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Wald
Waidmanns Wut über neue Jagdgesetze

Mehrere Bundesländer haben schon ihre Jagdgesetze novelliert, NRW und weitere sollen folgen. Die Politik macht sich im Wald breit, so werden zum Beispiel die Abschusslisten reformiert - und das stößt auf Widerstand der Jägerschaft.

Von Oliver Ramme |
    Ein paarungsbereiter Rothirsch (lat. Cervus elaphus) in der Brunft, aufgenommen am 08.10.2013 in einem Gehege im Wildpark Schorfheide in Groß Schönebeck (Brandenburg).
    Rothirsch: In vielen Bundesländern werden die Jagdgesetze novelliert. (picture alliance / ZB / Patrick Pleul)
    "Und hier so zu tun, als wären wir gegen die Jagd, nur weil wir versucht haben, uns aus dem antidemokratischen Jagdzwang aus Görings Zeiten zu befreien."
    Ein herzhafter Streit herrscht im Saal des Kulturhauses Lyz im nordrhein-westfälischen Siegen: Es ist das neue Jagdgesetz, das hier die Gemüter bei der Podiumsdiskussion in Wallung bringt. Offenbar sind mehr Jäger als Nicht-Jäger gekommen. Einige haben Protestschilder mitgebracht, auf einem steht etwa: Freiheit statt Gängelung. Denn die rot-grüne Landesregierung plant straffere Jagdregeln für NRW, darunter die Abschaffung des Rechts, streunende Hauskatzen abzuschießen.
    Nordrhein-Westfalen ist nicht das erste Bundesland, das sein Jagdgesetz erneuert. Rheinland-Pfalz legte 2010 vor, das Saarland hat seit 2014 ein neues Gesetz. NRW und auch Baden-Württemberg sind die jüngsten Beispiele. Überall lagen und liegen Jäger und Naturschützer darüber im Clinch, ob die Jagd dem Naturschutz bei- oder untergeordnet werden müsse.
    Dass nun in Düsseldorf wie in Stuttgart grüne Minister die Reform verantworten, scheint die Neigung zur Kooperation bei der Jägerschaft nicht zu steigern. Beim Parteitag im November in Hamburg hat sich die grüne Gesamtpartei erneut und verstärkt zur Agrarwende bekannt. Die Grünen pochen auf den ökologischen Umbau des ländlichen Raums. Mehr als symbolträchtig ist für sie deshalb die Neugestaltung des Jagdrechts in den einzelnen Bundesländern. So auch für den grünen Minister Johannes Remmel im Siegener Kulturhaus:
    - "Das steht im Koalitionsvertrag. Das wussten sie doch."
    - " Im Koalitionsvertrag steht vieles drin, was nicht umgesetzt wird."
    - "Das wussten Sie doch, das ist doch kein Geheimnis."
    - "Das ist aber nie im Dialogprozess mal erörtert worden."
    - "Aber das ist mein Auftrag, ich muss den Koalitionsvertrag umsetzen."
    - "Ja, wenn sie nur Befehlsempfänger dieses Koalitionsvertrags sind."
    Berufsjäger Peter Markett fährt mit seinem Jeep durch sein Revier im westfälischen Davert. Markett steht den rund Hundert Berufsjägern in Nordrhein-Westfalen vor. Bundesweit gibt es 800 Männer und Frauen, die von der Jagd hauptberuflich leben. Wenige im Vergleich zu den 300.000 Jagdscheinbesitzerinnen und -besitzern, die nebenberuflich in ganz Deutschland jagen. Die Berufsjäger sind Profis im Wald, ihre Ausbildung dauert mehrere Jahre und kann mit einer Meisterprüfung abgeschlossen werden. 15.000 Hektar umfasst das Gebiet der Pachtgemeinschaft, für die Markett arbeitet. Ackerflächen so weit das Auge reicht, dazwischen flache Waldgebiete. Es ist ein trüber und regnerischer Wintertag. Peter Markett bleibt mit seinem Auto stehen. Links eine graue, entlaubte Hecke. Sonst kahle Felder. Ein paar hundert Meter rechts der Waldrand. Vor ihm eine unscheinbare Wiese mit braunem, hohem Gras.
    "In diesem Bereich - wir sehen hier viel Altgras. Generell hat das Wild, was in der freien, offenen Feldflur lebt, hat einen Deckungsmangel. Das heißt, es kann sich nicht verstecken, weil die Landschaft eintönig ist und monoton."
