"Es gibt auch unterschiedliche Sprechsituationen, von denen man weiß, dass man sie nicht hundertprozentig ernstnehmen darf", sagte Schockenhoff im DLF. Beispielsweise sei die Redesituation vor einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss von einer Rede im Wahlkampf fundamental zu unterscheiden. Sage ein Politiker in Ersterem nachweislich die Unwahrheit, sei er nicht mehr zu halten.
"Eine manifeste Lüge wird nicht als Kavaliersdelikt angesehen. Das zerstört die Glaubwürdigkeit eines Politikers, und das ist das wichtigste Kapital, das er in einer Demokratie hat", so der in Freiburg lehrende Moraltheologe, der seit 2001 auch Mitglied des Deutschen Ethikrates ist.
"Ein Dementi hat keinen Wahrheitsgehalt"
Demgegenüber habe der Wahlkampf "seine eigenen Regeln". Auch gesteht Schockenhoff einem Politiker unter Umständen zu, den Zeitpunkt einer Aussage selbst bestimmen zu wollen. Daher bediene sich die Politik bisweilen "Verlegenheitsfloskeln" wie etwas "nach bestem Wissen und Gewissen".
Auch die Diplomatie habe hierfür Instrumentarien entwickelt. So habe etwa ein Dementi keinen Wahrheitswert. Etwas Dementieren bedeute nicht, dass etwas nicht gesagt worden sei. Sondern hierbei gehe es, so Schockenhoff, darum, eine Situation zu entschärfen und "eine Kuh vom Eis zu schaffen".
Das vollständige Interview können Sie sechs Monate in unserem Audio-Archiv nachhören.