Marine Le Pen ist eine Kämpferin. In einer Männerwelt, sie hat ihren Vater erfolgreich von der Parteispitze verdrängt, und sie gilt als ernst zu nehmende Kandidatin für das höchste Amt im Staat: Die FN-Chefin will unbedingt Präsidentin werden, und dafür braucht sie die Frauen:
"53 Prozent der eingeschriebenen Wähler sind Frauen", erklärt die Politikwissenschaftlerin Nonna Mayer, die sich seit Jahrzehnten mit dem Front National beschäftigt. "Lange Zeit haben die Frauen extrem rechte Parteien wie den Front National abgelehnt, die galten als gewalttätig, extremistisch, sexistisch, Marine Le Pen hat dieses Bild vom Front National verändert, sie hat die Partei weichgezeichnet und hatte bereits 2012 damit einigen Erfolg."
Le Pen als Beschützerin der Frauen
Die Botschaft der starken Frau Marine Le Pen vom Front National: Ich weiß, was Frauen denken, fühlen, dulden, ich kann Frauen beschützen, sie schützen: vor Islamismus, Unterdrückung, Gewalt:
"Sie richtet sich genau an diese Frauen, die das Gefühl haben, dass der Front National ein Bollwerk gegen Immigration und das Europa der offenen Grenzen ist. Marine Le Pen sagt, wir verteidigen die Gleichheit von Männern und Frauen, wir verteidigen die Trennung von Kirche und Staat gegen einen unterdrückerischen Islam, und damit hofft sie, einen Teil der Frauen zu erreichen."
Welche Frauen lassen sich nun ansprechen von diesem Werben? Für die Rechts-Extremismus-Expertin Nonna Mayer ist die eine Schlüssel-Motivation aller FN-Wähler die Ablehnung von Immigration – was auch oft dazu kommt: ein geringer Bildungsgrad.
"Sie hat besonders viel Erfolg bei Frauen, die etwa als Verkäuferinnen arbeiten, schlecht bezahlte Jobs haben, die sonst immer für konservative Parteien gestimmt haben oder sich enthalten. Le Pens Themen sind hier die gleiche Bezahlung von Frauen und Männern, Altersarmut, damit möchte sie die Frauen mobilisieren."
Auch wenn Marine Le Pen derzeit versöhnlichere Töne anschlägt und nicht allzu aggressiv auftritt, im Europäischen Parlament zeigte sie schon oft, wie sie auch sein kann, etwa wenn sie Francois Hollande als Büttel von Angela Merkel karikiert – und erklärt.
"Ich bin die Anti-Merkel."
Gemeinsamkeiten mit Frauke Petry
Anti-Merkel bedeutet eben vor allem, eine Frau, die Schluss macht mit ungebremster Einwanderung, die Schluss macht mit der EU, die Schluss macht mit gefühlter deutscher Vorherrschaft. Die einzige Schwester im Geiste, die Marine Le Pen duldet, ist die AfD-Frau Frauke Petry. Claire Demesmay von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik erkennt einige Gemeinsamkeiten zwischen den beiden, die sich seit einiger Zeit öffentlich gegenseitig loben:
"Was sie verkörpern ist eine Mischung aus Wertekonservatismus – das traditionelle Familienbild ist wichtig – und andererseits Modernität. Frauen, die arbeiten, die Karriere machen, die was erreichen wollen, die arbeiten und Kinder haben; ich glaube, das ist diese Mischung, die beide so erfolgreich macht bzw. machen kann."
Im Wahlprogramm des Front National, in den 144 Engagements, zu denen sich Marine Le Pen verpflichtet, falls sie Präsidentin werden sollte, sind Frauen-Rechten immerhin drei ganze Zeilen gewidmet. Was ist nun zu halten vom Feminismus à la Marine Le Pen? Nicht alle Frauen scheinen den gut zu finden. Bei einer Wahlkampf-Veranstaltung Le Pens vor überwiegend männlichem Publikum stürmte eine junge Femen-Frau den Saal.
"Marine Feministe fictive!"
Marine, Fake-Feministin, rief die Aktivistin, bis sie von Body-Guards aus dem Saal gezerrt wurde – Marine Le Pens Reaktion:
"Das ist die Welt, wie sie ist, aber nicht, wie ich sie mir vorstelle."
Frauen als Mittel zur Macht
Dass die vielen Männer im Saal daraufhin klatschten und zustimmend lachten, zeigt nur, dass Marine Le Pen viele Register beherrscht. Ihre Reaktion aber macht deutlich, dass die Frauen für sie vor allem eines sind: Mittel zur Macht.