Mit Jubel reagieren die Anhänger der linken Syriza auf die ersten Wahlergebnisse des Abends. Mit Fahnen in den Händen haben sich tausende Athener jeden Alters vor dem zentralen Pavillon der Partei am Klafthmonos-Platz versammelt und feiern mit Syriza mit. Eine von ihnen ist die 42-jährige Maria Ntanou. Ihre Augen leuchten:
"Nach dem Fall der Militärdiktatur 1974 ist das das wichtigste historische Ereignis! Wir werden nun alles verändern. Das strenge Spardiktat muss aufhören! Syriza gibt uns große Hoffnung!"
Seit Beginn der Krise könne ihre Familie nicht mehr über die Runden kommen, klagt Maria. Vergebens sucht sie eine Arbeit, hat bisher nur Absagen bekommen. Neben ihr steht Stavroula Giorgile. Die 47-Jährige hält eine Fahne der ERT Open in den Händen, des Protest-Senders, den die entlassenen Mitarbeiter des Staatsfernsehens ins Leben riefen. 24 Jahre habe sie beim staatlichen Rundfunk gearbeitet. Mit der Schließung der ERT verlor sie über Nacht ihren Job. Auch sie hat all ihre Hoffnungen in die linke Partei Syriza gelegt:
"Ich erwarte, dass Griechenland sich zum Besseren verändert. Und ich hoffe, dass Syriza schnell beweist, dass nichts unmöglich ist. All das, was wir hören, dass mit Syriza alles nur noch schlimmer wird, dass es die Schuldenfrage nicht verhandeln kann, wird doch nur gesagt, um die Leute einzuschüchtern. Wir haben aber nichts zu verlieren."
So sieht es auch Giannis Moustakis. Der 22-jährige Student hält ein Plakat mit dem Wahlslogan der syriza hoch: "I elpida erchetai - die Hoffnung kommt". Aus dem Europa des Kapitals solle ein Europa der Menschen werden, sagt er:
"Die harten Sparmaßnahmen müssen aufhören. Wir müssen Europa verändern. Die Linke wird auch in anderen Ländern stärker: Es wird aber keiner mit einem Zauberstab kommen. Wir müssen kämpfen, damit sich was verändert. Damit wir ein besseres Leben haben."
"Syriza ist nicht mehr allein"
Der erste Schritt sei schon getan, findet auch Maria Ntanou. Eine europäische Revolution des Südens sei im Gange. Dass mit Syriza an der Macht das Land sich von seinen EU-Partnern abschotten und in Turbulenzen stürzen könnte, glaubt sie nicht:
"Ich glaube nicht, dass wir uns abkapseln. In Europa weht nun ein anderer Wind. Auch in Italien und Spanien. Und die Troika hat ja schon zugegeben, dass die strenge Austerität der falsche Weg war. Es gibt nun auch andere Stimmen in Europa, die das sagen. Syriza ist nicht mehr allein."
Nicht alle Griechen sehen das so idealistisch. Der 75-jährige Stavros Tsigourlas hat auf einer Bank platzgenommen und verfolgt das Geschehen von Weitem. Er habe eine andere Partei gewählt, sagt er; was genau, wolle er nicht sagen. Die Wahlkampfagenda von Syriza habe ihn jedenfalls nicht überzeugt:
"Tsipras kann das was er sagt, gar nicht umsetzen. Ihm fehlen die Freunde in Europa. Er respektiert andere europäische Politiker nicht, er spricht schlecht über sie. Mit wem will er denn da zusammenarbeiten? Mit fünf Ländern des Südens? In der EU sind doch 28 Länder, nicht nur 5!"
Als Opposition hatte Tsipras ein leichtes Spiel, findet der pensionierte Polizist. Da konnte er dem Volk das Blaue vom Himmel versprechen. Jetzt aber werde sich zeigen, was er wirklich verändern kann, sagt er.
Solche Zweifel will im Syriza-Pavillon keiner hören. Hier feiert man den Sieg der Linken in Griechenland. Und hofft darauf, dass ab morgen alles besser wird.