Es waren die 55 Stimmen der Wahlleute von Kalifornien, mit denen Joe Biden der Wahlsieg endgültig sicher war - die magische Grenze von 270 Stimmen im Electoral College war überschritten. Am Ende stand es 306 für Joe Biden, 232 für Donald Trump.
Keine Wahlfrau, kein Wahlmann hatte gegen das Wählervotum vom 3. November gestimmt. Der künftige Präsident Biden forderte gestern Abend den amtierenden Präsidenten auf, seine Niederlage einzugestehen, es sei Zeit, das Kapitel abzuschließen. Sein Ergebnis entspreche dem Ergebnis, das Donald Trump 2016 erzielt habe. Trump habe damals von einem Erdrutschsieg gesprochen, sagte Biden. Er schlage respektvoll vor, dass dies auch jetzt bei ihm der Fall sei.
Lob für die Arbeit der Wahlhelfer
Die Wahl des neuen Präsidenten durch die Wahlleute war aus fast allen 50 Bundesstaaten live übertragen worden. Jeder konnte verfolgen, wie Wahlfrauen und Männer mit Masken in kleinen und großen Länderparlamente, mit und ohne Weihnachtsschmuck, und meistens ohne das sonst übliche Publikum, für den Gewinner ihres Staates am 3. November stimmten. Überall wurde der Pledge of Allegiance gesprochen, das Gelöbnis auf Nation und Flagge, überall lobten Minister und Gouverneure die Arbeit der Wahlhelfer- und beamten. In manchen Electoral Colleges erklang die Nationalhymne, wie hier in Michigan über den Bildschirm.
Es war ein angespannter Tag: In mehreren Landeshauptstädten war die Polizei aufgezogen, um die Wahl des neuen Präsidenten zu schützen. Immer wieder in den letzten Wochen sind Abgeordnete und Wahlmitarbeiter bedroht worden, am Wochenende waren bei gewalttätigen Demonstrationen von Trump-Anhängern vier Menschen verletzt worden, einer starb. Gestern blieb es ruhig. Im Parlament von Michigan, wo das FBI vor der Wahl die Entführung von Gouverneurin Widmer durch rechte Extremisten verhindert hatte, wurden die Wahlleute trotzdem vorsichtshalber isoliert, alle Abgeordnetenbüros blieben geschlossen, es war kein Publikum zugelassen bei der Wahl.
Die Resultate seien mit dem heutigen Tag final, sagte die Gouverneurin und forderte auf, nach vorne zu schauen als geeintes Amerika, und gemeinsam den Kampf gegen Covid zu führen: Mehr als 300.000 Menschen sind inzwischen in der Pandemie gestorben.
Wiederholen der Lügen zeigt Wirkung
Doch der amtierende Präsident versucht auch nach bald 60 Niederlagen vor Gericht mit allen Mitteln das Wahlergebnis zu kippen, spricht wahrheitwidrig weiterhin von Wahlbetrug, obwohl das Justiz- und das Heimatschutzministerium sowie die Behörde für Cybersicherheit keinerlei Hinweise für Wahlbetrug gefunden haben, beziehungsweise von der sichersten Wahl in der Geschichte der Vereinigten Staaten sprechen. Auch ein Grund für den Rücktritt von Justizminister Bill Barr am 23. Dezember. Trump will auch nicht mehr das Ergebnis des Wahlleutegremiums akzeptieren, wie er es Ende November noch gesagt hatte. Stattdessen behauptet er, er mache sich Sorgen, die USA bekämen einen unrechtmäßigen Präsidenten.
Vereidigung von Joe Biden am 20. Januar
Das dauernde Wiederholen der Lügen zeigt Wirkung: Joe Biden habe die Wahl verloren, das glauben inzwischen die allermeisten republikanischen Wähler, und nur 18 Prozent von ihnen halten Joe Biden für den rechtmäßigen Präsidenten. Biden räumte in seiner Rede am Abend ein, es liege schwierige Arbeit vor ihm, und ausdrücklich kritisierte er die vor dem Supreme Court gescheiterte Klage von 18 republikanischen Bundesstaaten und der Mehrheit der republikanischen Abgeordneten im Kongress. Sie wollten die Wahlergebnisse in vier Bundesstaaten für ungültig erklären lassen. Das sei eine nie gesehene, extreme Position, die keinen Respekt zeige für den Willen der Bürger zeige, für den Rechtsstaat und die Verfassung.
Die Republikaner im US-Kongress forderte der nächste Präsident zur Zusammenarbeit auf, zum Wohle des Landes. Nach der Bestätigung durch das Wahlleutegremium werden die Stimmen am 6. Januar in Washington vor beiden Kammern des US-Kongresses ausgezählt. Es könnte Einwände einzelner Senatoren und Abgeordneter geben, sie können aber nicht mehr verhindern, dass Joe Biden am 20. Januar zum neuen Präsidenten der USA vereidigt wird.