Christoph Schmitz: Der neue Pritzker-Preisträger Wang Shu ist Chinese und damit der erste Pritzker-Preisträger seines Landes. 1963 wurde er geboren. Kunstmuseen und historische Museen hat er in China gebaut, Akademien, Wohnanlagen. Vor zwei Jahren wurde Wang Shu schon einmal in Deutschland ausgezeichnet, nämlich mit dem Preis der Erich-Schelling-Architekturstiftung. Der Vorsitzende der Stiftung, Wilfried Wang, ist selbst Architekt, er war im vergangenen Jahr noch bei Wang Shu in China. Wilfried Wang habe ich gefragt, was die Qualität von Wang Shu ausmacht?
Wilfried Wang: Ja die Qualität zeichnet sich besonders dadurch aus, dass er sowohl konzeptionell als auch philosophisch gewisse Grundkritiken an der derzeitigen Baupraxis übt, die sich dahin gehend auch geäußert hat, dass er den Bauschutt verschiedener alter Quartiere benutzt hat in seinen frühen Werken für seine neuen Bauten.
Schmitz: Dieser Schutt ist sichtbar. Also sieht man das Provisorische?
Wang: Man sieht die alten Ziegelsteine, die wieder benutzt werden, die dadurch auch eine gewisse malerische Qualität erreichen, und dadurch zeichnet sich sowohl die Handschrift des Architekten als auch des Handwerkers aus.
Schmitz: Das ist sein Stil, das Rohe, das noch Unbearbeitete mit sichtbar zu lassen. Und was die Gesamtform angeht?
Wang: Ja, man kann sagen, das zeichnet sein Frühwerk aus. Ich denke, dass eine gewisse Entwicklung sich auch abzeichnet, weil eben er diese Nachnutzung von Schutt sehr populär gemacht hat in China und mittlerweile die Kosten für altes Baumaterial dermaßen gestiegen sind, dass er dieses kaum noch mehr nutzen kann, also eine gewisse Ironie.
Schmitz: Würden Sie mal ein wichtiges Gebäude von ihm beschreiben, wie das insgesamt aussieht?
Wang: Er hat zum Beispiel für seine eigene Akademie in Hangzhou, eine der wichtigsten Akademien in China, einen ganzen Komplex errichtet für Architektur, Landschaftsgestaltung, Malerei und so weiter, und das sind Bauten, die aus unterschiedlichen Elementen bestehen, die sowohl Anklänge an die traditionelle chinesische Architektur aufweisen als auch Einflüsse aus dem Westen, also aus europäischer moderner Architektur. Und das sind alles sehr eigenständige Arbeiten, die sowohl eine Wurzel in der chinesischen Tradition aufzeigen als aber auch neue Wege gehen.
Schmitz: Seine Wege sind ja noch nicht bis nach Europa gelangt, bis auf einen kleinen Ausflug auf die Biennale von Venedig. Wie kommt das?
Wang: Ich denke, dass er durch seine Arbeitsweise sehr intensiv vor Ort tätig ist. Das heißt, es zeichnet sich besonders dadurch aus, dass er auch mit den Handwerkern intensiv gearbeitet hat, und das ist natürlich nicht einfach übersetzbar in eine Welt, die sehr hochtechnologisiert und mit CD-Dateien arbeitet. Er fertigt zum Beispiel seine Pläne alle selbst an, also mit Bleistift und so weiter, das ist alles ganz altmodisch.
Schmitz: Sind die Gebäude auch insofern altmodisch, als dass sie nicht hightechmäßig ausgestattet sind und nicht mit den supermodernen Materialien arbeiten?
Wang: Ja. Also in gewisser Weise ist natürlich auch das Klima dadurch in der Gegend, wo er arbeitet, in Shanghai und Hangzhou, prädestiniert, dass man sich eben nicht mit vielen Geräten auseinandersetzen muss. Das ist ja auch teilweise seine Wahl, eben nicht hoch klimatisierte Geräte in seine Bauten einzuplanen.
Schmitz: Haben Sie den Eindruck, dass mit dieser Preisentscheidung auch ein Blick auf eine Architektur, auf eine originäre eigenständige chinesische Architektur gelenkt werden könnte, die wir vielleicht zu wenig im Blick haben, weil wir immer der Auffassung sind, dass die europäischen, amerikanischen Architekten in China groß bauen?
Wang: Ja, ich denke, dass mit dem Pritzker-Preis in diesem Jahr auch eine Art Kritik sowohl an der westlichen Architektur, aber auch an der massiven Bauweise in China geäußert wird, und es ist schon bezeichnend, dass Wang Shu zu den kritischen Künstlern gehört, die im Kreise auch mit Ai Weiwei zusammenhängen. Das ist eine sehr interessante Entscheidung, auch zum Teil sehr mutige Entscheidung, die eben auch sehr politisch ist.
