Hans-Joachim Voigtländer ist seit 40 Jahren passionierter Wanderer. Er wohnt am Rennsteig, gleich an Etappe 1, in Hörschel und ist fast an jedem Wochenende hier unterwegs.
"Wir verlassen jetzt den Rennsteig und gehen bis zum Bergwerkspfad, noch mal 300 Meter Umweg."
Das muss sein, denn es lohnt sich, sagt der Ortskundige:
"Und dieser Weg war verboten, es stand immer da wegen Unfallgefahr, Bergwerkspfad und so weiter – aber der Hauptgrund war: Hier ist genau das Grenzgebiet immer gewesen. Wir wären hier in Stedtfeld rausgekommen – habe mich also nicht getraut, früher da lang zu laufen."
Von 1961 bis 1989 war das tabu, erklärt Hans-Joachim Voigtländer. Die Karten endeten hier, die Wege auch – aber eben nur politisch. Drei Radfahrerinnen fragen nach dem Weg – es ist Etappe 1 der Rennsteigtour:
"- "Bis wohn fahren wir?"
- "Ebertswiese!""
Hans-Joachim Voigtländer zeigt den Weg auf der Karte:
"Das sind 34 Kilometer bis zum Kleinen Inselsberg. Und dann sind es noch mal 14 Kilometer. Also von Hörschel 44/48 Kilometer genau. Und das ist eine Naturwiese, wo ein wunderbarer Bergsee ist."
Die drei Brandenburgerinnen treten in die Pedale und fahren los. Zum Rennsteig gehört ein Stück vom Thüringer Wald, vom Thüringer Schiefergebirge und kurz davor ist der Frankenwald.
"Und da sind die Menschen von der Mentalität her doch etwas anders."
Mit Rucksack, Wasser und Karte im Gepäck zieht Hans-Joachim Voigtländer regelmäßig los. Einsam ist es nie im Wald, sagt er, auch, weil er mit vielen ins Gespräch kommt. Gerade ziehen zwei Wanderer aus Hannover an ihm vorbei. Etappe 1, erklären sie, sechs Tage sind geplant für den kompletten Kammweg:
"Machen wir durch. Gehen wir von Hörschel bis nach Blankenstein."
Kurz nach ihnen die nächsten Wanderer mit Mehrtagesrucksack, kariertem Hemd und festem Schuhwerk:
"Wir kommen aus Baden-Württemberg, aus Stuttgart, sogenannte Schwaben. Und haben jetzt heute angefangen in Hörschel und wollen jetzt durchlaufen die sechs Tage."
Es sind echte Profis, die bereits im Mount Everest - Baselager in Nepal waren. Und das Matterhorn der Schweiz kennen - jetzt also Thüringen:
"Wir wollten nicht so weit wegfahren. Und ich habe das schon öfter gelesen, Rennsteig, und dachte: Jetzt probieren wir's einfach. Das ist gemütlich."
Das ist auch die Devise von Hans-Joachim Voigtländer, wobei er klar macht: Rennsteig ist nicht gleich Rennsteig. Es gibt nämlich 220 mit der Bezeichnung und einer davon – 300 Kilometer lang – verläuft direkt vom Hauptrennsteig zum Rhein.
"Und dieser Rennsteig heißt ganz genau: "Thüringen – Hessen – Rhein – Wanderweg". Also wir wandern vom Inselsberg, über Hessen nach Heringen, dann bis zum Rhein. Enger – in der Nähe von Koblenz – ist das Ziel."
30 Kilometer pro Tag, zehn Etappen – Rennsteigvereine bieten die Touren an. Ein Stück davon kann man vom ersten Teil des Kammweges sehen. Der Blick schweift Richtung Hessen, hin zu einer weißen Bergkuppe, dem "Kali"-mandscharo, wie die Wanderer sagen, weil der Kali-Abraum dem Berg zum Spitznamen verhalf.
Wenn Hans-Joachim Voigtländer wandert, dann muss er auch oft an Julius von Plenkner denken. Es ist jener Mann, der 1860 den Rennsteig vermessen hat, angeblich in sechs Tagen und zu Fuß:
"Wobei ich persönlich denke, dass er gar nicht diese 168,3 Kilometer allein gelaufen ist, sondern auch mit Pferd zurückgelegt hat. Ich kann mir nicht vorstellen, dass einer in sechs Tagen eine Strecke vermisst und erwandert, die noch gar nicht existent ist. Er musste ja die Orientierung haben und das ist jetzt einfacher, wenn die Beschriftung da ist."
