Kabul schwitzt und pumpt. Seit dem Sturz der radikal-islamischen Taliban im Herbst 2001 sind Fitnessstudios in der Hauptstadt wie Pilze aus dem Boden geschossen. Es gibt nicht viele Orte, an denen junge Menschen sich austoben können. Farhanullah ist 21 Jahre alt und studiert Politikwissenschaft. Er wäre im nächsten Frühjahr ein Erstwähler.
"Wir brauchen hier Frieden. Afghanistan brennt seit über 30 Jahren in den Flammen des Krieges. Die Präsidentschaftswahl ist entscheidend für unser Schicksal. Ich wünsche mir eine echte afghanische Führung, eine rein afghanische Führung. Ich wünsche mir eine politische Führung, die vor allem für die Menschen in Afghanistan arbeitet und überzeugende Ideen und Pläne für die Zukunft hat."
Für Frauen gibt es noch weniger Freizeitmöglichkeiten als für Männer. Eine Großmutter, die ihren Namen nicht nennen möchte, hat ihre Schwestern, Töchter und Enkelkinder unter einem schattigen Baum versammelt. Im Frauenpark von Kabul. Einer Oase im Herzen der Hauptstadt.
"Wir sind müde uns ausgezehrt vom Krieg. Wir wollen ihn nicht. Unser Schicksal liegt in Gottes Hand. Beim letzten Mal habe ich gewählt. Jetzt weiß ich es nicht. Zu Hause ist immer so viel zu tun. Ich muss mich um meine Enkelkinder kümmern. Wenn es möglich ist, gehe ich zur Wahl. Das hängt nicht allein von der Sicherheit ab, sondern auch davon, ob ich Zeit habe."
Die Euphorie ist bei vielen Wählern verschwunden. Zeitgleich kristallisieren sich zerbrechliche, politische Allianzen heraus, die entlang ethnischer Linien verlaufen. Diese Wahlbündnisse spiegeln die alten Fronten des ungelösten Bürgerkriegs wider – zum Teil mit dem gleichen, machtsüchtigen Personal. Und mit den gleichen Unterstützern aus dem Ausland. Der gesamte politische Prozess spielt sich zudem parallel zum laufenden Rückzug der internationalen Kampftruppen ab, während der Widerstand der Taliban gegen den afghanischen Staat ungebrochen ist. Dennoch hält Rangin Dadfar Spanta, der nationale Sicherheitsberater von Präsident Karsai, die Abstimmung für alternativlos.
"Es gibt einfach keine Pause. Das ist die Strategie der Taliban und Al Kaida und deren Unterstützern im Ausland, irgendwie die Wahl zu verschieben und die Legitimation der afghanischen Regierung und des Staates zu untergraben."
Vor allem im umkämpften Süden und Osten Afghanistans, in den Kerngebieten der Taliban, sitzt die Bevölkerung in der Falle. Sicherheitsberater Spanta rechnet mit Gewalt und neuen Fälschungsversuchen.
"Es gibt keine Garantien. Afghanistan ist ein seit 34 Jahren vom Krieg heimgesuchtes Land. Gewalt und die Verachtung von Gesetzen haben bedauerlicherweise einen relevanten Platz."
Seit der US-geführten Intervention steht Hamid Karsai an der Spitze des Landes – erst von den Amerikanern installiert, dann zweimal gewählt, doch bei der zweiten Wahl 2009 wurde massiv gefälscht. Eine dritte Amtszeit verbietet die Verfassung. Die geplante Wahl im nächsten April wäre die erste demokratische Machtübergabe in der Geschichte des Landes. Deswegen hält auch Sima Samar, die Vorsitzende der afghanischen Menschenrechtskommission, an ihr fest.
"Wir haben den Menschen hier zwölf Jahre lang die Demokratie gepredigt. Aber was ist denn dann die Demokratie? Ich sage nicht, dass diese Wahl die Demokratie garantieren wird, aber sie ist ein erster Schritt. Sie ist ein Grundrecht. Deshalb bitte ich die Bürger Afghanistans, diese Wahl so stark zu unterstützen, wie sie nur können. Wenn tausend Menschen eines Dorfes zur Wahl gehen, dann können sie diese tausend Menschen nicht alle umbringen."
