Interner E-Mailverkehr der Demokratischen Partei wurde per Hackingangriff kopiert und dann veröffentlicht – über die Plattform Wikileaks, so erklärt es US-Präsident Barack Obama: "In fact, Russia had hacked into the DNC.”
Der Hack der E-Mails der demokratischen Partei und ihre Veröffentlichungen, das könnte in der Tat die US-Präsidentschaftswahl beeinflusst haben – in welchem Maße, das ist strittig.
Klar ist dagegen: Auch Onlineangebote, die dem Einfluss des russischen Staats zuzurechnen sind, haben massiv für die Verbreitung der Inhalte aus dem Hack gesorgt, teils stark verdreht, spekulativ bewertet. Und dass Wladimir Putins Machtapparat Donald Trump wesentlich besser zu Pass kommt als Hillary Clinton, kann als gesichert gelten. Muss man also vielleicht gar nicht die Wahl selbst hacken, wenn man auch die Wählermeinung hacken kann?
Kumpelpolitik mit Putin ist vorbei
Das eine wie das andere – und die Angst davor - spielt jedenfalls im beginnenden Wahljahr auch in Deutschland eine große Rolle. Denn von Gerhard Schröders Kumpelpolitik mit Wladimir Putin ist nicht mehr viel geblieben. Bundeskanzlerin Angela Merkel:
"Wir wissen ja, dass wir auch heute zum Teil schon mit Meldungen aus Russland zu tun haben, oder auch mit durchaus Angriffen von Internet-Vertretern, die russischen Ursprungs sind, oder mit Meldungen, die, wo wir uns auch mit falschen Informationen zum Teil auseinandersetzen müssen. Das ist täglich unsere Aufgabe, das zu tun, und deshalb kann es auch sein, dass das im Wahlkampf eine Rolle spielt."
Bundestag-Hack: Verfassungsschutz beschuldigt Moskau
Russland steht immer wieder im Verdacht. Der Hack des Deutschen Bundestages 2015 zum Beispiel, der viele Abgeordnete aufgeschreckt hat, wird von deutschen Sicherheitsbehörden Russland zugerechnet. Das Angriffsmuster deutet auf Urheber, die sie als "Advanced Persistent Threat 28" bezeichnen, "komplexe, permanente Bedrohung Nummer 28". Der Präsident des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik, Arne Schönbohm, sagt:
"APT28 können wir technisch gesehen sehr genau fokussieren und nachstellen. Das kommt wohl aus dem russischen Staatsgebiet. Und die Kollegen vom Verfassungsschutz haben sehr klar gemacht, dass hinter APT28 wohl die russische Regierung steckt."
Ziel könnten vor allem Parteien, das Mittel Fake News sein
Ausgeschlossen ist das Hacken von Wahlcomputern. Die gibt es in Deutschland auch bei der kommenden Wahl nicht. Als mögliches Ziel gelten weniger die IT-Infrastrukturen der staatlichen Institutionen, sondern vor allem die der Parteien. Dort verfügbare Informationen könnten gezielt zur Wahlkampfbeeinflussung verwendet werden. Selbst vermeintlich Harmloses kann, entsprechend aufbereitet, für echte oder künstlich erzeugte Zweifel an Kandidaten und Parteien sorgen – wie in den USA.
Diese Sorge treibt derzeit Politiker zu immer neuen Vorschlägen, wie damit umgegangen werden soll – bis hin zu Ideen, die Verbreitung von Falschnachrichten zu verbieten, oder gar Vorschlägen zur Gegenpropaganda. Immer wieder wird der "Fall Lisa" angesprochen: Russischsprachige Medien und deren deutsche Ableger hatten vor einem Jahr mit Falschinformationen über eine vermeintliche Vergewaltigung, angeheizt vom russischen Außenminister Sergej Lawrow, die russlanddeutsche Community speziell in Berlin aufgewiegelt.
"In russischer Wahrnehmung gibt es einen Informationskrieg"
"Da haben wir auch wirklich bislang nur diesen einen Fall, und ich finde, das sollte man dann nicht übertreiben", kommentiert Susan Stewart. Sie forscht bei der Stiftung Wissenschaft und Politik zur Russischen Föderation. Aus ihrer Sicht sind ein großes Problem vor allem Multiplikatoren – wie zum Beispiel Journalisten oder auch Politiker mit besonders russlandfreundlicher Einschätzung, die ungeprüft Inhalte weiterverbreiteten. Grundsätzlich sei kritische Medienrezeption nicht nur in Russland, sondern auch im Westen wenig verbreitet, sagt Stewart. Dagegen könne nur politische Bildung helfen. Was aber bei den staatsnahen russischen Medien sehr spezifisch sei:
"In der russischen Wahrnehmung gibt es sozusagen diesen Informationskrieg. Und in einem Informationskrieg kann ein Medium eine Waffe sein. Ob man das jetzt akzeptieren sollte und sagen sollte, gut, wir sind dann in einem solchen Krieg und sollten Medien auch als Waffen einsetzen, das, glaube ich, ist schwierig. Das ist vielleicht nicht die richtige Reaktion, weil das sozusagen ein bisschen akzeptiert, dass die Medien da sind, um kontrolliert zu werden und um diese Botschaften dann mit zu kontrollieren."
Stärkere Selbstkontrolle der Medien soll helfen
Denn so sei die Funktion von Medien in demokratischen Gesellschaften eben nicht gedacht, sagt Stewart. Man müsse sich entscheiden "wie man damit umgeht, dass die andere Seite diesen Informationskrieg als einen solchen Krieg wahrnimmt und mit den Medien dann eben so umgeht. Und nicht nur mit den eigenen Medien, sondern eben auch diese Freiheiten, die in den Demokratien existieren, nutzt, um da bestimmte Einfallstore zu finden und zu nutzen, was jetzt die westliche Medienwelt angeht."
Stewart setzt auf eine stärkere Selbstkontrolle der Medien.
Ob das aber reicht, steht auf einem anderen Blatt. Denn wenn es bei der Bundestagswahl wirklich knapp werden sollte, könnte am Ende ein ganz anderes Szenario eintreten. Man denke etwa an das Jahr 1972. Damals spielte beim Misstrauensvotum gegen den Bundeskanzler etwas viel Banaleres als die Wahrheit eine maßgebliche Rolle. Wie viele Abgeordnete damals von wem bestochen wurden, ist bis heute nicht geklärt – aber als wahrscheinlich gilt, dass auch die Stasi damals zwei Abgeordnete der Unionsfraktion mit Geld beeinflusste. Dass das heute, anders als damals, in Deutschland strafbar wäre - das dürfte zumindest Wladimir Putin nicht stören.