Aber ob zu Fuß oder nicht: Nach jenem Vermesser ist heute wenigstens ein Aussichtspunkt benannt.
"Der höchste Punkt des Rennsteiges in der Nähe vom Beer-Berg, da ist dieser Plenkners-Ausblick – der höchste Punkt."
Ganz genau ist der Rennsteig 168,3 Kilometer lang und wurde erstmals 1330 urkundlich erwähnt, obwohl man ihn bereits im 7. Jahrhundert so genannt haben soll, aber eben nicht auf einer Urkunde.
Das typische große "R" auf den Steinen am Wegesrand steht zwar für Rennsteig, sagt Hans-Joachim Voigtländer, aber es bedeutet eigentlich noch etwas anderes:
"In Waidmannsheil wurde 1869 der Rennsteigverein gegründet. Das ist in Franken in der Nähe von Steinbach am Wald. In dieser Gaststätte gab es eine Tochter, die hieß Mareile. Und die alten Herren, 1896, haben das Mädchen so lieb empfunden, sodass sie es Mareilchen genannt haben, sodass sie ihre Zeitschrift des Vereins so genannt haben: das Mareile. Also das "R" kommt von dem Mädchen Mareile."
Heute wandern hier Menschen aus ganz Deutschland. Auch aus den USA und Australien habe er schon Gäste getroffen, erzählt Hans-Joachim Voigtländer. Früher, vor der politischen Wende in der damaligen DDR, war der Weg fast überlaufen. Denn er war Teil des Internationalen Wanderweges von Eisenach nach Budapest:
"Und der begann auf der Wartburg und ging über den Rennsteig zum Schwarzatal weiter, Erzgebirge, Sächsische Schweiz, Böhmische Schweiz, Polen, bis nach Ungarn, über 2.000 Kilometer. Nach 1989 kamen viele vor allem aus dem Werratal-Verein, aber auch aus Hessen, aus Nordrhein-Westfalen sehr viele und Franken, die den Rennsteig erwandern wollten."
Wer heute den Kammweg entlang läuft, sieht noch die alten Markierungssteine, die sogenannten Dreiherren-Steine. 13 waren es einst. Elf sind noch vorhanden. Drei Herren hieß drei Grenzen, die da aneinander treffen.
Die Pfade jenseits des Kammweges sind für Experten die besten. Immerhin 220 kleine Rennsteige gibt es, der Rennweg der Hassberge ist für Hans-Joachim Voigtländer einer davon, den er besonders mag. Ebenso wie den Hainich-Rennstieg:
"Das ist auch ein sehr bekannter Rennsteig bei uns in der Nähe und läuft von Einrieden bei Mühlhausen bis Behringen."
Das Schönste ist, sagt Hans-Joachim Voigtländer, man begegnet immer wieder interessanten Menschen, so wie einem jungen Mann aus Halle, der die Sechs-Tages-Rennsteig-Etappe barfuß zurücklegen möchte.
"Es ist über 20 Grad, kein Problem."
Und die Steine auf dem Weg?
"- "Na, ein bisschen merke ich es schon, aber da laufe ich eben an der Seite."
- "Wenn sie Lust haben, schreiben sie mir mal ein Kärtchen.""
An der nächsten Ecke verteilt Hans-Joachim Voigtländer Tipps für eine Familie zur Einkehr mit Übernachtung. Denn an Werbung rundum hapert es manchmal, wenn Ehrenamtliche wie er nicht so aktiv wären.
Für Radfahrer ist es leichter geworden, am Rennsteig zu fahren, sagt ein Freizeitsportler aus dem Wartburgkreis. Er macht gerade Pause, denn das ständige Bergauf- und Bergab kostet Kraft:
"Für Fahrradfahrer gibt es hier einen speziellen Fahrweg neben dem eigentlichen Rennsteigwanderweg, den sollte man nutzen. Das ist sehr, sehr schön."
