Der erste Bundestagswahlkampf im Zeichen von "Fake News" hat begonnen. Gezielte Falschinformationen wurden schon immer in Umlauf gesetzt, aber gefälschte Wahlplakate und Slogans sind noch ein recht junges Phänomen. Die Parteien suchen noch nach Strategien dagegen - und sie verfallen auf unterschiedliche Lösungen.
Die Grünen setzen auf eine Graswurzel-Taktik: Um schnell reagieren zu können, haben sie eine so genannte "Netzfeuerwehr" gegründet. Es handelt sich nach eigenen Angaben um eine geschlossene Facebook-Gruppe mit etwa 1.000 Mitgliedern. Sie sollen Alarm schlagen, wenn wieder gefälschte Plakate, Slogans oder Politiker-Zitate in Umlauf gebracht werden.
Gefälschte Plakate, Slogans und Zitate
Gerade die Grünen waren schon oft Ziel solcher "Fake News"-Attacken. Bekannt wurde der Fall der Abgeordneten Renate Künast. Ihr wurde ein vollständig erfundenes Zitat untergeschoben. Es sollte so aussehen, als ob sie einen mutmaßlichen Mörder in Schutz nimmt, weil er ein Flüchtling ist. Künast stellte Strafanzeige gegen die Verbreiter dieser "Nachricht".
Der jüngste Einsatz der grünen Netzfeuerwehr richtete sich gegen einen gefälschten Wahlslogan. Im typischen Grün und versehen mit dem Parteilogo stand unter einem Bild, das übwiegend Mädchen mit dunklerer Hautfarbe, schwarzen Haaren und Kopftüchern zeigt: "Keine Deutschen, kein Rassismus". Verbreitet wurde das Bild von einer AfD-Ortsgruppe aus Emmendingen in Baden-Württemberg. Die Netzfeuerwehr reagierte schnell und stellte klar, dass es sich um eine Fälschung handelt. Der Politische Geschäftsführer der Grünen, Michael Kellner, betont gegenüber Spiegel Online, dass der Anspruch weiter geht: "Wir wollen versuchen, die Debatten auch mal zu drehen, damit nicht immer nur der Dreck zu lesen ist."
SPD fordert Strafen für Facebook
Während die Grünen ihre Mitglieder mobilisieren, fordert die SPD eine stärkere Regulierung. Verbreiter wie die Firma Facebook sollen verpflichtet werden, gefälschte und verleumderische Nachrichten schnell zu löschen. Im Regelfall soll das binnen 24 Stunden passieren, verlangt die SPD-Bundestagsfraktion in einem Positionspapier. Andernfalls müssten die Unternehmen Strafen von bis zu 200.000 Euro zahlen.
Fälschungen im Internet sind ein Trend, auf den die Parteien sich gezwungen sehen, zu reagieren. Glaubwürdigkeit ist für Politiker, ähnlich wie für Medien, ein sehr hohes Gut. Einmal verlorenes Vertrauen lässt sich nur sehr schwer zurückgewinnen.
Heribert Prantl aus der Chefredaktion der "Süddeutschen Zeitung" hält es deshalb für sehr gefährlich, wenn Vertreter der etablierten Parteien im Wahlkampf versuchen, sich gegenseitig unglaubwürdig zu machen. Zur Kritik von Finanzminister Wolfgang Schäuble am SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz sagte Prantl im Deutschlandfunk: "Ich finde wirklich, die Politiker der Parteien sollten dieses dumme Gerede lassen und sich nicht mit Begriffen wie 'postfaktisch' gegenseitig diskreditieren. Sie sollten stattdessen herausarbeiten, was die Stärken der Demokratie sind."
(riv/tgs)