Arndt Reuning: Wie wurde Amerika zum ersten Mal besiedelt? Diese Frage schien lange Zeit geklärt zu sein. Stämme aus dem heutigen Sibirien fanden vor ungefähr 13.000 Jahren ihren Weg über die damalige Landbrücke zwischen Asien und Amerika. Und sie nahmen den Kontinent in einer einzigen Welle in Besitz. So weit die etablierte Sicht. Doch dann tauchten immer mehr Hinweise auf, dass dieses Modell wohl doch etwas zu einfach sein müsse. Heute erscheint nun eine Studie im Fachblatt PLoS One, die sich auf Schädelformen von amerikanischen Ureinwohnern stützt und sagt, Amerika wurde in zwei Wellen besiedelt. Vor der Sendung habe ich mit einer der Mitautorinnen der Studie telefoniert, mit Professor Katarina Harvati von der Universität Tübingen. Ich wollte wissen: Welche Schädel sind denn in dieser Untersuchung miteinander verglichen worden?
Katerina Harvati: In unserer Studie haben wir verschiedene Hypothesen zur Besiedelung von Amerika untersucht und wir haben dafür mehrere Dutzend Schädel von vier archäologischen Fundstätten in Süd- und Zentralamerika analysiert, die zwischen 7000 und 11.500 Jahren alt sind. Wir haben diese Schädel mit circa 300 Schädeln von heutigen amerikanischen Ureinwohnern und mehr als 500 Schädeln aus Asien verglichen. Und die morphologischen Unterschiede zwischen den verschiedenen Gruppen haben wir dann hinsichtlich der Annahmen für die verschiedenen Besiedlungsszenarien Amerikas ausgewertet.
Reuning: Die morphologischen Unterschiede, also die Schädelformen, die Formen von bestimmten Merkmalen der Schädel. Zu welchem Ergebnis sind sie gekommen?
Harvati: Unsere Ergebnisse zeigen, dass diese Unterschiede zwischen den Schädeln der Palaöamerikaner und denen der heutigen amerikanischen Ureinwohner so groß sind, dass es unwahrscheinlich erscheint, dass die Besiedlung Amerikas ein einmaliges Ereignis gewesen ist.
Reuning: Das heißt, diese zwei Gruppen sprechen für eine doppelte Besiedlung. Könnte aber nicht einfach auch eine schnelle Evolution eine Anpassung an den neuen Lebensraum die Form der Schädel verändert haben?
Harvati: Ja, das war eine der Ideen, die wir getestet haben. Wir haben sowohl die Möglichkeit einer evolutiven Anpassung als auch die Anpassung an veränderte klimatische Bedingungen getestet. Und dabei hat sich gezeigt, dass die Faktoren die Annahme einer zweifachen Besiedlung Amerikas sogar noch wahrscheinlicher machen. Also ich räume ein, dass eine einfache Besiedlung aufgrund unserer Ergebnisse nicht vollkommen ausgeschlossen werden kann. Allerdings wären die festgestellten Unterschieden in der Schädelmorphologie mit einem solchen Szenario nur unter sehr speziellen Bedingungen in Einklang zu bringen. Und wenn eine Anpassung an andere Faktoren, außer dem Klima, dabei eine entscheidende Rolle gespielt hätte ... und natürlich stellt sich in diesem Fall die Frage, welche speziellen Bedingungen und Faktoren dies gewesen wären.
Reuning: Wird denn dieses Modell von zwei Besiedlungsfällen gestützt von genetischen Studien mit Erbmaterial von heute lebenden indigenen Bevölkerungsgruppen?
Harvati: Also die meisten genetischen Studien unterstützen die Annahme einer einmaligen Besiedlung. Aber einige neue Arbeiten haben Indizien für eine mehrfache Besiedlung Amerikas gefunden. Also natürlich müssen sowohl genetische wie auch morphologische Ergebnisse berücksichtigt werden, um eine Antwort zu finden.
