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Wahlhilfen für Unentschlossene
Wahl-O-Mat gestartet - die Alternativen sind längst online

Seine Premiere feierte der Wahl-O-Mat zur Bundestagswahl 2002. Seitdem hat die Bundeszentrale für politische Bildung ihr Tool immer wieder ergänzt und erneuert, so auch in diesem Jahr. Der Wahl-O-Mat hat aber mittlerweile Konkurrenz, die Lücken des Originals schließt.

Von Stefan Fries |
Das Logo des Wahl-O-Mats der Bundeszentrale für politische Bildung mit dem Slogan "Du hast die Wahl!"
Seit fast 20 Jahren gibt es den Wahl-O-Mat der Bundeszentrale für politische Bildung. Wer ihn nutzt, lässt sich 38 Thesen anzeigen – und klickt dann an: stimme zu, stimme nicht zu, neutral oder überspringen. Unter den Thesen in diesem Jahr:
  • Auf allen Autobahnen soll ein generelles Tempolimit gelten.
  • Deutschland soll seine Verteidigungsausgaben erhöhen.
  • Der für das Jahr 2038 geplante Ausstieg aus der Kohleverstromung soll vorgezogen werden.
Die Bedeutung der Thesen lässt sich noch gewichten. Am Ende zeigt der Wahl-O-Mat an, mit welchen Parteien man die meisten Übereinstimmungen hat. Dort lassen sich auch Details nachlesen – und neu in diesem Jahr: Positionen und Gewichtungen lassen sich anpassen. Schon eine Nuance Veränderung kann sich auf das Ergebnis auswirken.

Parteien positionieren sich zu 80 Thesen

Erarbeitet werden die Thesen von einer Redaktion aus Profis und jungen Freiwilligen. In diesem Jahr war die 26-jährige Sophie Anna Gschwendner aus Passau mit dabei. Die Jurastudentin prüfte ab Anfang Juni mit 34 anderen Mitgliedern der Redaktion Dossiers über die Parteien. Gschwender: "Was bewegt die Parteien? Und wo gibt es auch Unterschiede oder Kontroversen zwischen den verschiedenen Parteien? Und hierbei wurden halt dann nicht nur die Großparteien angeschaut, sondern auch Kleinstparteien."
Wenn Influencerinnen Politik machen
Nur punktuell und wenn, ohne Bezahlung. So sieht die Zusammenarbeit mit Influencern aus, erklären Parteien gegenüber dem Deutschlandfunk. Das heißt aber nicht, dass sich einige Instagram- und Youtubestars nicht politisch positionieren würden.
Aus den Positionen werden dann zunächst 80 Thesen abgeleitet, zu denen sich die Parteien positionieren sollen. Die Antworten werden dann von einem Team der Universität Düsseldorf um Politikwissenschaftler Stefan Marschall geprüft, zum Beispiel auf Stimmigkeit mit dem Programm oder auf innere Widersprüche.
"Die Parteien haben noch über ihre Positionsbestimmung hinaus, also dass sie antworten auf eine These, die Möglichkeit, ihre Position zu begründen. Und da gibt es dann tatsächlich auch die Chance für die Parteien, gewisse Komplexität, die sie vielleicht sehen, dann noch abzubilden und darzulegen, dass die Sache vielleicht auch aus verschiedenen Gründen auch differenziert betrachtet werden könnte."