Im Hintergrund spinnen die alten Clans und Eliten ihre Fäden. Selbst Kriegsfürsten wie Abdul Rasul Sayaf werden als mögliche Präsidentschaftskandidaten gehandelt. Anhaltende Armut, mangelnde Bildung, Drogen, Terror und Korruption: In den Geberländer, die den afghanischen Staat finanzieren, hat sich unterdessen große Müdigkeit breit gemacht. Andere Konflikte wie Syrien brennen. Umso wichtiger ist eine erfolgreiche Präsidentschaftswahl, betont Jan Kubis, der Afghanistan-Sondergesandte der Vereinten Nationen.
"Die Wahlen sind in meinen Augen die wichtigste Entwicklung in diesem Land. Es ist ganz entscheidend für Afghanistan, eine starke und akzeptierte politische Führung zu haben, die für die Einheit des Landes und gegen ethnische Spaltungen arbeitet. Niemand kann hier perfekte Wahlen erwarten, das ist unter den gegebenen Umständen unmöglich. Aber wir brauchen die besten Wahlen, die möglich sind - besser als beim letzten Mal, sogar viel besser als beim letzten Mal. Dieses Land braucht Führung. Das ist die kritische Botschaft, die ich versuche, an unsere afghanischen Partner zu senden: Die Präsidentschaftswahl ist für euch wichtig, weil ihr sie für eure Zukunft braucht. Aber sie ist auch für die weitere Unterstützung durch die internationale Staatengemeinschaft wichtig. Also spielt nicht mit dieser Wahl."
Die Bevölkerung bleibt nach mehr als 30 Jahren Krieg eingekeilt zwischen den Hauptdarstellern aus dem In- und Ausland. Sie hat die Qual der Wahl. Wählen zu gehen ist gefährlich. Aber nicht wählen zu gehen auch. So oder so: Jedes zivile Opfer zerstört Vertrauen in den politischen Prozess, der Afghanistan befrieden soll.
"Wir brauchen hier Frieden. Afghanistan brennt seit über 30 Jahren in den Flammen des Krieges. Die Präsidentschaftswahl ist entscheidend für unser Schicksal. Ich wünsche mir eine echte afghanische Führung, eine rein afghanische Führung. Ich wünsche mir eine politische Führung, die vor allem für die Menschen in Afghanistan arbeitet und überzeugende Ideen und Pläne für die Zukunft hat."
Für Frauen gibt es noch weniger Freizeitmöglichkeiten als für Männer. Eine Großmutter, die ihren Namen nicht nennen möchte, hat ihre Schwestern, Töchter und Enkelkinder unter einem schattigen Baum versammelt. Im Frauenpark von Kabul. Einer Oase im Herzen der Hauptstadt.
"Wir sind müde uns ausgezehrt vom Krieg. Wir wollen ihn nicht. Unser Schicksal liegt in Gottes Hand. Beim letzten Mal habe ich gewählt. Jetzt weiß ich es nicht. Zu Hause ist immer so viel zu tun. Ich muss mich um meine Enkelkinder kümmern. Wenn es möglich ist, gehe ich zur Wahl. Das hängt nicht allein von der Sicherheit ab, sondern auch davon, ob ich Zeit habe."
Die Euphorie ist bei vielen Wählern verschwunden. Zeitgleich kristallisieren sich zerbrechliche, politische Allianzen heraus, die entlang ethnischer Linien verlaufen. Diese Wahlbündnisse spiegeln die alten Fronten des ungelösten Bürgerkriegs wider – zum Teil mit dem gleichen, machtsüchtigen Personal. Und mit den gleichen Unterstützern aus dem Ausland. Der gesamte politische Prozess spielt sich zudem parallel zum laufenden Rückzug der internationalen Kampftruppen ab, während der Widerstand der Taliban gegen den afghanischen Staat ungebrochen ist. Dennoch hält Rangin Dadfar Spanta, der nationale Sicherheitsberater von Präsident Karsai, die Abstimmung für alternativlos.
