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Wahltag in Israel
Benjamin Netanjahu gegen Benny Gantz

Für Benjamin Netanjahu würde ein Sieg bei der Parlamentswahl die fünfte Amtszeit bedeuten, doch ein Selbstläufer ist die Wahl nicht - trotz der Unterstützung durch Donald Trump. Sein Herausforderer Benny Gantz ist nicht sein einziges Problem. Der Generalstaatsanwalt will ihn vor Gericht bringen.

Von Tim Aßmann |
An Ultra-Orthodox Jew walks past a giant election campaign billboard of U.S. President Donald Trump (L) and Israeli Prime Minister Benjamin Netanyahu ( R) shaking hands, at the entrance to Jerusalem, February 4, 2019. The Hebrew writing on the billboard reads " Netanyahu, in another league." Israelis will go to the polls in an early election on April 9, 2019. Photo by Debbie Hill/UPI Photo via Newscom picture alliance |
Israels Premierminister Benjamin Netanjahu zeigt sich während des Wahlkampfes oft mit Donald Trump (Newscom picture alliance / Debbie Hill/UPI Photo )
Der Wind pfeift über einen Hügel im Westjordanland. Balkon Israels wird dieser Platz auch genannt. Man sieht die Küstenebene, die Hochhäuser von Tel Aviv, dahinter das Mittelmeer, man kann Ashdod im Süden sehen und bei gutem Ausblick sogar Haifa im Norden. Wegen der Aussicht habe der verstorbene Ministerpräsident Ariel Scharon gerne Gäste hier her gebracht, erzählt Amit Barak.
Völkerrechtlich gesehen, liegt der Aussichtspunkt nicht in Israel, sondern auf besetztem Gebiet. Amit sieht das anders. Er spricht über den historischen Anspruch des jüdischen Volkes auf das Westjordanland, das er nur Judäa und Samaria nennt.
"Historisch gesehen hat hier alles angefangen. Hier. Nicht in Tel Aviv, nicht an der Küste. Hier, in Judäa und Samaria und es sollte komplett zu Israel gehören. Daran gibt es keinen Zweifel. Wir haben jedes Anrecht darauf."
Amit Barak arbeitet für eine der israelischen Regionalverwaltungen im Westjordanland. Er lebt im Gush Etzion, einem Block aus verschiedenen Siedlungen südlich von Bethlehem. Auch dort wird gerade viel gebaut, genau wie in einer Siedlung, die vom Aussichtspunkt aus gut zu sehen ist. Dort stehen Baukräne. Ich frage Amit wer seiner Meinung nach die nächste israelische Regierung bilden soll? Ich hoffe, Netanjahu, sagt er.
"Netanjahu sollte gewinnen und ich hoffe, dass er gewinnt."
Welche Politik wünscht er sich von der nächsten Regierung. Amit zeigt in Richtung der Baukräne: "So soll sie aussehen. Mehr Neubauten. So sollte es sein. Ich wohne im Gush Etzion und wir haben natürliches Wachstum. Junge Leute, die in Judäa und Samaria geboren wurden, hier aufwuchsen und nun Familien gründen, können sich hier kein Haus leisten."
Netanjahu spricht von Annektion des Westjordanlandes
Die Regierung Netanjahu hat für viele neue Wohnungen in den Siedlungen grünes Licht gegeben und falls er im Amt bestätigt wird, will Netanjahu die Siedlungen annektieren und zu israelischem Staatsgebiet erklären. Das gab der Regierungschef am Wochenende vor der Wahl bekannt. Es war nicht das erste Mal, dass das Thema Annexion in diesem israelischen Wahlkampf eine Rolle spielte.

Blitzlichtgewitter im Weißen Haus. Donald Trump greift zum Stift und macht wahr, was er schon Tage vorher via Twitter angekündigt hatte. Das hätte schon vor Jahrzehnten passieren müssen, sagt der US-Präsident.
Eine Frau mit Regenschirm läuf an einem großen, blauweißen Wahlplakat vorbei, das Benjamin Netanjahu in selbstbewusster Pose zeigt.
Wahlkampf in Israel - Benjamin Netanjahu ist überall zu sehen (imago/UPI Photo/Debbie Hill)
Trump unterschreibt ein Dekret mit dem die USA die Golan-Höhen als israelisches Staatsgebiet anerkennen. Israel hatte den Gebirgszug 1967 von Syrien erobert und 1981 annektiert. Dass die USA diesen Schritt nun legitimieren, ändert nichts daran, dass die Vereinten Nationen den Golan weiter als besetzt betrachten und Syrien seinen Anspruch aufrechterhält. Trumps Unterschrift nützt aber dem Wahlkämpfer, der beim Unterzeichnen zuschaut. Benjamin Netanjahu nutzt die Gelegenheit, um seine guten Beziehungen zu Israels wichtigstem Verbündeten zu unterstreichen.
"Herr Präsident, über die Jahre hatte Israel viele gute Freunde im Oval Office aber nie einen besseren als Sie."
Trump stärkt Netanjahus Image als Außenpolitiker
Erst erkannte Trump Jerusalem als Israels Hauptstadt an und verlegte die US-Botschaft, dann kündigte er das Nuklear-Abkommen mit dem Iran auf, gegen das Netanjahu jahrelang kämpfte und nun, mitten im israelischen Wahlkampf, die Golan-Entscheidung. Das alles stärkt Netanjahus Image als erfolgreicher Außenpolitiker.