Übrigens: Vor zwei Jahren wurde der Rennsteig nochmals vermessen, sagt Hans-Joachim Voigtländer. 170 Kilometer sind es jetzt aktuell, so viel Genauigkeit muss sein.
"Wir verlassen jetzt den Rennsteig und gehen bis zum Bergwerkspfad, noch mal 300 Meter Umweg."
Das muss sein, denn es lohnt sich, sagt der Ortskundige:
"Und dieser Weg war verboten, es stand immer da wegen Unfallgefahr, Bergwerkspfad und so weiter – aber der Hauptgrund war: Hier ist genau das Grenzgebiet immer gewesen. Wir wären hier in Stedtfeld rausgekommen – habe mich also nicht getraut, früher da lang zu laufen."
Von 1961 bis 1989 war das tabu, erklärt Hans-Joachim Voigtländer. Die Karten endeten hier, die Wege auch – aber eben nur politisch. Drei Radfahrerinnen fragen nach dem Weg – es ist Etappe 1 der Rennsteigtour:
"- "Bis wohn fahren wir?"
- "Ebertswiese!""
Hans-Joachim Voigtländer zeigt den Weg auf der Karte:
"Das sind 34 Kilometer bis zum Kleinen Inselsberg. Und dann sind es noch mal 14 Kilometer. Also von Hörschel 44/48 Kilometer genau. Und das ist eine Naturwiese, wo ein wunderbarer Bergsee ist."
Die drei Brandenburgerinnen treten in die Pedale und fahren los. Zum Rennsteig gehört ein Stück vom Thüringer Wald, vom Thüringer Schiefergebirge und kurz davor ist der Frankenwald.
"Und da sind die Menschen von der Mentalität her doch etwas anders."
Mit Rucksack, Wasser und Karte im Gepäck zieht Hans-Joachim Voigtländer regelmäßig los. Einsam ist es nie im Wald, sagt er, auch, weil er mit vielen ins Gespräch kommt. Gerade ziehen zwei Wanderer aus Hannover an ihm vorbei. Etappe 1, erklären sie, sechs Tage sind geplant für den kompletten Kammweg:
"Machen wir durch. Gehen wir von Hörschel bis nach Blankenstein."
Kurz nach ihnen die nächsten Wanderer mit Mehrtagesrucksack, kariertem Hemd und festem Schuhwerk:
"Wir kommen aus Baden-Württemberg, aus Stuttgart, sogenannte Schwaben. Und haben jetzt heute angefangen in Hörschel und wollen jetzt durchlaufen die sechs Tage."
Es sind echte Profis, die bereits im Mount Everest - Baselager in Nepal waren. Und das Matterhorn der Schweiz kennen - jetzt also Thüringen:
"Wir wollten nicht so weit wegfahren. Und ich habe das schon öfter gelesen, Rennsteig, und dachte: Jetzt probieren wir's einfach. Das ist gemütlich."
Das ist auch die Devise von Hans-Joachim Voigtländer, wobei er klar macht: Rennsteig ist nicht gleich Rennsteig. Es gibt nämlich 220 mit der Bezeichnung und einer davon – 300 Kilometer lang – verläuft direkt vom Hauptrennsteig zum Rhein.
"Und dieser Rennsteig heißt ganz genau: "Thüringen – Hessen – Rhein – Wanderweg". Also wir wandern vom Inselsberg, über Hessen nach Heringen, dann bis zum Rhein. Enger – in der Nähe von Koblenz – ist das Ziel."
30 Kilometer pro Tag, zehn Etappen – Rennsteigvereine bieten die Touren an. Ein Stück davon kann man vom ersten Teil des Kammweges sehen. Der Blick schweift Richtung Hessen, hin zu einer weißen Bergkuppe, dem "Kali"-mandscharo, wie die Wanderer sagen, weil der Kali-Abraum dem Berg zum Spitznamen verhalf.
Wenn Hans-Joachim Voigtländer wandert, dann muss er auch oft an Julius von Plenkner denken. Es ist jener Mann, der 1860 den Rennsteig vermessen hat, angeblich in sechs Tagen und zu Fuß:
"Wobei ich persönlich denke, dass er gar nicht diese 168,3 Kilometer allein gelaufen ist, sondern auch mit Pferd zurückgelegt hat. Ich kann mir nicht vorstellen, dass einer in sechs Tagen eine Strecke vermisst und erwandert, die noch gar nicht existent ist. Er musste ja die Orientierung haben und das ist jetzt einfacher, wenn die Beschriftung da ist."
