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Wahlkampf in Österreich
Mit Panzern gegen Flüchtlinge

Grenzkontrollen durch 750 Soldaten, Einsatz von Panzern, Bootsflüchtlinge direkt nach Libyen zurückschicken: In Österreich überbieten sich ÖVP und SPÖ derzeit mit Vorschlägen gegen Zuwanderer - je härter, desto besser, denn es ist Wahlkampf. In Brüssel und Rom ist man entsetzt.

Von Ralf Borchardt |
    Der österreichische Verteidigungsminister besichtigt ein Flüchtlingslager an der Grenze zu Slowenien.
    Der Sozialdemokrat Hans Peter Doskozil forderte Panzer und Soldaten zur Kontrolle von Zuwanderern. Hier besichtigt er ein Flüchtlingslager an der Grenze zu Slowenien. (dpa / picture alliance / Marija Kanizaj)
    Früher hat in Österreich vor allem die rechte FPÖ unter Heinz-Christian Strache mit den Themen Ausländer und Flüchtlinge zu punkten versucht.
    Wettrennen um Härte beim Thema Flüchtlinge
    Heute liefern sich die bisherigen Regierungsparteien SPÖ und ÖVP eine Art Wettrennen, wer mehr Härte beim Thema Flüchtlinge zeigt - vor allem, seit der 15. Oktober als Wahltermin feststeht.
    Meist steht dabei ÖVP-Außenminister Sebastian Kurz an vorderster Front - der 30-Jährige will Europas jüngster Kanzler werden.
    Diesmal ist SPÖ-Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil vorgeprescht: In Interviews sprach der Sozialdemokrat von "zeitnahen Grenzkontrollen" am Brenner, mit Panzern und Soldaten.
    "Wir können hier 750 Soldaten zur Verfügung stellen. Und - das ist derzeit auch im Gange - das entsprechende Gerät wird derzeit nach Tirol verschafft."
    Kurz: Bootsflüchtlinge nach Libyen zurückschicken
    Da wollte Sebastian Kurz nicht nachstehen. Er fordert seit Monaten, die Mittelmeer-Route dichtzumachen und Bootsflüchtlinge nicht nach Italien zu bringen, sondern direkt nach Libyen zurückzuschicken. Kurz verband das auch diesmal mit EU-Kritik:
    "Ich halt’s auch für wichtig, Druck zu machen und auch die Nachricht nach Brüssel zu schicken, dass man mit dem Status Quo nicht zufrieden sein kann."
    Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Sebastian Kurz von der ÖVP in Wien.
    Sebastian Kurz hat Kanzler-Ambitionen. (imago/Eibner)
    Erboste Reaktionen auf die Drohung
    Der erste Widerspruch kam vom Landespolizeidirektor von Tirol. Die Lage am Brenner habe sich keineswegs verschärft, so Helmut Tomac:
    "Man muss also mal hier die Kirche im Dorf lassen und betonen, die Situation am Brenner ist in keiner Weise aktuell besorgniserregend."
    Regelrecht erbost die Reaktionen auf italienischer Seite. Für den Ministerpräsidenten von Südtirol, Arno Kompatscher, steht fest: Hauptgrund für die Drohung mit Panzern und Soldaten ist der Wahlkampf in Österreich:
    "Die Tatsache, dass derzeit sich die Exponenten aller Parteien mit Aussagen zu diesem Thema übertreffen, ist mit Sicherheit auch darauf zurückzuführen."
    Heftiger Protest aus Rom und Brüssel
    Die Regierung in Rom bestellte den österreichischen Botschafter ein, auch aus Brüssel kamen so deutliche Reaktionen, dass der österreichische Bundeskanzler Christian Kern seinen Verteidigungsminister und Parteifreund Hans Peter Doskozil zurückpfeifen musste. Panzer am Brenner? Derzeit kein Thema, stellte Kern klar:
    "Ich möchte festhalten, dass wir derzeit keine Truppen und auch kein militärisches Gerät am Brenner installiert haben."
    Damit Doskozil nicht ganz sein Gesicht verliert und die harte Haltung auch ein SPÖ-Thema bleiben kann, schob Kern hinterher: Es gebe sehr wohl einen Notfallplan, falls in Zukunft die Zahl der Flüchtlinge aus Italien steigen sollte.
    Der frühere Polizeichef im Burgenland und jetzige Verteidigungsminister Österreichs Hans Peter Doskozil bei einer Pressekonferenz im November 2016.
    Der frühere Polizeichef im Burgenland und jetzige Verteidigungsminister Österreichs Hans Peter Doskozil denkt wegen der Flüchtlinge laut über den Einsatz von Panzern und Soldaten auf dem Brenner nach. In Italien reagiert man entsetzt. (dpa / picture alliance / Herbert P. Oczeret)
    Rückzieher und "Missverständnisse in Italien"
    Aktuell bleibe die Arbeit der Behörden in Italien vorbildlich:
    "Wir sehen im Moment keine Anzeichen, dass die italienischen Behörden die Situation nicht im Griff haben."
    Also alles Wahlkampfgetöse, Herr Bundeskanzler? Kern weicht aus:
    "Es ist wichtig, hier festzuhalten, dass man offenbar Missverständnisse, die in Italien aufgekommen sind, ausräumen muss."
    Was bleibt nach diesem Rückzieher? Österreichische Radpanzer bleiben im Depot in Innsbruck, der Urlaubsverkehr über den Brenner bleibt in beiden Richtungen weitgehend störungsfrei, es bleiben kaum Aussichten, dass die EU endlich zu einer einheitlichen Flüchtlingspolitik kommt - und es bleibt eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass der nächste Vorstoß aus Österreich, der Härte im Wahlkampf demonstrieren soll, nicht lange auf sich warten lässt.