    Diese fußballfeldgroße Wiese vor ihm dagegen bietet einige Versteckmöglichkeiten für Wildtiere. Vor allem für scheues Rotwild. Rehe und Hirsche besuchen eigentlich halb-freie Flächen wie den Waldrand oder Lichtungen. Finden sie in den landwirtschaftlichen Monokulturen nicht ausreichend Schutz, wandert das Rotwild - wider die Natur - in den Wald ab und richtet dort Fressschäden an. Um dem entgegenzuwirken, legen Jäger hochwachsende Wiesen an.
    Auch Hege ist Aufgabe der Jäger
    "Und dieses Altgras, das sieht jetzt vertrocknet aus und unspektakulär. Aber es bietet hier – wenn ich hier mal so reingreife - so Nisthöhlen. Und im Frühjahr ist das die erste Brutdeckung. Und dann managen wir diese Flächen, in dem wir nachher Schneisen reinschneiden."
    Zur Aufgabe des Jägers gehört weit mehr als nur das Schießen von Wild. Die Hege des Bestands und die Pflege des Reviers sind kostspielige Angelegenheiten für den nebenberuflichen Jäger.
    "Also, wenn sie diese Fläche hier vor Ort mal nehmen die ist circa ein Hektar groß. Und ein Hektar Pacht kostet im Jahr 500 Euro. Und dann Bearbeitung und Einsaat sicherlich noch mal 200 Euro. Also 700 Euro für diese Fläche jährlich zahlt er schon mal für die Allgemeinheit."
    Er, damit meint Markett den nebenberuflichen Jäger. Der bezahlt nicht nur die Revierpacht an den Grundbesitzer, sondern auch eine Entschädigung an den Bauern, der seinen Acker für die Schutzwiesen zur Verfügung stellt. Viel Aufwand, um einfach nur auf Tiere zu schießen?
    Die Jägerin Andrea Wernick zielt am 27.08.2014 bei Fellbach (Baden-Württemberg) mit einem Jagdgewehr.
    Eine Jägerin bei Fellbach in Baden-Württemberg (picture-alliance / dpa / Sebastian Kahnert)
    "In jedem Jäger ist natürlich ein großer Naturfreund. Das ist im Grunde die Hauptmotivation, draußen in der Natur etwas zu tun. Die Jagd ist ein Bestandteil davon."
    Diese vermeintliche Aufopferung wird nicht von allen anerkannt: Vor allem Naturschützer sehen die Jagd kritisch. Die Waidmänner seien ein elitärer Zirkel teils hochbetagter Herren. Bestimmte Details der Jagd seien grausam und nicht mehr zeitgemäß. Zum Beispiel die Abrichtung des Jagdhundes am lebenden Tier oder die Fuchsbaujagd. Für den Vorsitzenden des Naturschutzbundes NABU in NRW, Josef Tumbrinck, spiegelt sich die zunehmende Verstädterung der Gesellschaft in der Politik wider. Das bereite den Jägern Probleme.
    "Sie waren immer gut vernetzt in der Politik. Der ehemalige SPD-Fraktionsvorsitzende Friedhelm Farthmann war ein begeisterter Jäger. Und da ist bei der SPD nie etwas angebrannt. Und das ist heute komplizierter. Es gibt Tierschützer, Naturschützer. Und es gibt bei der SPD im NRW-Landtag niemanden mehr mit Jagdschein. Und das sind 99 Abgeordnete. Und die sind weit entfernt von dem Thema, die meisten."
    Vielleicht ist es gerade der zunehmenden Entfernung der Politik vom Jägertum geschuldet, dass nun Bundesland nach Bundesland die Jagdgesetze reformiert. Möglich aber ist das überhaupt nur, weil die Zuständigkeit seit Kurzem in Länderhand liegt. Das deutsche Jagdrecht war früher zentralistisch.
    Jagdrecht wurde vor einigen Jahren dezentralisiert
    Bereits 1848 in der Frankfurter Paulskirche ist das Jagdrecht Thema. Dem Adel wird das Privileg der Jagd entrissen. In den darauffolgenden Jahrzehnten entwickeln Länder wie Sachsen, Bayern oder Preußen einschlägige Gesetze. 1934 übernehmen dann die Nazis die preußische Verordnung fürs ganze Dritte Reich. Reichsjägermeister und damit oberster deutscher Jäger ist Hermann Göring. Nach formellen und redaktionellen Veränderungen wird das Reichsjagdgesetz 1952 in ein Bundesgesetz umgewandelt. Diese Übernahme dient Jagdgegnern oft als Argument gegen die Jagd.
