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Wan Hu, der erste "Raumfahrer" der Welt
Die Legende vom fliegenden Mandarin

Wan Hu war offenbar ebenso zielstrebig wie wagemutig. Er wollte unbedingt zum Mond reisen und befestigte dafür an einem Stuhl 47 Raketen – Bambusrohre, die mit Schießpulver gefüllt waren. Dann setzte er sich auf den Stuhl und ließ die Raketen zünden.

Von Dirk Lorenzen |
    Wan Hu war nie auf dem Mond, hat dort aber einen Krater.
    Wan Hu war nie auf dem Mond, hat dort aber einen Krater. (NASA)
    Die ganze Konstruktion explodierte – und als sich der Rauch gelegt hatte, waren weder von Wan Hu noch vom Stuhl irgendwelche Spuren zu finden. So will es die Legende, die den etwas unorthodoxen Beginn der Raumfahrt in die Ming-Dynastie im 16. Jahrhundert legt.
    Vermutlich geht die Geschichte von Wan Hu auf die in der Aufklärung in Europa weit verbreitete Romantisierung Chinas zurück. Doch in der ersten Hälfte des 20. Jahrhundert tauchte sie immer wieder in visionären Schriften zur Raumfahrt auf. Selbst die NASA lässt in ihrer Darstellung der Geschichte der Raumfahrt Wan Hu nicht unerwähnt und stellt ihn in eine Reihe mit Ikarus, dem Sohn des Daedalus, der der antiken Sage nach mit selbstgebauten Flügeln der Sonne zu nah gekommen und abgestürzt war.
    Da war noch alles in Ordnung: Wan Hu unmittelbar nach dem Abheben.
    Da war noch alles in Ordnung: Wan Hu unmittelbar nach dem Abheben. (Civil Air Patrol/NASA)
    Wan Hu hat sein Ziel doch noch erreicht - mit sowjetischer Hilfe. Kurz nachdem die Sonde "Zond 3" Mitte der 60er-Jahre Bilder von der Mondrückseite zur Erde gefunkt hatte, wurde ein Krater nach dem chinesischen "Raumfahrer" benannt.
    So befindet sich ein Stück hinter dem rechten Ohr des Mondgesichts der gut fünfzig Kilometer große und sehr alte Krater Wan Hu. Vielleicht heißt er nach einem Vorläufer der Astronauten, vielleicht aber auch einfach nach einer schönen Geschichte.