Wahlkampfthema
Sein Kollege Jehan Perera vom Nationalen Friedensrat bringt es so auf den Punkt: "Rajapaksa und seine Leute haben verzweifelt versucht, den Krieg zum Wahlkampfthema zu machen. Sie haben vor einer Rückkehr der tamilischen LTTE gewarnt, vor einer neuen Gefahr für die nationale Sicherheit. Aber das hat nicht geklappt. Die Leute wollen das nicht mehr. Die Mehrheit fühlt sich nicht bedroht. Die Kampagne hat nicht gezündet. Die Leute sind besorgt über die Korruption. Über Machtmissbrauch. Und über eine bessere wirtschaftliche Entwicklung."
Es war Rajapaksa, der die Armee in die Vernichtungsschlacht gegen die Rebellen der tamilischen Minderheit schickte, um einen fast 30- jährigen Bürgerkrieg zu beenden. Dem Sieg fielen allein in den letzten Kriegswochen im Frühjahr 2009 fast 40000 Zivilisten zum Opfer. Anschließend erlebte das Tropenparadies eine noch nie dagewesene Konzentration der Macht innerhalb der triumphierenden Präsidentenfamilie. Einen politischen Versöhnungsprozess und eine Aufarbeitung der Kriegsverbrechen gab es nicht. Dieser Verantwortung wird sich die neue Regierung endlich stellen müssen, glaubt Jehan Perera: „Das Land ist bereit, sich mit der Wahrheit auseinanderzusetzen. Es muss eine Untersuchung geben. Und dann muss man überlegen, was man mit der Wahrheit macht. Geht es darum zu bestrafen? Oder zu bilden? Oder geht es darum, zu versöhnen und zu heilen?"
Regierung der nationalen Einheit?
Die 21 Millionen Einwohner Sri Lankas wollen Wandel. Darum haben sie Mahinda Rajapksa im vergangenen Januar völlig überraschend aus dem Amt gewählt. Darum haben sie den Ex-Präsidenten gestern aller Voraussicht nach auch daran gehindert, als Premierminister zurückzukehren. Die Wähler scheinen eine Regierung der nationalen Einheit zu wollen. Ein Regierungsbündnis aus den politischen Kräften, die Rajapaksa im Januar zu Fall brachten, glaubt der politische Beobachter Paikiasothi Saravanamuttu: „Es gibt viel zu tun. Wir haben einen aufgeblähten Beamtenapparat und noch immer 400.000 Menschen unter Waffen. Das ist eine große Belastung für den Staat. Wir sind eine alternde Gesellschaft. Uns fehlt eine Jugend-Dividende. Wir werden schmerzhafte Strukturreformen einleiten müssen."