Knapp eineinhalb Monate nach der Landtagswahl soll das erste schwarz-grüne Regierungsbündnis in Nordrhein-Westfalen Ende Juni stehen. CDU und Grüne wollen ihren Koalitionsvertrag am 25. Juni auf Parteitagen absegnen lassen, Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) soll dann am 28. Juni im Landtag wiedergewählt werden. Das teilten die beiden Parteien am 10. Juni in Düsseldorf mit.
Die bisherige Regierung aus CDU und FDP hatte nach der Wahl keine Mehrheit mehr, zu groß waren die Stimmverluste der FDP. Neben der CDU gingen die Grünen als klare Sieger aus der Wahl hervor. Die Partei konnte ihr Ergebnis fast verdreifachen und stand als Königsmacher da. Ein Bündnis ohne die Grünen hätten nur CDU und SPD eingehen können. Beobachter hielten das von vorne herein für sehr unwahrscheinlich.
Sitzverteilung: Welche Koalitionen sind möglich?
Wie begründen CDU und Grüne ihre Koalitionspläne?
Beide Parteien waren erst Ende Mai in die Koalitionsverhandlungen eingestiegen. "Zwei Wochen offene, intensive und vor allem konstruktive Gespräche mit dem Rückenwind eines ausführlichen Sondierungsergebnisses haben gezeigt: Es gibt eine gute und tragfähige Grundlage für einen erfolgreichen Abschluss der Koalitionsgespräche von CDU und Grünen", teilte Wüst mit. "Uns einen viele Ziele, aber natürlich liegen vor uns weiterhin intensive Tage der gemeinsamen Arbeit." In der "Versöhnung von vermeintlichen Gegensätzen" liege eine Chance für beide Partner und für das Land.
Grünen-Landeschefin Mona Neubaur sagte: "Nordrhein-Westfalen steht vor großen Herausforderungen, die zukunftsfähige Antworten verlangen." In den vergangenen Wochen seien sich CDU und Grüne darin einig geworden, dass diese Antworten "neue Bündnisse und neue Allianzen erfordern". Eine sozial gerechte und klimaneutrale Transformation unserer Gesellschaft setze voraus, "dass wir alte Gräben und historisch gewachsene Lager überwinden".
13 Facharbeitsgruppen erarbeiten derzeit den Koalitionsvertrag zwischen den beiden Parteien. Grundlage ist ein umfassendes zwölfseitiges Sondierungspapier.
Was hätte für ein Jamaika-Bündnis gesprochen?
Eine Jamaika-Koalition bestehend aus CDU, Grünen und FDP wäre ebenfalls möglich gewesen. Für ein solches Bündnis gab es aber kaum gute Argument. Denn Schwarz-Grün hat auch ohne die FDP eine satte Mehrheit. Grüne und FDP hätten zudem einige inhaltliche Gräben überwinden müssen, insbesondere bei Wirtschafts- und Verkehrsthemen. Die Grünen hatten vor der Wahl außerdem deutliche Kritik an FDP-Schulministerin Yvonne Gebauer geäußert. Und die FDP war ein klarer Verlierer der Wahl.
Was hätte für eine Ampel-Koalition gesprochen?
Traditionell stehen sich Grüne und SPD in Nordrhein-Westfalen näher als Grüne und CDU: Die Grünen haben hier einen eher linken Landesverband und auch programmatisch gibt es mehr Überschneidungen mit der SPD als mit der CDU. Doch für Rot-Grün hat das Ergebnis nicht gereicht, die SPD ging als klarer Verlierer aus der Wahl hervor. Die FDP hätte also als dritte Kraft in die Koalition geholt werden müssen.
Ein Argument für die Ampel war, dass SPD-Spitzenkandidat Thomas Kutschaty den Koalitionsvertrag im Bund mitgeplant hat und sich auf Landesebene der FDP angenähert hat. Die NRW-FDP lässt mit den Grünen Schnittmengen in der liberalen Flüchtlings- und Integrationspolitik erkennen, mit der SPD in der Wirtschafts-, Bildungs- und Verkehrspolitik.
Schon einen Tag nach der Wahl gab es aber eine klare Absage von FDP-Chef Christian Lindner für das Dreierbündnis: "Die Ampel in Nordrhein-Westfalen hätte doch gar keine innere Legitimation." Auch der FDP-Fraktionschef im NRW-Landtag, Christof Rasche, zeigte sich zwar für Gespräche offen, sagte aber auch: "Es wird Schwarz-Grün geben und nichts anderes steht zur Debatte."
SPD-Spitzenkandidat Thomas Kutschaty hatte nach der Wahl im Sender Ntv gesagt, sollten sich CDU und Grüne nicht einigen, stehe die SPD für Gespräche bereit. Die Grünen zeigten sich offen für Gespräche mit allen Parteien außer der AfD.
Quellen: Felicitas Boeselager, Gudula Geuther, Frank Capellan, Stephan Detjen, Nina Voigt, pto