Der 48-jährige Präsident galt innerhalb des rechtskonservativen Regierungslagers früher als eher gemäßigt. Doch das hat sich in den vergangenen Monaten geändert. Dudas Rhetorik wurde immer schärfer.
Bei einem Auftritt in Niederschlesien nahm er sich das Nachbarland Deutschland vor. "Heute haben wir den nächsten Akt des deutschen Angriffs bei diesen Wahlen. Eine erbarmungslose, schmutzige Kampagne, diesmal gegen mich persönlich gerichtet. Die Deutschen wollen in Polen den Präsidenten wählen? Das ist eine Gemeinheit, dem werde ich nicht zustimmen."
Duda bezog sich auf einen Text in der Boulevardzeitung "Fakt". Die griff Duda tatsächlich an – weil er im März einen verurteilten Sexualstraftäter begnadigt hatte. Der Mann hatte sich an seiner damals minderjährigen Tochter vergangen und die entsprechende Gefängnisstrafe verbüßt. Auf Antrag der Tochter, die inzwischen volljährig ist, hatte Duda das Kontaktverbot zwischen Täter und Opfer aufgehoben. "Herr Präsident, wie konnten Sie nur?", hieß es dazu auf der Titelseite von "Fakt", nebst Details, wie der Vater seine Tochter missbraucht hatte.
Deutsche Botschaft soll bei Verlag intervenieren
"Fakt" gehört dem Verlag "Ringier Axel Springer", zum Teil also einem privaten deutschen Investor. Duda und sein Lager stellten es aber so dar, als stehe auch das offizielle Berlin, die Bundesregierung hinter der Berichterstattung. So Adam Bielan, Sprecher von Dudas Wahlkampfstab, im öffentlichen polnischen Radio:
"Ich appelliere an den deutschen Botschafter in Warschau, dass er hier eingreift. Wir wünschen uns solche ausländischen Interventionen nicht. Polen mischt sich ja auch nicht in Wahlen in Deutschland ein."
Weder die deutsche Botschaft noch das Auswärtige Amt reagierten. Sie sparten sich den Hinweis darauf, dass eine Regierung keinen Einfluss auf unabhängige Medien nehmen sollte.
Die Regierungspartei PiS argumentiert gerne damit, dass die Opposition eigentlich deutsche Interessen vertrete und deshalb von Deutschland unterstützt werde. Das gelte insbesondere für die liberale "Bürgerplattform" von Rafał Trzaskowski, dem Gegenkandidaten von Andrzej Duda am Sonntag, behaupten PiS-Politiker.
Duda ging mit seiner Rhetorik nun aber noch einen Schritt weiter, indem er Deutschland vorwarf, sich in die polnische Wahl einzumischen.
Eher ein Verzweiflungsakt?
Er tue das aus wahltaktischen Gründen, meint Piotr Buras, Polen-Experte bei der Denkfabrik "European Council on Foreign Relations": "Ich finde, das ist eher ein Verzweiflungsakt von Duda, weil er nach neuen Wählern sucht. Seine Reserven sind ausgeschöpft. Er hat praktisch die meisten Wähler, die er erreichen kann, im ersten Wahlgang für sich gewonnen. Ich glaube, seine Strategie ist, sich an die radikalen, nationalen Wähler zu wenden."
Eine Strategie nicht ohne Risiko. Denn die Wähler in der Mitte der Gesellschaft könnte Duda so vergraulen.
Davon abgesehen belastet die Rhetorik der PiS auch die deutsch-polnischen Beziehungen, meinen Experten. Das legt das jährlich veröffentlichte sogenannte deutsch-polnische Barometer nahe, für das Deutsche und Polen befragt werden. In diesem Jahr waren die Sympathiewerte der Deutschen für Polen zum ersten Mal höher als umgekehrt. Noch 42 Prozent der befragen Polen erklärten Sympathie für ihr westliches Nachbarland, vor zwei Jahren waren es noch 56 Prozent.
Piotr Buras: "Wir haben eine sehr geteilte Gesellschaft. Und ein Teil dieser Gesellschaft wird von der PiS, vor allem vom öffentlichen Fernsehen regelmäßig mit Deutschland- nicht nur kritischen, sondern Deutschland-feindlichen Berichten bombardiert. Diese Propaganda zeigt tatsächlich Wirkung."
Ob Präsident Andrzej Duda mit seinen jüngsten Aussagen Erfolg hat, wird sich am kommenden Sonntag zeigen, wenn die Polen ihr Staatsoberhaupt wählen.