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Walt Disneys Pinoccio
Abendfüllender, farbenfroher Zeichentrickfilm

Sein Markenzeichen ist die hölzerne Nase, die nach jeder Lüge wächst. Aus dem Stoff um die freche Holzmarionette Pinocchio, einer Romanfigur des italienischen Autors Carlo Collodi, machte Walt Disney seinen zweiten abendfüllenden Animationsfilm. Heute vor 75 Jahren feierte Disneys Pinocchio in New York Premiere.

Von Hartmut Goege |
    Pinocchio in Florenz
    Pinocchio verschlang die für damalige Verhältnisse ungeheure Summe von 2,5 Millionen Dollar, und ohne Europa spielte er nur die Hälfte seiner Kosten ein. (picture alliance / Lars Halbauer)
    Als Walt Disneys abendfüllender, farbenfroher Zeichentrickfilm Pinocchio am 7. Februar 1940 in New York uraufgeführt wurde, trübten die heraufziehenden Kriegswolken aus Europa die Premierenstimmung. Nach Deutschlands Überfall auf Polen, dem Beginn des Zweiten Weltkriegs fünf Monate zuvor, sprachen sich die meisten Amerikaner zwar noch für strikte Neutralität der USA aus, doch der amerikanischen Filmindustrie war der lukrative europäische Markt weggebrochen. Für die Disney-Studios hätte das fast das Aus bedeutet. Denn Pinocchio verschlang die für damalige Verhältnisse ungeheure Summe von 2,5 Millionen Dollar, und ohne Europa spielte er nur die Hälfte seiner Kosten ein.
    2,5 Millionen Dollar teure Produktion
    Walt Disney hatte sich die pädagogische Kinderbuchfigur des italienischen Autors Carlo Collodi ausgeliehen, der in seinem 1883 erschienenen Roman Die Abenteuer des Pinocchio die Geschichte des Holzschnitzers Geppetto erzählt und die Wandlung seiner faulen Puppe Pinocchio zu einem arbeitssamen guten Jungen. Disneys Geppetto dagegen ist ein Spielzeugschnitzer, der sich einen Sohn wünscht und davon träumt, dass seine kleine Marionette lebendig wird. In der darauffolgenden Nacht erscheint eine Fee, die Pinocchio zum Leben erweckt und dem Holzknaben verspricht, ihn in einen richtigen Jungen zu verwandeln, wenn er sich von nun an bewährt und immer aufrichtig und brav bleibt.
    Pinoccio als lieber, braver und naiver Junge
    Ursprünglich hatte Disney Pinocchio noch ähnlich sarkastisch und bösartig angelegt wie Collodis Original: darin erschlägt der Holzbengel, dem nach jeder Lüge die Nase wächst, eine Grille mit einem Hammer, weil die ihm einen wohlmeinenden Rat gibt. Disney veränderte seinen Charakter in einen lieben, naiven Jungen, dem die Grille als sein "Gewissen" und loyaler Freund zur Seite steht. Denn natürlich kann sich der leichtgläubige Pinocchio dem Einfluss übler Gesellen und den Verlockungen ihrer falschen Versprechungen nicht entziehen.
    Bis Pinocchio endlich geläutert zu einem Bub aus Fleisch und Blut wird, muss er eine Menge Abenteuer und Prüfungen überstehen, um am Ende seinen Schöpfer Geppetto wieder in die Arme schließen zu können.
    Perspektive, Räumlichkeit und Tiefe
    Es ist weniger die anrührende Geschichte, die den Film zu einem Klassiker macht, als vielmehr die damals aufwendige Tricktechnik. Beim herkömmlichen Animationsfilm bewegte sich eine Figur mit starrer Kamera vor einem starren Hintergrund. Bei Pinocchio wurde erstmals die von vier Kameraleuten gleichzeitig zu bedienende zimmergroße Multiplan-Kamera eingesetzt. Ihre Bilder gaben den Szenen Perspektive, Räumlichkeit und Tiefe. Darüber hinaus verknüpfte die Musik mit ihrer farbigen Instrumentierung sämtliche Szenen miteinander, wenn beispielsweise Geppettos Uhren- und Spielzeugsammlung zum Leben erwacht.
    Erst 1951 in Westdeutschland gezeigt
    Wie schon in seinem ersten abendfüllenden Animationsfilm Schneewittchen gehörte die musikalische Untermalung zum festen Bestandteil der Erzähltechnik. Für die sinfonische Gestaltung erhielt der Komponist Leigh Harline 1941 den Oscar für die beste Filmmusik und für When you wish upon a Star den Oscar für den besten Filmsong. Er zieht sich als Leitmotiv durch die ganze Handlung. Erst nach dem Krieg traten Disneys Filme ihren Siegeszug durch Europa an. 1951 wurde Pinocchio erstmals auch in West-Deutschland aufgeführt.