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Wahl in Ungarn
Klarer Sieg für Orban

Nach der Parlamentswahl in Ungarn steht die Fidesz-Partei von Ministerpräsident Viktor Orban vor einem deutlichen Sieg. Laut Hochrechnungen scheint selbst eine erneute Zweidrittelmehrheit in Reichweite. Die rechtsradikale Jobbik-Partei kann mit mehr als 21 Prozent rechnen.

    Hochrechnungen zufolge erhielt Orbans regierende Fidesz-Partei am Sonntag 48,2 Prozent der Stimmen. Die rechte Jobbik-Partei, die für antisemitische Töne und ihre Ablehnung gegenüber der Roma-Minderheit bekannt ist, kam demnach auf 21,6 Prozent. Das Mitte-Links-Bündnis, das die Sozialistische Partei anführt, erhielt 22 Prozent der Stimmen. Dieses Bündnis verspricht den Wählern, die Preise auf Grundnahrungsmittel zu senken und den Mindestlohn anzuheben.
    Die offizielle Auszählung der Stimmen hatte sich zunächst verzögert. Bei Schließung der Wahllokale hatten vor etlichen Wahllokalen noch viele Menschen Schlange gestanden. Das vorläufige amtliche Endergebnis soll in der Nacht zum Montag vorliegen.
    Sollten sich die Hochrechnungen bestätigen, könnte Fidesz die 2010 errungene Zweidrittelmehrheit verteidigen und damit weiter im Alleingang die Verfassung ändern. Orban erklärte sich am späten Sonntagabend zum Sieger der Wahlen. "Alle Zweifel, alle Sorgen sind zerstreut - wir haben gewonnen!", rief er Tausenden Anhängern in Budapest zu.
    Umstrittene Wahlrechtsänderung
    Über die Verteilung der 199 Mandate im Parlament von Budapest lagen zunächst keine Angaben vor. Die Fidesz-Partei kann aber mit einem überproportional hohen Anteil der Mandate rechnen – dank einer von ihr durchgesetzten Wahlrechtsreform. 106 Sitze werden in den Wahlkreisen nach dem Mehrheitswahlrecht vergeben, nur bei den übrigen 93 Sitzen kommt es auf den landesweiten Stimmenanteil nach dem Verhältniswahlrecht an. Für den Gesamtsieger der Wahl gibt es zudem Bonus-Mandate, der Zuschnitt der Wahlkreise wurde zulasten der Opposition verändert.
    Der frühere Regierungschef Gordon Bajnai, eine der Führungsfiguren der linken Opposition, hatte das Wahlsystem im Vorfeld der Wahlen als ungerecht bezeichnet. Es sei, so Bajnai, als liefe die Fidesz ein 100-Meter-Rennen, die Opposition aber 400 Meter Hürden.
    Deutliche Kritik an Orban aus Brüssel und Washington
    Mindestens genauso laut wie im Inland war die Kritik an Orbans in den vergangenen Jahren auch im Ausland zu hören. Die Europäische Union und die USA fanden zum Teil deutliche Worte für seine Politik. Ihm wird vor allem vorgehalten, mit seinem Zugriff auf die Justiz und auf die Medien das westliche Verständnis von der Gewaltenteilung auszuhöhlen. Die von der bisherigen Fidesz-Mehrheit verabschiedete Verfassung könnte selbst nach einem Regierungswechsel in Zukunft nur mit Zweidrittelmehrheit geändert werden.