Archiv


Wahlkampf mit Mitterand

Vor 30 Jahren triumphierten Frankreichs Sozialisten. Nach Jahrzehnten konservativer Herrschaft hatte ihr Kandidat die Präsidentschaftswahl gewonnen: Francois Mitterand. Nun hofft die Partei, dass sich 1981 im kommenden Jahr wiederholt.

Von Burkhard Birke |
    Mit der Pyramide im Hof des Louvre, der Nationalbibliothek und der Oper Bastille hat er sich bauliche Denkmäler geschaffen - das größte, politisch betrachtet, bleibt freilich er selbst: Die Sozialisten feiern heute Francois Mitterand. Mit einem Tag der offenen Tür im Hauptquartier an der Rue de Solférino in Paris und zahlreichen Veranstaltungen wird an jenen Abend vor genau 30 Jahren erinnert:

    "Nous sommes donc dimanche …"

    Als mit der Wahl des Sozialisten Francois Mitterand mit Jahrzehnten konservativer Herrschaft in Frankreich gebrochen wurde.

    "Er war gleichzeitig ein großartiger Sozialist und ein großartiger Franzose","

    schwärmt sein damaliger Mitarbeiter Bertrand Delanoe, heute Bürgermeister von Paris.

    ""Je m'en rapelle"

    Und diejenigen, die wie Sozialistensprecher Benoit Hamon damals noch gar nicht wählen durften, behielten vor allem das verschmitzte Lächeln der Eltern und den frischen Wind in Erinnerung, der auf einmal durch's Land blies. Kein Wunder, wenn 30 Jahre später die heutigen Präsidentschaftskandidaten der Sozialisten, und solche die es noch werden wollen, das Erbe Mitterands beschwören.

    "Haltung, Gewicht und Charisma hatte Francois Mitterand gehabt, und natürlich konnte er zürnen, aber nur gegen die Mächtigen. Er verabscheute die vulgäre Sprache, unangebrachte Anbiederei."

    Ein klarer Seitenhieb der Ex-Präsidentschaftskandidatin Ségolène Royal auf Nicolas Sarkozy. Der amtierende Präsident, mit Zustimmungswerten von nur noch einem Viertel, ist bekannt dafür, dass er Leute anpflaumt, als Idioten bezeichnet oder ungebührend auf die Schulter klopft. Die neuesten Umfragen dürften den Amtsinhaber im Elysée alles andere als beruhigen: Er könnte es – je nach Konstellation – gar nicht in die Stichwahl schaffen; wäre Marine Le Pen vom rechtsradikalen Front National teilweise unterlegen.

    Der Wahltag freilich liegt noch in weiter Ferne: Und der Selbstzerfleischungsprozess der Vorwahlen bei den Sozialisten naht: Bis Ende Juni müssen sich sämtliche Anwärter auf die Nominierung erklären. Und diejenigen, die wie Royals Ex-Lebenspartner, Francois Hollande, schon im Rennen sind, rufen den Geist Mitterands an. Er bewundere das Durchhaltevermögen, die Zielstrebigkeit Mitterands, sagte der ehemalige Parteichef. Er selbst habe auch einen langen Weg zurückgelegt und wünsche sich, dass 2012 an Mai 1981 erinnere.

    Im Klartext: 2012 soll ein Sieg der Sozialisten werden. Interessant ist dabei, dass laut Umfrage der lange unterschätzte Francois Hollande als derjenige gilt, der Mitterand am ähnlichsten ist. Der Messias der Sozialisten freilich bleibt der bürgerlich moderate Dominique Strauss-Kahn. Der hat sich jedoch noch nicht erklärt, denn dann müsste er umgehend seinen Stuhl als IWF Direktor räumen. Opposition und parteiinterne Gegner hindert das freilich nicht an der politischen Demontage des Lieblings der Meinungsumfragen: Wie kann ein im Porsche vorfahrender Sozialist die Linke im Land einen? Das könnte wohl am besten Parteichefin Martine Aubry, die Tochter des hochgeschätzten früheren EU-Kommissionspräsidenten Jacques Delors - Aubry, Strauss Kahn, Hollande oder gar Royal? Lachen momentan die Sozialisten noch über das sich immer weiter in Zentrum und Ultrakonservative aufspaltende Regierungslager, so dürfte sich im Herbst das Blatt wenden, denn der Vorwahlkampf könnte leicht zur politischen Schlammschlacht werden. Und da Totgesagte länger leben, sollte man trotz des landesweiten Überdrusses vor allem einen noch längst nicht abschreiben: Nicolas Sarkozy, der übrigens auch noch offen gelassen hat, ob er überhaupt wieder antritt.