    Zu Unrecht, wie der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages festgestellt hat: Die Nazis formulierten in erster Linie eine neue Präambel in das Jagdgesetz der Preußen. Diese wurde nach dem Krieg entfernt. Seit der Föderalismusreform 2006 liegt die vorrangige Gesetzgebungskompetenz in Sachen Jagd nun bei den Ländern. Baden-Württemberg hat die Gelegenheit genutzt, ein ganz neues Gesetz zu schreiben. Zuständig ist dort als Landwirtschaftsminister der Grüne Alexander Bonde. Bonde argumentiert mit dem Tierschutz, der seit 2002 im Grundgesetz verankert ist.
    "Ich glaube, dass der Tierschutz in den letzten 20 Jahren einen ganz anderen Stellenwert bekommen hat als er es früher hatte. Der höchste Ausdruck, den unser Rechtsstaat dafür kennt, ist eine Grundgesetzänderung, die den Tierschutz als neues Staatsziel fasst. Und das sind Dinge, die an einem Jagdrecht nicht vorbeigehen können. Und da steht die Jagd mitten drin in der gesellschaftlichen Diskussion. Das sieht allerdings nicht jeder Jäger so."
    Zwei Jahre hat man im Südwesten an dem neuen Jagd- und Wildtiermanagementgesetz gearbeitet. Dabei waren auch der Landesjagdverband Baden-Württemberg und dessen Vorsitzender Jörg Friedmann.
    "Es gab ein breit angelegtes moderiertes Beteiligungsverfahren. Es wurde viel diskutiert. Wir haben unser aller Argumente austauschen können. Wir sind im Grundsatz schon gehört worden. Allerdings gegen Ende des Verfahrens dann bei ganz wesentlichen Punkten sind wir übergangen worden, da wurden wir überhaupt nicht gehört und das hat auch den Widerstand der Jäger dann wirklich provoziert."
    Seitdem stoßen sich die Jäger in Baden-Württemberg daran, dass Wildtierfütterung, Jagd im März und im April, Fuchsbaujagd und Totfangfallen verboten wurden.
    "Wir haben hier vonseiten der Jäger ganz klar gesagt, wir beschränken uns auf die Fallen, bei denen eine Tötung wirklich gewährleistet ist, es keine Fehlfänge gibt. Und alles andere ist Schnee von gestern, das brauchen wir nicht."
    Jäger in Baden-Württemberg sind unzufrieden
    Am liebsten hätte die Jägerschaft in ganz Deutschland einfach die alten Regeln beibehalten. Stattdessen musste sie in Baden-Württemberg erleben, dass die Wildtierarten in drei Sorten – von jagdbar bis gar nicht jagdbar - eingeteilt wurden, in sogenannte Schalen. Vor allem der Schutz der bedrohten Tiere in der dritten Schale soll Tierschützer und Jäger zusammenbringen. Die Jägerschaft im Südwesten möchte sich aber nicht politisch einkaufen lassen und prüft nun sogar eine Verfassungsbeschwerde. Die Naturschützer dagegen sind relativ zufrieden, wie beim NABU-Vertreter Tumbrinck herauszuhören ist:
    "Da ist Baden-Württemberg schon einen Schritt weiter gegangen in die Zukunft, die möglicherweise in anderen Bundesländern noch folgen wird. Da haben wir uns in Nordrhein-Westfalen auch als NABU noch nicht getraut, so was vorzuschlagen. Da gucken wir mal in Baden-Württemberg, wie das in Zukunft läuft. Nordrhein-Westfalen ist eigentlich einen klassischen Weg gegangen. NRW hat sein Jagdgesetz so gelassen wie es ist und hat an einigen Schräubchen gedreht. Hat bei den Jagdzeiten was gemacht, hat die Totschlagfallen verboten, die Liste der jagdbaren Arten geändert und einiges mehr."
    Das baden-württembergische Gesetz tritt im April in Kraft. Das novellierte NRW-Jagdgesetz hingegen durchläuft noch seinen parlamentarischen Gang. Im bevölkerungsreichsten Bundesland ist der Widerstand gegen das sogenannte ökologische Jagdgesetz besonders heftig. Der grüne Umweltminister Johannes Remmel musste sich in zahlreichen Veranstaltungen von den Jägern beißende Kritik anhören: Er handle im Auftrag der Naturschützer und sei nichts anderes als deren ideologischer Erfüllungsgehilfe.