Bereits mehr als 82 Millionen mal genutzt

Andere Online-Wahlhilfen machen das anders. Der "Wahltest" zum Beispiel lässt auch differenzierte Antworten zu. Und kommt einem häufigen Kritikpunkt entgegen, dass man eben nicht alles einfach mit Ja oder Nein beantworten könne. Auf Anfrage des Deutschlandfunks bemängeln das CDU, SPD und Grüne etwa beim Wahl-O-Mat.
Laut Bundeszentrale für politische Bildung ist der Wahl-O-Mat bei Bundestags-, Europa- und Landtagswahlen mehr als 82 Millionen mal genutzt worden – und hat damit sein Ziel erreicht, sagt Marschall, der das Angebot seit Jahren auch wissenschaftlich begleitet:
"Was wir sehen können, ist, dass der Wahl-O-Mat politisch mobilisiert, das heißt Menschen werden angeregt, sich mit anderen über Politik, über das Ergebnis, was sie erzielt haben, aber auch über das Tool selbst und auch die Positionen zu unterhalten. Es gibt einen großen Anteil der Menschen, die sagen, dass sie erst jetzt dann aufmerksam gemacht wurden auf die Unterschiede zwischen den Parteien. Das sagen ungefähr 60 bis 75 Prozent der Nutzerinnen und Nutzer."

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In der Vergangenheit gab es Vorwürfe und sogar Klagen gegen den Wahl-O-Mat, er würde große Parteien bevorzugen. Das tut er jetzt nicht mehr.

Alternativen, die Lücken schließen

Der Wahl-O-Mat ist zudem inzwischen längst nicht mehr der einzige Online-Wahlberater. Mehr als ein Dutzend gibt es mittlerweile, darunter den "Wahl-Kompass" der Uni Münster, den "Sozial-o-mat" der Diakonie und den "Klima-Wahlcheck" der Klima-Allianz Deutschland.
Angebote wie das "Agrimeter" des Deutschen Bauernverbands und der "Steuer-o-mat" unter anderem des Instituts der deutschen Wirtschaft werden von Lobbyorganisationen betrieben. "Wahltraut" schaut sich an, was die Parteien in Sachen Gleichberechtigung vorhaben. Das Angebot "DeinWal.de" legt nicht Wahlversprechen zugrunde, sondern das Abstimmungsverhalten der Parteien im Bundestag.
Ähnlich wie der Wahl-O-Mat funktioniert auch der "Wahlswiper", der von einem Verein ehrenamtlich angeboten wird. Wie in der Dating-App Tinder können die angezeigten Thesen nach links oder rechts gewischt werden – für Ablehnung oder Zustimmung. Zwischentöne sind hier nicht gefragt, dafür aber gibt es Erklärtexte und -videos.
Politische Meinungsbildung
2017 stellte der Wahl-O-Mat der Bundeszentrale für politische Bildung 38 Thesen zu allen politischen Bereichen vor, bei denen Nutzerinnen und Nutzer ihre Meinung mit den Wahlaussagen der Parteien vergleichen konnten. Und schon damals gab es Konkurrenz. Ein Blick zurück.
"Bei einem deutschlandweiten einheitlichen Abitur würden alle Schülerinnen und Schüler dieselben Prüfungen ablegen", heißt es etwa bei der Frage nach einem bundesweiten Zentralabitur. Diese Videos gibt es sogar in mehreren Sprachen, etwa auf Türkisch und auf Arabisch.
Vereinschef Matthias Bannert findet, dass sein Verein damit eine wichtige Lücke schließt: "Es gibt viele Deutsche, die einen Migrationshintergrund haben, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, sondern zum Beispiel Türkisch oder Arabisch. Für die Leute wollen wir jetzt ein Informationsangebot bieten. Das heißt nicht, dass sie nicht Deutsch können, sondern es ist eher, dass die die Komplexität, die manchmal bei politischen Diskussionen mit geht, vielleicht besser zu verstehen ist, wenn man das in seiner Muttersprache lesen oder hören kann."

Wahl-O-Mat will keine Wahlempfehlung sein

Die Bundestagsparteien halten die Online-Wahlberater grundsätzlich für hilfreich. Sie begrüßen jede Möglichkeit, mehr Wähler zu gewinnen. Der FDP ist parteipolitische Neutralität wichtig, der Linken, dass die Parteien bei der Erstellung einbezogen werden. Die AfD findet, dass Wahl-O-Mat und Co. gut seien für einen ersten Eindruck, für eine Wahlentscheidung brauche es aber eine vertiefte Auseinandersetzung mit den Programmen. Das finden auch Macherinnen und Macher und betonen: Eine Wahlentscheidung muss jede und jeder selbst treffen.