Wie die zentrale Wahlkommission in Tiflis mitteilte, sollen die Ergebnisse in fünf zufällig ausgewählten Wahllokalen in jedem Bezirk kontrolliert werden. Das entspricht rund 14 Prozent der Wahllokale. Alle akkreditierten in- und ausländischen Beobachter seien dazu eingeladen, erklärte die Wahlkommission.
Was sind die Vorwürfe der Wahlbeobachter?
Verschiedene Organisationen hatten Wahlbeobachter nach Georgien entsandt: unter anderem die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), das Europäische Parlament, der Europarat - zu dessen 46 Mitgliedern Georgien zählt -, sowie die NATO. In einer am Sonntag veröffentlichten gemeinsamen Erklärung beklagten die Organisationen ungleiche Bedingungen, Druck und Spannungen.
Eine Reihe an Vorwürfen bezieht sich bereits auf den Zeitraum vor der Wahl. Iulian Bulai, Chef der Europarats-Delegation sagte laut Mitteilung: "Diese Wahlen waren geprägt von einer hohen Polarisierung der politischen und medialen Landschaft, Hassrede gegen die Opposition und die Zivilgesellschaft und Feindseligkeit gegen das Büro der Präsidentin." Die pro-europäische Staatschefin Surabischwili tritt häufig als Kritikerin der Regierungspartei "Georgischer Traum" auf.
Weitere Vorwürfe beziehen sich auf die Durchführung der Wahl: So habe es Fälle von doppelter Stimmabgabe, Stimmenkauf sowie körperlicher Angriffe und Einschüchterung von Wählerinnen und Wählern sowie Wahlbeobachtern gegeben. Außerdem kursieren Berichte über "ballot box stuffing" Vorfälle, also dem Vollstopfen von Wahlurnen mit vorausgefüllten Stimmzetteln, die gar nicht den Wählerwillen einzelner Bürger widerspiegeln.
Warum ist die Wahl so wichtig?
Die Wahl in Georgien galt als richtungsweisend, da ihr Ausgang über die Fortsetzung des EU-Beitrittsprozesses entscheiden könnte. Unter dem Eindruck des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine hatte die ehemalige Sowjetrepublik Georgien 2022 einen Beitrittsantrag gestellt. Seit Ende 2023 ist das Land offiziell Beitrittskandidat. Der weitere Prozess liegt jedoch vorerst auf Eis, nachdem die russlandfreundliche Regierung im Juni trotz massiver Proteste ein sogenanntes Agentengesetz auf den Weg brachte.
Die Wahlkommission hatte die Partei "Georgischer Traum" mit fast 54 Prozent der Stimmen zur Siegerin erklärt. Die Opposition und Präsidentin Surabischwili sprachen von Betrug. Unabhängige Nachwahlbefragungen sahen den "Georgischen Traum" bei rund 40 Prozent.
Wie geht es jetzt weiter?
Am Montagabend protestierten in Georgien zehntausende Menschen gegen das offiziell verkündete Wahlergebnis. Ob die Dynamik sich verstetigt wie in der ersten Jahreshälfte gegen das Agentengesetz, ist noch unklar.
Die Bundesregierung, die EU sowie weitere Regierungen haben noch nicht entschieden, ob sie das Wahlergebnis anerkennen werden. Der Außenbeauftragte der EU, Borrell, erklärte, diese Entscheidung würde erst auf Grundlage des noch nicht fertiggestellten OSZE-Abschlussberichts gefällt.
Georgiens Präsidentin Surabischwili hat bereits Neuwahlen gefordert. Unter anderem der außenpolitische Sprecher der Unions-Fraktion im Bundestag, Hardt, hat sich dieser Forderung angeschlossen.
Diese Nachricht wurde am 29.10.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.