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Waldbesitzer klagen über Waldschäden

Durch die globale Erderwärmung vermehren sich manche Insekten besser. Für die Wälder ist das eine ernstzunehmende Gefahr. Pflanzenschutzmittel könnten helfen, doch die müssen erst von Ministerien genehmigt werden. Den Waldbesitzern geht das oft nicht schnell genug.

Von Susanne Arlt |
    "Das, was hier passiert, lässt sich eigentlich nicht in Worte fassen."

    Franz Prinz zu Salm-Salm steht in einem Wald, der keiner mehr ist. Vor ihm liegen 80 Hektar kahl geschlagener Kiefernbestand. Die gerodete Fläche im Letzlinger Forst erinnert an eine Kraterlandschaft. Die Kiefern, die im Frühjahr noch standen, erzählt zu Salm-Salm, seien über 70 Jahre alt gewesen. Der Prinz, zugleich Vorsitzender vom Waldbesitzerverband Sachsen-Anhalt, macht eine wegwerfende Handbewegung.

    "Hier ist die Arbeit von Generationen in kürzester Zeit ad acta."

    Schuld daran ist die Kiefernbuschhornblattwespe. Das wärmeliebende Insekt fühlt sich inzwischen auch in Sachsen-Anhalt heimisch. Der Klimawandel, sagt zu Salm-Salm, mache es möglich. Die wirtschaftlichen Schäden seien enorm. Die gefräßigen Raupen haben sich im vergangenen Jahr quasi durch den Kiefernbestand gefressen. Sie vertilgen die Nadeln und schädigen somit die Bäume. 90 Prozent sind im Letzlinger Forst betroffen. Und nicht alle haben den Fraß überlebt - so wie hier im Revier Wannefeld. Kiefern, die in unmittelbarer Nähe stehen, tragen kaum noch grüne Nadeln. Ein trostloser Anblick. Schuld an dieser Misere sei aber nicht nur das Insekt, sagt Franz Prinz zu Salm-Salm. Schuld hätte auch die Bundespolitik. Als klar war, dass nur noch die Chemiekeule gegen die gefräßigen Raupen hilft, kam die Bürokratie zum Zuge. Das Bundesministerium für Verbraucherschutz kann sein Einverständnis nur in Absprache mit dem Umweltbundesamt erteilen. Das habe viel zu lange gedauert, ärgert sich der Prinz.

    "Um das klar zu sagen: Dass wir dieses Jahr überhaupt hier befliegen durften, ist allein der Handlungsbereitschaft des zuständigen Ministeriums hier im Lande zu danken. Da war die Bereitschaft vorhanden. In Hessen gibt es vergleichbare Fälle, da war die Handlungsbereitschaft zu Bekämpfung solcher Situationen nicht vorhanden, aus umweltpolitischen Gründen angeblich. Mit dem Ergebnis, das Eichenwälder im Ried in Hessen komplett kahl gefressen worden sind."

    In Extremsituationen, so der Vorsitzende vom Waldbesitzerverband Sachsen-Anhalt, müssen die Forstämter schneller handeln können. Sachsen-Anhalts Landwirtschaftsminister Hermann Onko Aeickens pflichtet ihm bei. Es muss eine unbürokratische Gesetzgebung her. In Ausnahmesituationen, die Fachwelt spricht in diesem Fall von Kalamitäten, muss die Bekämpfung mit Pflanzenschutzmitteln aus der Luft geregelt sein. Allerdings gebe es noch ein Problem, sagt Aeikens. Liege endlich eine Genehmigung vor, sei nicht immer adäquate Pflanzenschutzmittel vorrätig.

    "Ein Manko ist, dass uns zum Teil die adäquaten Mittel fehlen. Dass die Pflanzschutzmittelindustrie die nicht mehr in vernünftiger Weise zur Verfügung stellt. Hier sehe ich Forschungsbedarf. Das könnte ich mir vorstellen wäre auch eine Aufgabe eines Kalamitäten-Fonds. Dass aus diesem Fond, wenn die Industrie nicht aus eigenen Mitteln heraus Forschungsanstrengungen unternimmt, Forschung aus diesem Fond finanziert wird."

    Ein Kalamitäten-Fonds exitiere aber noch nicht, bedauert Philipp Freiherr zu Guttenberg. Stattdessen gibt es den Waldklimafonds, der mit jährlich 35 Millionen Euro ausgestattet ist. Ein Tropfen auf dem heißen Stein, findet der Präsident der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Waldbesitzerverbände. In der Bundeshauptstadt habe der Wald keine gute Lobby. Abhilfe könnte da der geforderte Kalamitäten-Fonds schaffen, sagt zu Guttenberg.

    "Wir fordern ein Umdenken gerade im Bereich des Naturschutzes und ein Besinnen auf unsere natürlichen Rohstoffe. Die Forst- und Holzwirtschaft erwirtschaften 170 Milliarden Euro im Jahr. Wir sind einer der größten und schlagkräftigsten Cluster in Deutschland und das wird beflissentlich ignoriert in der Gesetzgebung. Wenn das hier das Resultat der Naturschutzpolitik ist, dann kann ich nur sagen: Gute Nacht."