Schon der Anblick der Kuppel des mächtigen Gebäudes ist beeindruckend - man fühlt sich an den Anblick des Petersdoms in Rom erinnert. Es ist Nachmittag unter der Woche, die Schlangen unter dem Fundament am Eingang sind kurz. Es gibt die bekannte "Flughafenkontrolle" mit dem Unterschied, dass fast jede Tasche mit Abstrich und Schnell-Analyse auf Sprengstoff untersucht wird.
Drinnen ein freundlicher Empfang, Fotos noch verboten, ein kostenloses Ticket holen, die Tour um 3:10 pm, Sir.
Gleich zu Beginn unter striktem Fotoverbot ein Kinosaal mit 13-Minuten-Film zur Geschichte des Kapitols - und damit des Kongresses.
Die Legislative der USA, so lernen die etwa 150 Zuschauer, besteht aus dem Repräsentantenhaus und dem Senat. Das Zweikammer-System sollte nach dem Willen der Verfassungsväter dafür sorgen, dass die Interessen großer und kleiner Bundesstaaten ausreichend berücksichtigt würden. Diese Entscheidung ging entsprechend als der "Große Kompromiss" in die US-Geschichte ein.
Jeder Bundesstaat entsendet zwei Senatoren - also 100, gewählt auf sechs Jahre. Im Repräsentantenhaus sitzen 435 Abgeordnete, gewählt für zwei Jahre, die Anzahl pro Bundesstaat abhängig von dessen Bevölkerungszahl. Der District of Columbia und die US-Territorien haben keine Stimmrechte. Im Senat werden am Wahldienstag 34 Sitze neu besetzt, im Repräsentantenhaus alle.
Die Idee hinter dem Zwei-Kammer-System war und ist auch, dass es das amerikanische Volk selbst ist, das sich über seine Repräsentanten mit einbringt in die Entscheidungen des gemeinsamen Landes mit seinen so unterschiedlichen - und so oft gewalttätig ausgefochtenen - Interessen. "E pluribus unum" - "Aus Vielen eins" - der Wappenspruch des großen Siegels der USA bringt diesen Gedanken auf den Punkt.
Zurzeit haben die Republikaner die Mehrheit in beiden Häusern (54 von 100 im Senat, 246 von 435 im Repräsentantenhaus). Das hat dem jetzigen demokratischen Präsidenten Barack Obama das Leben nicht leicht gemacht und dafür gesorgt, dass viele politische Entscheidungen nur nach langen Auseinandersetzungen mit republikanischem Stempel abgespeckt umgesetzt wurden. Wenn überhaupt.
Die Republikaner hoffen also, dass trotz einer möglichen Wahlniederlage ihres Kandidaten Trump sie wenigstens eine Präsidentin Clinton in Schach halten können bis zur nächsten Wahl. Der 8. November wird also politisch und legislativ gesehen doppelt spannend.
Höhepunkt der Besucher-Tour ist die Innenansicht der mächtigen Kuppel. Sie ist beeindruckend, an diesem sonnigen Herbsttag lichtdurchflutet.
"We, the people" heißt es in der Verfassung der USA gleich zu Beginn. Dass die Amerikaner sich gerade unter diesen hohen Kuppel als eins sehen (sollen), ist politisches Vermächtnis der Verfassungsväter und Hausaufgabe zugleich.
Außerhalb dieser Mauern und dieses Moments sieht das dank eines so noch nie zuvor geführten Wahlkampfs ganz anders aus.