Aber ob zu Fuß oder nicht: Nach jenem Vermesser ist heute wenigstens ein Aussichtspunkt benannt.
"Der höchste Punkt des Rennsteiges in der Nähe vom Beer-Berg, da ist dieser Plenkners-Ausblick – der höchste Punkt."
Ganz genau ist der Rennsteig 168,3 Kilometer lang und wurde erstmals 1330 urkundlich erwähnt, obwohl man ihn bereits im 7. Jahrhundert so genannt haben soll, aber eben nicht auf einer Urkunde.
Das typische große "R" auf den Steinen am Wegesrand steht zwar für Rennsteig, sagt Hans-Joachim Voigtländer, aber es bedeutet eigentlich noch etwas anderes:
"In Waidmannsheil wurde 1869 der Rennsteigverein gegründet. Das ist in Franken in der Nähe von Steinbach am Wald. In dieser Gaststätte gab es eine Tochter, die hieß Mareile. Und die alten Herren, 1896, haben das Mädchen so lieb empfunden, sodass sie es Mareilchen genannt haben, sodass sie ihre Zeitschrift des Vereins so genannt haben: das Mareile. Also das "R" kommt von dem Mädchen Mareile."
Heute wandern hier Menschen aus ganz Deutschland. Auch aus den USA und Australien habe er schon Gäste getroffen, erzählt Hans-Joachim Voigtländer. Früher, vor der politischen Wende in der damaligen DDR, war der Weg fast überlaufen. Denn er war Teil des Internationalen Wanderweges von Eisenach nach Budapest:
"Und der begann auf der Wartburg und ging über den Rennsteig zum Schwarzatal weiter, Erzgebirge, Sächsische Schweiz, Böhmische Schweiz, Polen, bis nach Ungarn, über 2.000 Kilometer. Nach 1989 kamen viele vor allem aus dem Werratal-Verein, aber auch aus Hessen, aus Nordrhein-Westfalen sehr viele und Franken, die den Rennsteig erwandern wollten."
Wer heute den Kammweg entlang läuft, sieht noch die alten Markierungssteine, die sogenannten Dreiherren-Steine. 13 waren es einst. Elf sind noch vorhanden. Drei Herren hieß drei Grenzen, die da aneinander treffen.
Die Pfade jenseits des Kammweges sind für Experten die besten. Immerhin 220 kleine Rennsteige gibt es, der Rennweg der Hassberge ist für Hans-Joachim Voigtländer einer davon, den er besonders mag. Ebenso wie den Hainich-Rennstieg:
"Das ist auch ein sehr bekannter Rennsteig bei uns in der Nähe und läuft von Einrieden bei Mühlhausen bis Behringen."
Das Schönste ist, sagt Hans-Joachim Voigtländer, man begegnet immer wieder interessanten Menschen, so wie einem jungen Mann aus Halle, der die Sechs-Tages-Rennsteig-Etappe barfuß zurücklegen möchte.
"Es ist über 20 Grad, kein Problem."
Und die Steine auf dem Weg?
"- "Na, ein bisschen merke ich es schon, aber da laufe ich eben an der Seite."
- "Wenn sie Lust haben, schreiben sie mir mal ein Kärtchen.""
An der nächsten Ecke verteilt Hans-Joachim Voigtländer Tipps für eine Familie zur Einkehr mit Übernachtung. Denn an Werbung rundum hapert es manchmal, wenn Ehrenamtliche wie er nicht so aktiv wären.
Für Radfahrer ist es leichter geworden, am Rennsteig zu fahren, sagt ein Freizeitsportler aus dem Wartburgkreis. Er macht gerade Pause, denn das ständige Bergauf- und Bergab kostet Kraft:
"Für Fahrradfahrer gibt es hier einen speziellen Fahrweg neben dem eigentlichen Rennsteigwanderweg, den sollte man nutzen. Das ist sehr, sehr schön."
Übrigens: Vor zwei Jahren wurde der Rennsteig nochmals vermessen, sagt Hans-Joachim Voigtländer. 170 Kilometer sind es jetzt aktuell, so viel Genauigkeit muss sein.