Ockergelb liegt Schloss Strauweiler umgeben von Wäldern und Weiden auf halber Strecke zwischen Odenthal und Altenberg in der Nähe von Köln. Ein ebenso schöner wie alter Adelssitz, dessen Wurzeln bis tief ins Mittelalter zurückreichen. Hausherr ist Hubertus Prinz zu Sayn-Wittgenstein, der das Schloss allerdings weniger als Zentrum blaublütiger Aktivitäten sieht, für ihn ist Strauweiler ein Firmensitz, erklärt er:
"Den Betrieb Strauweiler habe ich von meinem Großvater Paul Graf Wolff Metternich geerbt. In dessen Familie ist es seit dem 17. Jahrhundert, aber die Vorfahren sitzen hier seit dem Mittelalter, also man kann sagen, seit bald 800 Jahren".
1500 Hektar hauptsächlich Fichte
Ein Familienbetrieb mit einem zentralen Thema: Holz. 1.500 Hektar Wald besitzt Prinz zu Sayn-Wittgenstein, hinzukommen 250 Hektar verpachtete Landwirtschaft. Beim Baumbestand dominieren Fichten mit einem Anteil von 60 Prozent, der Rest verteilt sich auf unterschiedliche Laubhölzer wie Buche, Eiche und so weiter.
"Wir haben jetzt einen Jahreseinschlag nach Kyrill, der uns vor zehn Jahren schwerstens getroffen hat von 9.000 Festmetern über alle Holzarten, und entsprechend verkaufen wir das jedes Jahr."
In den letzten Jahren zu halbwegs passablen Preisen, was sich zumindest bei einer Holzart aber dramatisch geändert hat, sagt der Waldbesitzer:
"Beim Laubholz wissen wir es noch nicht, bei der Eiche ist es stabil, bei der Buche wird es möglicherweise auch ein bisserl runtergehen, aber bei der Fichte ist es so, dass wir weniger als die Hälfte von dem kriegen, was wir im letzten oder noch vor zwei Jahren bekommen haben".
Preisverfall bei der Fichte
Klagen eines Waldbesitzers, dessen vor allem tiefer liegender Fichtenwald Opfer des Borkenkäfers geworden ist, höher liegende Wälder trotzen dem Schädling etwas besser. 15.000 Festmeter Schad- bzw. "Kalamitätsholz" hat Prinz zu Sayn-Wittgenstein beim Finanzamt angemeldet, was etwa drei Jahreseinschlägen bei Fichten entspricht. Nachmeldungen, da ist er sich sicher, wird es geben, wahrscheinlich klettert der Verlust Richtung 25.000 bis 30.000 Festmeter. Was nicht verwundert, rund 50 Prozent der Nadelholzflächen sind in den Strauweilerschen Revieren mittlerweile betroffen. Beeinflussen lasse sich diese Entwicklungen nicht mehr, so Dieter Artz, verantwortlicher Förster bei Prinz zu Sayn-Wittgenstein.
"Man hat latent immer Borkenkäfer und in normalen Jahren ist es so, dass man den Borkenkäfer beherrschen kann. Das heißt, wenn man weiß, wo er immer auftritt und man ist früh genug da, man schlägt die Bäume ein und man schafft das Holz aus dem Wald oder man entrindet es, dann hat er nicht die Möglichkeit, sich in dem Umfang zu entwickeln. Und man ist ihm dann immer einen Schritt voraus, aber jetzt ist er uns mindestens zwei Schritte voraus."
Braune Inseln in vormals grünen Wäldern
Also breiten sich zunehmend große braune Inseln inmitten noch grüner Wälder aus – ein trauriger Anblick. Alle betroffenen Bäume zu fällen, verbietet sich aus zwei Gründen. Geerntete Bäume müssen binnen weniger Tage bis Wochen vermarktet werden, weil sonst Pilze und andere Insekten das Holz komplett vernichten würden. Vermarkten lassen sich aber immer nur kleinere Chargen. Förster Dieter Artz:
"Das zweite Problem ist, die Kapazität an Unternehmern und an Fuhrleuten herzukriegen, weil, es brennt im Moment überall. Man kann sich eigentlich auch auf keine Zusagen mehr verlassen, das heißt, wenn ich mit einem Unternehmer was abstimme, dass er in zwei oder drei Wochen kommt, dann werden es meistens vier oder fünf Wochen, das macht es natürlich alles sehr, sehr schwer."
Noch kann Prinz zu Sayn-Wittgenstein die finanziellen Verluste schultern, wie lange das noch möglich ist, weiß aber auch er nicht. Hilfreich wäre schon, wenn die Behörden an anderer Stelle Entgegenkommen zeigten. Waldbesitzer sind zum Beispiel für die Sicherheit der Straßenränder verantwortlich, sagt Prinz zu Sayn-Wittgenstein:
"Das kostet uns enorm viel zusätzliches Geld allein durch Straßensperrungen, für die wir nichts bekommen. Und da erwarte ich eigentlich von der Politik, dass sie uns da hilft, dass die Öffentliche Hand, für die wir ja die Sicherheit an den Straßen gewährleisten müssen, dass sie uns unterstützt und zumindest diese Kosten selber trägt, denn die Katastrophe betrifft nicht nur den Landbesitzer, sondern die Allgemeinheit und den Autofahrer."
Neue Fichten müssten her
Wie geht es weiter mit dem Wirtschaftswald in Deutschland? Achselzucken bei Prinz zu Sayn-Wittgenstein und Dieter Artz. Ein neuer Wald soll her, einer, der dem Klimawandel trotzen kann. Das klingt gut, ist für Waldbauern heute aber keine Hilfe. Wälder grundlegend neu zu strukturieren, ist eine Aufgabe von zwei, drei Generationen!
Hinzu kommt noch etwas anderes: Niemand weiß verlässlich, wie sich das Klima mittelfristig ändert und welche Konsequenzen auf Deutschlands Wälder zukommen. Durchaus denkbar wäre, wenn die Regenperioden wieder zunehmen. Dann hätten Fichten durchaus eine Zukunft. In Bausch und Bogen verdammen möchte Förster Dieter Artz die Fichte ohnehin nicht. Bei seinen Gängen durch die Reviere beobachtet er immer wieder ein erstaunliches Phänomen.
"Es gibt ein paar wenige Bäume, wenn auch rundum alles befallen ist, die sich bislang gehalten haben. Und da sag ich mir jetzt als Förster natürlich, was unterscheidet diese Bäume von den Bäumen, die der Käfer schon alle gefressen hat. Und ich bin der Meinung, dass es innerhalb einer Art wahrscheinlich eine so große Streuung gibt, auch genetisch, dass diese Bäume vielleicht einen anderen Duft haben oder in irgendeiner Form resistenter sind, und ich würde es für wichtig halten, dass man in diese Richtung mal untersucht und forscht, um dann Fichtenarten in Zukunft zu haben, die da etwas resistenter sind."