    "Die Arbeitsgruppen haben zwei Jahre intensiv beraten. Gut 80 Prozent dessen, was da besprochen worden ist, findet sich auch im Gesetzentwurf wieder, es wurde weitgehend übernommen. Es gab vier, fünf, sechs Streitpunkte, die sind in der Tat strittig geblieben. Da hat es keine Verständigung gegeben. Jetzt geht es ins Parlament und jetzt hat das Parlament das Recht, darüber zu befinden. Insofern würde ich gerne dem Ideologievorwurf, der immer so wohlfeil daherkommt, widersprechen."
    Clinch um den Abschuss von Katzen
    Der nordrhein-westfälische Jagdverband ist der mitgliederstärkste in der Bundesrepublik. Was Macht und Einfluss angeht, darüber gibt es keinen Selbstzweifel im Verband. Nun will man vor allem auf die 99 sozialdemokratischen Landtagsabgeordneten einzeln zugehen - und sie auf Herz und Nieren ins Sachen Jagdgesetz befragen. Ein hochemotionales Thema dabei ist das Abschussverbot von Katzen. In Nordrhein-Westfalen werden bisher jährlich rund 8000 Katzen – vor allem verwilderte und streunende – von Jägern wie Peter Markett erlegt. Das soll nun untersagt werden.
    "Es wird ja immer wieder auch von der Jägerschaft gesagt: Es ist eine Notlösung. Schafft andere Voraussetzung wie Katzen-Kastration, Katzen-Kennzeichnung und gegebenenfalls auch Katzensteuer. Das schränkt die Haltung ein. Dann brauchen wir keine Katzen mehr erlegen. Ich kenne keinen Jäger, der gerne Katzen erlegt. Und das wird so aufgebauscht, dieses Thema, und ist völlig an der Sache vorbei. Es ist einfach nur eine Notlösung, weil man sich im Moment nicht anders zu helfen weiß."
    Naturschützer Tumbrinck triumphiert dagegen:
    "Und deshalb ist diese Frage Katzenabschuss ja oder nein die war von Anfang an gelaufen. In NRW gibt es so viele Katzenbesitzer, in den Medien unter den Redakteuren und im Landtag gibt es so viele Katzenbesitzer, dass das Thema durch war. Das können sie gesellschaftlich nicht mehr mit rationalen Argumenten - selbst wenn die vorlägen – durchsetzen. Die Menschen halten Katzen und mögen nicht, wenn Katzen geschossen werden."
    Auch das Schlagwort Wiedereinführung der Jagdsteuer bringt die Jäger auf die Fichte. 2009 wurde in NRW die Jagdsteuer gestrichen, mit der die Kommunen ohnehin bloß jährlich bescheidene zehn Millionen Euro einnahmen. Nun wird sie für den Waidmann die höchste Form der Gängelung. Markett droht:
    "Wenn die Jagdsteuer wieder kommt – das ist eindeutiger Entschluss der Jagdverbände und auch der Jäger draußen – dann wird draußen von den Jägern kein Fallwild mehr entsorgt. Das heißt, das Wild was überfahren wird, wird nicht mehr von den Jägern weggeholt. Dann wird es so sein - wenn ein Reh Freitagabend überfahren wird – wird es am Straßenrand liegen, bis am Montag der Bauhof ausrückt."
    Mit der Hobby-Jagd verdient niemand mehr etwas in Deutschland. Die Einnahmen durch das Wildbret wiegen die Kosten durch Jagdpacht, Wildhege, Wildschäden und nun auch noch die Jagdsteuer nicht auf. Und das obwohl über eine Million Rehe und über 600.000 Wildschweine im Jahr in Deutschland geschossen werden. Auch, dass die Liste der jagdbaren Tiere von über 100 auf 27 zusammengestrichen worden ist, ärgert die Jäger in NRW. Peter Markett sieht sich vom Jäger zum Schädlingsbekämpfer degradiert.
    "Die Arten, die aus dem Katalog gestrichen werden sollen, das sind, nehmen wir mal eine Gruppe, zum Beispiel die Greifvögel. Das sind Tierarten, die wir eh schon seit Jahrzehnten nicht mehr bejagen. Die aber im Jagdrecht stehen und eine ganzjährige Schonzeit haben. Das ist für den Laien natürlich schwer verständlich. Wo man sich zu Recht fragen muss, warum müssen die dann ins Jagdrecht? Wenn sie im Jagdrecht stehen, ist aber damit eine sogenannte Hegeverpflichtung verbunden. Das heißt, der Eigentümer, der Inhaber des Jagdrechtes ist - also der Landwirt zum Beispiel und auch der Jäger - sind zur Hege verpflichtet und müssen sich auch um diese Arten kümmern. Das heißt, wenn diese Tierarten vom Jagdrecht ins Naturschutzrecht überführt würden, würde diese Hegeverpflichtung wegfallen."