"Es gibt einfach keine Pause. Das ist die Strategie der Taliban und Al Kaida und deren Unterstützern im Ausland, irgendwie die Wahl zu verschieben und die Legitimation der afghanischen Regierung und des Staates zu untergraben."
Vor allem im umkämpften Süden und Osten Afghanistans, in den Kerngebieten der Taliban, sitzt die Bevölkerung in der Falle. Sicherheitsberater Spanta rechnet mit Gewalt und neuen Fälschungsversuchen.
"Es gibt keine Garantien. Afghanistan ist ein seit 34 Jahren vom Krieg heimgesuchtes Land. Gewalt und die Verachtung von Gesetzen haben bedauerlicherweise einen relevanten Platz."
Seit der US-geführten Intervention steht Hamid Karsai an der Spitze des Landes – erst von den Amerikanern installiert, dann zweimal gewählt, doch bei der zweiten Wahl 2009 wurde massiv gefälscht. Eine dritte Amtszeit verbietet die Verfassung. Die geplante Wahl im nächsten April wäre die erste demokratische Machtübergabe in der Geschichte des Landes. Deswegen hält auch Sima Samar, die Vorsitzende der afghanischen Menschenrechtskommission, an ihr fest.
"Wir haben den Menschen hier zwölf Jahre lang die Demokratie gepredigt. Aber was ist denn dann die Demokratie? Ich sage nicht, dass diese Wahl die Demokratie garantieren wird, aber sie ist ein erster Schritt. Sie ist ein Grundrecht. Deshalb bitte ich die Bürger Afghanistans, diese Wahl so stark zu unterstützen, wie sie nur können. Wenn tausend Menschen eines Dorfes zur Wahl gehen, dann können sie diese tausend Menschen nicht alle umbringen."
Im Hintergrund spinnen die alten Clans und Eliten ihre Fäden. Selbst Kriegsfürsten wie Abdul Rasul Sayaf werden als mögliche Präsidentschaftskandidaten gehandelt. Anhaltende Armut, mangelnde Bildung, Drogen, Terror und Korruption: In den Geberländer, die den afghanischen Staat finanzieren, hat sich unterdessen große Müdigkeit breit gemacht. Andere Konflikte wie Syrien brennen. Umso wichtiger ist eine erfolgreiche Präsidentschaftswahl, betont Jan Kubis, der Afghanistan-Sondergesandte der Vereinten Nationen.
"Die Wahlen sind in meinen Augen die wichtigste Entwicklung in diesem Land. Es ist ganz entscheidend für Afghanistan, eine starke und akzeptierte politische Führung zu haben, die für die Einheit des Landes und gegen ethnische Spaltungen arbeitet. Niemand kann hier perfekte Wahlen erwarten, das ist unter den gegebenen Umständen unmöglich. Aber wir brauchen die besten Wahlen, die möglich sind - besser als beim letzten Mal, sogar viel besser als beim letzten Mal. Dieses Land braucht Führung. Das ist die kritische Botschaft, die ich versuche, an unsere afghanischen Partner zu senden: Die Präsidentschaftswahl ist für euch wichtig, weil ihr sie für eure Zukunft braucht. Aber sie ist auch für die weitere Unterstützung durch die internationale Staatengemeinschaft wichtig. Also spielt nicht mit dieser Wahl."
Die Bevölkerung bleibt nach mehr als 30 Jahren Krieg eingekeilt zwischen den Hauptdarstellern aus dem In- und Ausland. Sie hat die Qual der Wahl. Wählen zu gehen ist gefährlich. Aber nicht wählen zu gehen auch. So oder so: Jedes zivile Opfer zerstört Vertrauen in den politischen Prozess, der Afghanistan befrieden soll.