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"Wald, Wirtschaft, Wachstum"

Die diesjährige Tagung der Vertreter der Deutschen Forstwirtschaft stand unter dem Motto " Wald, Wirtschaft, Wachstum." Biomasse, die Wasserwirtschaft und das EU-Recht sind dabei die Top-Themen. Dabei ist die Nutzung der Biomasse ein Hoffnungsträger für die Forstfachleute, während das Thema Trinkwassergewinnung im Waldboden Ökonomie und Ökologie bisweilen hart aufeinander prallen lässt.

Von Ludger Fittkau |
    Dass Graf Franz Ludwig von Stauffenberg, der Sohn des Widerstandkämpfers des 20. Juli 1944, einen besonderen Wert auf historische Dimensionen der Wirklichkeit legt, kann kaum verwundern. Das gilt auch für den deutschen Wald: Im Bus der Abschlussexkursion von Teilnehmern der Jahrestagung des Deutschen Forstwirtschaftsrates erinnerte Graf Stauffenberg daran, dass nicht erst die Umweltschützer von heute eine Ressourcen schonende Kreislaufwirtschaft entdeckt haben:

    " Wir hätten heute in Deutschland, in Mitteleuropa nicht diese Wälder, in Hessen über 40 Prozent der Landesfläche mit Wäldern, wenn nicht vor 150 Jahren nicht die Volkswirtschaft, nicht die Akademiker, die Spezialisten der Technik, wenn nicht vor 150 Jahren die Waldpioniere den Begriff der Nachhaltigkeit gefunden und angewandt hätten, der im Wesentlichen darauf beruht, wir richten den Wald so ein, wir pflegen ihn so, dass wir im Jahr aus ihm nicht mehr herausnehmen, wie die Natur ihn nachwachsen lässt."

    Graf Stauffenberg ist selbst Waldbesitzer. Er hat wie viele andere Teilnehmer der Wiesbadener Tagung die Sorge, dass allzu rigide Umweltschutzbestimmungen wie die FFH-Richtlinie der EU den Spielraum für eine nachhaltige Waldwirtschaft zu sehr einengen könnten. Er plädiert auch im Wald für eine Balance von Ökonomie und Ökologie. Zurzeit wäre ihm ein wenig mehr Ökonomie sehr recht:

    " Wir haben, das kam heute auch zum Ausdruck, - manche haben das gar nicht so gemerkt, - heute tatsächlich eine Situation, dass die Naturprodukte, - eins der wenigen, das wir überhaupt in Deutschland haben, das ist das Holz - dass wir zur Zeit in unseren Wäldern mehr Holz nachwachsen haben, als genutzt wird: Eine Nutzung von nur etwa 75 Prozent führt dazu, dass wir nicht die Natur erhalten, sondern dass durch einen Mangel an Pflege, an Nutzung, die Bäume zum Teil an sich selbst ersticken und die Natur kaputtmachen."

    Vor allem die EU geriet in Wiesbaden in den kritischen Focus der Waldbesitzer. Die FFH-Richtlinie, die vor allem dem Vogelschutz dient, darf nicht zum Dogma für die Waldbewirtschaftung werden, forderte Johannes Ott, der Geschäftsführer des Sächsischen Waldbesitzerverbandes. Auch deswegen, weil der Klimawandel die Schutzgebiete nicht unverändert lassen werde.

    "Das heißt, wir kriegen eine Verschiebung der Klimazonen, der Wachstumszonen, wir können nicht Waldbesitzer auf Bestände festlegen, die sie eigentlich de facto nicht halten können, wider die natürliche Vernunft, sprich den Klimawandel, noch wider die wirtschaftliche Vernunft. Sicherlich kann man und das ist ja ein Zeichen des Waldbesitzers, mit Fingerspitzengefühl und Verantwortungsbewusstsein diesen Übergang oder Wandel versuchen, verantwortungsvoll begleiten, durch Umbaumaßnahmen und dergleichen, Aber der Wald ist nichts Statisches."

    Das wurde den Teilnehmern der Forstwirtschaftstagung sehr eindrucksvoll bei der Exkursion in den Wald der Stadt Gernsheim am Rhein, 20 Kilometer südwestlich von Darmstadt vorgeführt. In diesem Eichenwald wird seit den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts intensiv Wassergewinnung betrieben. Gernsheims CDU-Bürgermeister Rudi Müller spricht von seinem Wald als Wasserfabrik, aus der auch seine Stadt Wasser gewinnt. Doch inzwischen macht ihm die Trinkwasserproduktion in seinem Stadtwald große Sorgen. Denn obwohl große Mengen gereinigtes Rheinwasser in den Boden des Waldes gepumpt werden, ist der Grundwasserspiegel aufgrund der Wasserentnahme für die alten Eichen des Waldes zu niedrig geworden. Die Kronen sterben, wurde den Teilnehmern der Exkursion gezeigt. Bürgermeister Rudi Müller:

    " Ich behaupte, dass es eine Wasserfabrik gibt, indem ja hier mehr Wasser entnommen wird, als nachhaltig Wasser vorhanden ist; indem man noch Rheinwasser aufbereitet, infiltriert, um noch mehr Wasser entnehmen zu können. Und wir haben das Problem, alleine nur unsere Schadensfälle, die im Wald eintreten, geltend zu mache. Und da fühlen wir uns ja etwas alleingelassen, insbesondere auch von denen, die die Wasserbewirtschaftung betreiben."

    Doch was dem Gernsheimer Bürgermeister schlaflose Nächte bereitet, ist für andere eher ein Zeichen der Hoffnung für bestimmte Bereiche der deutschen Forstwirtschaft. Beispiel Niedersachsen. Dort verhandeln Waldbesitzer schon seit längerem mit Wassergewinnungsunternehmen, die ebenfalls das Trinkwasser aus dem Waldboden gewinnen. Es geht den Waldbesitzern darum, ihren Beitrag zum schmackhaften Wasser auch honoriert zu bekommen. Hans Jakobs, Mitarbeiter der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein:

    "Und das ist etwas, das wir seit Jahren versuchen, auch der Wasser entnehmenden Wirtschaftsseite klar zu machen. Nur die sind nicht bereit, darauf einzugehen, weil sie sagen, die Qualität des Grundwassers wird in erster Linie durch den Boden selbst verursacht und nicht dadurch, dass im Grunde genommen die Schadstoffeinträge im Wald geringer sind, weil eben keine landwirtschaftliche Nutzung erfolgt, und im Grunde genommen die Qualität des Grundwassers deutlich verbessert wird."

    Für Graf Stauffenberg ist diese wasserwirtschaftliche Bedeutung nur recht, wenn es darum geht, den Wald als bedeutende Schatzkammer für die Zukunft im wahrsten Sinne des Wortes "wert" zu schätzen – auch als intensiv genutzte Ressource für Biomasse. Ein weiteres wichtiges Thema der Wiesbadener Forstwirtschaftstagung:

    "Wir haben große Gefährdung im Eintrag von Schadstoffen, CO 2 und ähnlichem. Die erneuerbaren Energien verringern dies, und es gibt keinen Platz und keinen Ort, der so viel zur Absenkung und zur Vermeidung von bleibenden Schadstoffen und Schadgasen beiträgt, wie der Wald mit seinen Produkten. "