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    Mäusebussard: Greifvögel werden von den Jägern auch geschützt. (picture-alliance / dpa / Boris Roessler)
    Das hieße, dass die Jäger für einen Großteil der Wildtierarten nicht mehr zuständig sind. Denn Jagdrecht bedeute auch, Bestände zählen und Tierarten schützen. Dass Waldschnepfe, Kolkrabe, Luchs oder Wildkatze sich wieder vermehren, sehen Waidmänner auch als Ergebnis ihrer Hegearbeit. Die neuen Vorschriften aus der Politik halten sie für einen üblen Dank. Landesjägermeister Jörg Friedmann aus Baden Württemberg:
    "Jagd ist wie alles in unserer Gesellschaft im Wandel. Als ich 1987 meinen Jagdschein gemacht habe, haben mein Vater und die älteren Mitjäger gesagt: Mensch sind wir froh, dass wir schon gejagt haben, ihr werdet so nicht mehr jagen können, wie wir gejagt haben. Damit hatten sie Recht, es war die Zeit des Niedergangs der Fasanen-, Rebhuhn- und Hasenbestände. Wir jagen heute kaum mehr Fasanen und Hasen. Dafür Schwarz- und Rehwild in nicht gekanntem Ausmaß. Wir jagen heute immer noch mit Freude, aber vollkommen anders. Bei der Wildbrethygiene hat sich viel geändert. Jagd wandelt sich, die Jagd muss sich von sich aus wandeln von innen heraus. Die Jagd muss nicht vom Gesetzgeber her so angestoßen werden, dass man zwangsweise den Jägern weitgehend einen Rahmen vorgibt."
    Sinn der Jagd wird nicht angezweifelt
    Am Sinn der Jagd zweifelt hingegen kaum jemand. Die landläufige Meinung lautet: Jagen muss sein, da der natürliche Feind fehlt, und sich durch den Eingriff des Menschen die Lebensräume dramatisch für das Wild verändert haben. Keine Zweifel auch beim baden-württembergischen Minister Bonde und beim Vertreter vom NABU.
    Bonde: "Also die Vorstellung, dass die Jagd verboten wird: Ich weiß nicht, wer die hatte? Das war nie meine Position, das war nie die grüne Position oder auch nie die Position der SPD."
    Tumbrinck: "Wir sagen als NABU auch Ja zur Jagd, aber eben auch nur für eine bestimmte Anzahl von Arten und eine bestimmte Form der Jagd. Aber das sind eigentlich unsere Kollegen."
    Als sicher ist anzunehmen, dass in Zukunft ähnlich viel im Wald geschossen wird, wie in den vergangenen Jahren, trotz neuer Jagdgesetze. Die Jagdstrecke – also die Zahl der erlegten Tiere pro Zeitraum - wird sich zum Beispiel mit dem ökologischen Jagdgesetz in NRW um ein, vielleicht zwei Prozent verringern. Tiere, welche die Jäger bislang freiwillig verschonten, werden auch künftig nicht geschossen. Für Außenstehende ist die Aufregung der Waidmänner deshalb kaum zu verstehen. Josef Tumbrinck vom NABU-NRW hat seine eigene Interpretation:
    "Der tiefere Kern ist, dass in der Jägerschaft jetzt eine Zeitenwende ansteht. Es ist jahrzehntelang nicht viel novelliert worden. Und jetzt geht eine Regierung hin und macht schon eine ganze Menge neu und anders und das ist einfach kulturell für die Jäger was Neues, dass jemand so massiv in ihre Rechte eingreift. Und das haben sie vorher nicht erlebt und damit können sie auch noch nicht richtig umgehen, auch politisch."
    Die Politik macht sich im Wald breit, einem Revier, das der Jäger bislang für seine Privatsphäre hielt. Auch in Niedersachsen und Schleswig-Holstein sollen die Jagdgesetze demnächst novelliert werden. Damit dürfte sich der Streit also in den Norden der Republik ausdehnen.
    "Das ist doch keine Forschungsstelle, also Entschuldigung. Das sind doch keine Landschaftsökologen, das sind keine Populationsökologen, da ist nicht ein Mensch, der Ahnung davon hat, worum es hier eigentlich geht."