Reuning: Könnte man die Antwort auch in der alten DNA in Schädeln und Skeletten finden?
Harvati: Das wäre natürlich sehr hilfreich. Leider hängt eine solche DNA-Analyse sehr stark vom Erhaltungszustand der Knochen ab und ist daher nicht immer möglich. Und bis jetzt waren DNA-Analysen an diesen Schädeln nicht erfolgreich. Aber wir hoffen, dass sich das in Zukunft ändern wird.
Katerina Harvati: In unserer Studie haben wir verschiedene Hypothesen zur Besiedelung von Amerika untersucht und wir haben dafür mehrere Dutzend Schädel von vier archäologischen Fundstätten in Süd- und Zentralamerika analysiert, die zwischen 7000 und 11.500 Jahren alt sind. Wir haben diese Schädel mit circa 300 Schädeln von heutigen amerikanischen Ureinwohnern und mehr als 500 Schädeln aus Asien verglichen. Und die morphologischen Unterschiede zwischen den verschiedenen Gruppen haben wir dann hinsichtlich der Annahmen für die verschiedenen Besiedlungsszenarien Amerikas ausgewertet.
Reuning: Die morphologischen Unterschiede, also die Schädelformen, die Formen von bestimmten Merkmalen der Schädel. Zu welchem Ergebnis sind sie gekommen?
Harvati: Unsere Ergebnisse zeigen, dass diese Unterschiede zwischen den Schädeln der Palaöamerikaner und denen der heutigen amerikanischen Ureinwohner so groß sind, dass es unwahrscheinlich erscheint, dass die Besiedlung Amerikas ein einmaliges Ereignis gewesen ist.
Reuning: Das heißt, diese zwei Gruppen sprechen für eine doppelte Besiedlung. Könnte aber nicht einfach auch eine schnelle Evolution eine Anpassung an den neuen Lebensraum die Form der Schädel verändert haben?
Harvati: Ja, das war eine der Ideen, die wir getestet haben. Wir haben sowohl die Möglichkeit einer evolutiven Anpassung als auch die Anpassung an veränderte klimatische Bedingungen getestet. Und dabei hat sich gezeigt, dass die Faktoren die Annahme einer zweifachen Besiedlung Amerikas sogar noch wahrscheinlicher machen. Also ich räume ein, dass eine einfache Besiedlung aufgrund unserer Ergebnisse nicht vollkommen ausgeschlossen werden kann. Allerdings wären die festgestellten Unterschieden in der Schädelmorphologie mit einem solchen Szenario nur unter sehr speziellen Bedingungen in Einklang zu bringen. Und wenn eine Anpassung an andere Faktoren, außer dem Klima, dabei eine entscheidende Rolle gespielt hätte ... und natürlich stellt sich in diesem Fall die Frage, welche speziellen Bedingungen und Faktoren dies gewesen wären.
Reuning: Wird denn dieses Modell von zwei Besiedlungsfällen gestützt von genetischen Studien mit Erbmaterial von heute lebenden indigenen Bevölkerungsgruppen?
Harvati: Also die meisten genetischen Studien unterstützen die Annahme einer einmaligen Besiedlung. Aber einige neue Arbeiten haben Indizien für eine mehrfache Besiedlung Amerikas gefunden. Also natürlich müssen sowohl genetische wie auch morphologische Ergebnisse berücksichtigt werden, um eine Antwort zu finden.
Reuning: Könnte man die Antwort auch in der alten DNA in Schädeln und Skeletten finden?
Harvati: Das wäre natürlich sehr hilfreich. Leider hängt eine solche DNA-Analyse sehr stark vom Erhaltungszustand der Knochen ab und ist daher nicht immer möglich. Und bis jetzt waren DNA-Analysen an diesen Schädeln nicht erfolgreich. Aber wir hoffen, dass sich das in Zukunft ändern wird.