Sie hielt sich nicht lange mit der Vorrede auf. Die Amerikaner hätten die Wahl, so Hillary Clinton, zwischen einer Vision von einem Amerika der Angst und einem selbstbewussten Amerika. Sie zielte damit auf einen zentralen Punkt in Donald Trumps Wahlkampfnarrative: Immer wieder erklärt Trump die USA für bankrott, gar für ein Drittweltland. Das sei völlig realitätsfern, so Clinton.
"Er glaubt, Amerika sei schwach, er nennt unsere Streitkräfte ein Desaster. Er sagt, und ich zitiere: Amerika ist ein Land der Dritten Welt. Das sind die Worte von jemandem, der weder etwas von Amerika noch von der Welt versteht."
Die Wahl Trumps wäre ein Fehler historischen Ausmaßes, so die ehemalige Außenministerin.
"Donald Trumps Ideen sind hochgefährlich. Eigentlich sind es noch nicht einmal Ideen. Es sind eine Serie bizarrer Litaneien, persönlicher Streitigkeiten und glatter Lügen. Es ist nicht nur unwissend, er ist charakterlich völlig ungeeignet für ein Amt, das Wissen, Stabilität und immenses Verantwortungsgefühl erfordert."
Clinton: Trump droht unsere Nato-Verbündeten im Stich zu lassen
Damit stellt Clinton genau das in Frage, worauf der gesamte Wahlkampf des Immobilienmilliardärs basiert: Nämlich die Person Trumps. Aber auch in allen außenpolitischen Sachfragen sei er auf der falschen Seite der Geschichte.
"Er droht damit, unsere Verbündeten in der Nato im Stich zu lassen. Dabei sind das die Länder, die mit uns den Terrorismus bekämpfen und damit auch Amerika sicherer machen. Er glaubt, wir könnten einfach unsere Schulden nicht bezahlen und einfach pleite machen wie eines seiner Casinos. Das würde eine noch viel schlimmere Wirtschaftskrise zur Folge haben als die von 2008."
Die Forderung Trumps nach einem Einreiseverbot für Muslime verletze nicht nur grundlegende Werte der USA, sondern spiele auch Propaganda des islamistischen Terrors in die Hände. Der Vorschlag Trumps, Japan solle sich nuklear bewaffnen, sei verantwortungslos. Trump bestritt unterdessen, dies je gesagt zu haben.
Doch das ist nachweislich falsch. In einem CNN-Interview hatte Trump Anfang des Jahres genau dies gutgeheißen.
Hillary Clinton zählte die vielen Widersprüche und Absurditäten der außenpolitischen Äußerungen des Immobilienmilliardärs auf - daran herrscht in der Tat kein Mangel. Immer wieder kehrte die ehemalige Außenministerin zu den Bündnispartnern der USA zurück. Trump hat die Nato als überflüssig bezeichnet. Es sei richtig, dass die Verbündeten einen höheren Anteil an der gemeinsamen Verteidigung trügen, aber Amerikas Sicherheit beruhe maßgeblich auf Allianzsystemen, so Clinton.
"Ich vertraue auf starke Bündnisse, und auf klare Ansagen gegenüber unseren Rivalen. Und an die Werte, die die USA groß gemacht haben. Wir sind kein Land, das sich hinter Mauern versteckt. Wir sind eine erfolgreiche Führungsmacht. Und wenn wir nicht führen, dann gibt es Chaos oder andere füllen dieses Vakuum aus. Und deren Entscheidungen werden nicht zu unseren Gunsten ausfallen."
Außenpolitik steht selten im Mittelpunkt eines amerikanischen Wahlkampfes. Doch das Vertrauen der Wähler in die Fähigkeit, das Land durch den Dschungel internationaler Beziehungen führen zu können, ist eine Hürde, die jeder Kandidat nehmen muss. Hillary Clinton hat sie hoch gelegt. Die Frage ist, wie weit die Mitte der amerikanischen Gesellschaft der Versuchung des Isolationismus erliegt.