Am Fuß der Blue Mountains, nordwestlich von Sydney, unterwegs mit Lorna King, einer Freiwilligen der Wildtier-Organisation WIRES. Drei Tage, nachdem ein verheerendes Buschfeuer wie ein D-Zug durch den dichten Eukalyptuswald gerast ist, sucht sie nach Tieren, die das Inferno überlebt haben - zwischen rußgeschwärzten Baumstämmen, knöcheltief in Asche. Nichts regt sich.
"Ich fürchte, alle unsere Koalas sind in den Flammen ungekommen", sagt Lorna King, "wer weiß, wieviele andere Arten wir verloren haben. Wir müssen froh sein, wenn wir in zehn Jahren hier überhaupt noch Wildtiere haben."
Schätzungen: 1 Milliarde Säugetiere gestorben
Chris Dickman ist Ökologe an der Universität Sydney. Er schätzt, dass mehr als eine Milliarde Säugetiere, Reptilien und Vögel bei den Bränden ums Leben gekommen sind, dazu unzählige Insekten und Kleinlebewesen. Und all jene, die überlebt haben, seien längst nicht über den Berg, so Dickman.
"Viele Tiere konnten fliehen, wegfliegen oder unter der Erde Schutz suchen. Jetzt aber haben sie keine Nahrung mehr, kein Wasser und keinen Lebensraum. Sie sind schutzlos den Elementen ausgesetzt und leichte Beute für Raubtiere, die zum Jagen in die Feuerzonen kommen."
Mit den Wäldern sind auch die Lebensräume der meisten Tiere verbrannt: 80 Prozent der Eukalyptusbäume im Weltnaturerbe der Blue Mountains und 20 Prozent der ältesten Urwälder Australiens.
Denn die Intensität und Zerstörungswut der Feuer machte in Queensland auch nicht vor Regenwaldgebieten aus der Gondwana-Zeit halt.
Viele Ökosysteme wurden nachhaltig geschädigt
"Vielen Ökosystemen drohen drastische Veränderungen, weil ihre Feuchtigkeitsspeicher von denen sie sonst zehren, in der Hitze des Feuers verdampft sind", erklärt Zoologe Mike Clarke von der LaTrobe Universität Melbourne. "Anders als Eukalypten sind Regenwälder nicht an Brände angepasst. Künftig werden sich dort mehr feuertolerante Pflanzenarten festsetzen."
Tier-, Umwelt und Brandforscher sind sich einig: Verbleibende ökologische Nischen – oft letzten Zufluchtstätten für gefährdete Arten – müssen vor künftigen Waldbränden bewahrt werden. "Nur im Winter Unterholz kontrolliert abbrennen, um Feuern im Sommer die Nahrung zu entziehen, genügt nicht mehr", glaubt David Bowman vom Buschfeuerzentrum der Universität Tasmanien. Er plädiert zusätzlich für unkonventionellere Methoden der Waldbrand-Prävention.
"Wir müssen Dickicht nicht jedesmal abfackeln, wir können es auch von Hand ausdünnen. Eine andere Idee ist, Tiere einzusetzen und sie brennbare Vegetation fressen zu lassen. Wir könnten Brandschutzschneisen pflügen oder behandeltes Abwasser dazu verwenden, schützende Grünstreifen zu schaffen."
Koalas vor dem Aussterben?
Das ganze Ausmaß der Schäden für Tiere und Pflanzen ist wohl erst in Monaten abzusehen. Viele australische Arten waren aber schon vor den Bränden durch großflächiges Roden für die Landwirtschaft und den Vormarsch der Städte von Habitatverlust bedroht. Jetzt hilft ihnen und ihren Lebensräumen nur noch ein gigantisches Wiederaufforstungsprogramm.
Zwei Milliarden Eukalyptusbäume und eine Fläche von zehn Millionen Hektar müssten bepflanzt werden, fordern Ökologen. Denn Buschfeuer, begünstigt durch Trockenheit und Hitzewellen, machten vor nichts und niemandem halt – auch nicht vor Australiens Wahrzeichen.
"Wir müssen alles unternehmen um unsere Koalas zu retten, sie sind in großen Schwierigkeiten. Noch ein oder zwei solche Feuer und es gibt sie nicht mehr", sagt Dalian Pugh von der australischen Koalastiftung. Und seine Kollegin Sue Ashton ergänzt: "Koalas vermehren sich nur alle 18 Monate oder zwei – wenn man Glück hat. Man kann sich vorstellen, wie lange es dauert, bis sich diese Populationen wieder erholt haben."