Schmitz: ... , sagt Wilfried Wang, Vorsitzender der Erich-Schelling-Architekturstiftung, über den neuen Pritzker-Preisträger Wang Shu.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Webseite des Pritzker-Preises für Architektur
Wilfried Wang: Ja die Qualität zeichnet sich besonders dadurch aus, dass er sowohl konzeptionell als auch philosophisch gewisse Grundkritiken an der derzeitigen Baupraxis übt, die sich dahin gehend auch geäußert hat, dass er den Bauschutt verschiedener alter Quartiere benutzt hat in seinen frühen Werken für seine neuen Bauten.
Schmitz: Dieser Schutt ist sichtbar. Also sieht man das Provisorische?
Wang: Man sieht die alten Ziegelsteine, die wieder benutzt werden, die dadurch auch eine gewisse malerische Qualität erreichen, und dadurch zeichnet sich sowohl die Handschrift des Architekten als auch des Handwerkers aus.
Schmitz: Das ist sein Stil, das Rohe, das noch Unbearbeitete mit sichtbar zu lassen. Und was die Gesamtform angeht?
Wang: Ja, man kann sagen, das zeichnet sein Frühwerk aus. Ich denke, dass eine gewisse Entwicklung sich auch abzeichnet, weil eben er diese Nachnutzung von Schutt sehr populär gemacht hat in China und mittlerweile die Kosten für altes Baumaterial dermaßen gestiegen sind, dass er dieses kaum noch mehr nutzen kann, also eine gewisse Ironie.
Schmitz: Würden Sie mal ein wichtiges Gebäude von ihm beschreiben, wie das insgesamt aussieht?
Wang: Er hat zum Beispiel für seine eigene Akademie in Hangzhou, eine der wichtigsten Akademien in China, einen ganzen Komplex errichtet für Architektur, Landschaftsgestaltung, Malerei und so weiter, und das sind Bauten, die aus unterschiedlichen Elementen bestehen, die sowohl Anklänge an die traditionelle chinesische Architektur aufweisen als auch Einflüsse aus dem Westen, also aus europäischer moderner Architektur. Und das sind alles sehr eigenständige Arbeiten, die sowohl eine Wurzel in der chinesischen Tradition aufzeigen als aber auch neue Wege gehen.
Schmitz: Seine Wege sind ja noch nicht bis nach Europa gelangt, bis auf einen kleinen Ausflug auf die Biennale von Venedig. Wie kommt das?
Wang: Ich denke, dass er durch seine Arbeitsweise sehr intensiv vor Ort tätig ist. Das heißt, es zeichnet sich besonders dadurch aus, dass er auch mit den Handwerkern intensiv gearbeitet hat, und das ist natürlich nicht einfach übersetzbar in eine Welt, die sehr hochtechnologisiert und mit CD-Dateien arbeitet. Er fertigt zum Beispiel seine Pläne alle selbst an, also mit Bleistift und so weiter, das ist alles ganz altmodisch.
Schmitz: Sind die Gebäude auch insofern altmodisch, als dass sie nicht hightechmäßig ausgestattet sind und nicht mit den supermodernen Materialien arbeiten?
Wang: Ja. Also in gewisser Weise ist natürlich auch das Klima dadurch in der Gegend, wo er arbeitet, in Shanghai und Hangzhou, prädestiniert, dass man sich eben nicht mit vielen Geräten auseinandersetzen muss. Das ist ja auch teilweise seine Wahl, eben nicht hoch klimatisierte Geräte in seine Bauten einzuplanen.
Schmitz: Haben Sie den Eindruck, dass mit dieser Preisentscheidung auch ein Blick auf eine Architektur, auf eine originäre eigenständige chinesische Architektur gelenkt werden könnte, die wir vielleicht zu wenig im Blick haben, weil wir immer der Auffassung sind, dass die europäischen, amerikanischen Architekten in China groß bauen?
Wang: Ja, ich denke, dass mit dem Pritzker-Preis in diesem Jahr auch eine Art Kritik sowohl an der westlichen Architektur, aber auch an der massiven Bauweise in China geäußert wird, und es ist schon bezeichnend, dass Wang Shu zu den kritischen Künstlern gehört, die im Kreise auch mit Ai Weiwei zusammenhängen. Das ist eine sehr interessante Entscheidung, auch zum Teil sehr mutige Entscheidung, die eben auch sehr politisch ist.
Schmitz: ... , sagt Wilfried Wang, Vorsitzender der Erich-Schelling-Architekturstiftung, über den neuen Pritzker-Preisträger Wang Shu.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Webseite des Pritzker-Preises für Architektur