Laut aktuellen Wahlumfragen bekommt die CDU bei der Bundestagswahl gut 39 Prozent der Stimmen. Für viele Medien ist die Wahl damit schon längst entschieden. "Daraus ergibt sich natürlich schon ein bestimmtes Stimmungsbild, wogegen der Einzelne kaum noch ankommt. Wir sehen dann auch in Studien, dass gerade solche Bilder, die auf Basis von Demoskopie gezeichnet werden, durchaus gerne von den Zuschauern übernommen werden", kritisiert der Politikwissenschaftler Thorsten Faas im Dlf.
Er könne allerdings die Faszination von Umfragen verstehen - vor allem in Zeiten des sogenannten Horse-Race-Journalismus seien diese Messungen sehr beliebt: Eine Berichterstattung, die den Wahlkampf so begleitet, als sei er "eine Art Sportwettbewerb - da holt jemand auf, da fällt jemand zurück, da landet jemand einen Treffer."
"Es geht nur noch um die Frage: Wer kommt als erster ans Ziel?"
Für diese Art von Journalismus seien Umfragen ideal, weil man an ihnen genau ablesen könne, wie groß der Vorsprung des Führenden gerade sei. Doch das habe eben auch eine Kehrseite, gibt Faas zu Bedenken. "Diese spielerisch-unterhaltsamen Art der Berichterstattung bietet weniger Platz für eine inhaltliche Auseinandersetzung mit Parteien, Politikern und möglichen Koalitionsmodellen. Das ist dann auch so eine zynischer Blick auf das Ganze, weil es am Ende nur noch um die Frage geht: Wer kommt als erster ans Ziel, wer gewinnt am Ende?"
Trotz dieser Problematik werden Umfragen auch in Zukunft weiterhin Gegenstand der Berichterstattung bleiben, ist sich Faas sicher - dafür sei das Interesse an den Messungen und die Wertschätzung für Umfragen bei Politikern genau wie bei Wählerinnen und Wählern zu groß. Man solle aber immer die Belastbarkeit dieser Umfragen thematisieren und mitdenken, dass Menschen ihr Wahlverhalten auf Grundlage von Umfragen verändern können.