Auch dass es mit Hilfe Russlands gelingt den Leichnam eines israelischen Soldaten zurückzuholen, der im Libanon-Krieg 1982 getötet wurde, hilft Netanjahu. Seine diplomatischen Fähigkeiten gehören genauso zum Markenkern des Langzeitpremiers wie die Sicherheitspolitik, die für Israelis wahlentscheidend ist und deren Bedeutung im Wahlkampf einmal mehr deutlich wurde. Atmo Sirene.
US-Präsident Donald Trump unterzeichnet eine Absichtserklärung die US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem zu verlegen
US-Präsident Donald Trump unterzeichnet eine Absichtserklärung die US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem zu verlegen (imago/ZUMA Press)
Rund zwei Wochen vor der Wahl heulen in Tel Aviv die Luftschutzsirenen. Vom Gaza-Streifen aus wurden zwei Raketen auf Israels zweitgrößte Stadt abgefeuert. Wenige Tage später trifft eine Rakete ein Wohnhaus nördlich von Tel Aviv. Es gibt Verletzte.
Nach beiden Vorfällen reagiert Israel mit Luftangriffen gegen Ziele der palästinensischen Hamas in dem abgeriegelten Küstengebiet. Tage danach greift eine inoffizielle Waffenruhe und Israel lockert die Abriegelung. Die Hamas wertet das als Erfolg. Rund zwei Drittel der Israelis sind Umfragen zufolge der Meinung dass die Regierung nicht hart genug auf den Raketenbeschuss reagierte. Die Frage wem sie zutrauen ihre Sicherheit zu garantieren, ist für Israelis wahlentscheidend und Benjamin Netanjahu hat genau in diesem Politikfeld zum ersten Mal seit vielen Jahren einen gefährlichen Gegner.
Gantz will Regierungschef werden
Der ehemalige Generalstabschef Benny Gantz stieg erst Ende Januar offiziell in den Wahlkampf ein. Mit zwei anderen Ex-Generälen und dem liberalen Oppositionspolitiker Yair Lapid bildete Gantz die Wahlliste Blau-Weiß. Gantz will Regierungschef werden – aus Sorge um Israel, sagt er.
"Der Kampf zwischen rechts und links reißt uns auseinander. Die Auseinandersetzungen zwischen Streng-Religiösen und Säkularen spalten uns. Die Spannungen zwischen Juden und Nichtjuden besorgen uns und der gesellschaftliche Frieden ist gefährdet. Die Politik ist hässlich geworden und vergiftet. Ich kenne unsere aktuelle Führung, die nur mit sich selbst beschäftigt ist und sich für Euch nicht interessiert."
Benny Gantz (2.v.l.) und Yair Lapid (3.v.l.) von der Partei der Generäle bei einem Pressetermin im Feburar 2019
Benny Gantz (2.v.l.) und Yair Lapid (3.v.l.) von der Partei der Generäle (imago stock&people/ UPI Photo)
Netanjahu droht Ungemach
Der Politik-Neuling Benny Gantz wirkte im Wahlkampf häufig hölzern und ungelenk. Was seine politischen Ziele angeht, blieb er vage. Die Botschaft des 59-Jährigen lautet vor Allem: Ich bin nicht Netanjahu. Politisch ist Gantz mit seiner Wahlliste eher dem konservativen politischen Zentrum zuzuordnen - auch wenn Benjamin Netanjahu den Herausforderer konsequent als links bezeichnet.
"Meine Brüder und Schwestern, die rechte Regierung ist in Gefahr. Lapid und Gantz führen momentan vor dem Likud. Und wenn sich daran nichts ändert, werden Lapid und Gantz den rechten Block zerbrechen und eine linke Regierung bilden. Und das gar nicht so unrealistisch."
Benny Gantz ist nicht das einzige Problem von Netanjahu. Der Generalstaatsanwalt will ihn vor Gericht bringen - wegen Bestechlichkeit, Untreue und Betrug. Israels Regierungschef soll unter Anderem illegale Absprachen mit Medienunternehmern getroffen und Luxusgeschenke angenommen haben.
In Umfragen wenige Tage vor der Wahl lag die Wahlliste Blau-Weiß von Benny Gantz vorne. Doch gleichzeitig kam der aktuelle Regierungsblock aus konservativen, rechts-nationalen und streng-religiösen Parteien bei den Demoskopen auf eine Parlamentsmehrheit. Dann könnte Benjamin Netanjahu, allen Korruptionsvorwürfen zum Trotz, wohl erneut eine Regierung bilden.