Peter Kapern: Wer hätte das für möglich gehalten? Urplötzlich, nach jahrelangem Stillstand, scheint Bewegung zu kommen in die Verhandlungen über das iranische Atomprogramm. Der Westen glaubt, Teheran wolle eine Atombombe bauen, die iranische Regierung bestreitet das seit Langem, will aber keine Inspektionen seiner Atomanlagen zulassen. Das war der Stand bis vor wenigen Wochen.
Nun gibt es einen neuen Präsidenten im Iran und neue Gespräche und die Ankündigung Teherans, zu Zugeständnissen bereit zu sein. Die erste Verhandlungsrunde ging gestern in Genf zu Ende, Anfang November soll es weitergehen. Die Gespräche seien konstruktiv gewesen und hätten substanzielle Fortschritte gebracht, hieß es gestern in Genf.
Was das heißt, das hat mein Kollege Thielko Grieß gestern Abend Walter Posch gefragt, den Iran-Experten der Stiftung Wissenschaft und Politik.
Walter Posch: Na ja, da gibt es schon noch einige Sachen, die mehr werden müssen. Zum einen gehört dazu, dass man mehr über das ehemalige militärische Programm, für das es starke Hinweise gibt, dass da die volle Transparenz nicht nur in die Zukunft, sondern auch in die Vergangenheit geht. Das hat Gründe der allgemeinen Sicherheit, um zu wissen, ob da noch eine Möglichkeit wäre, das existierende Programm weiter zu militarisieren. Dennoch: Es muss wirklich hoch angerechnet werden und geschätzt werden, dass zum ersten Mal etwas Konkretes ist, mit dem man wirklich nun an einer gemeinsamen Grundlage arbeiten kann.
Thielko Grieß: Der iranische Präsident Rohani muss innenpolitisch ja denen, die an seinem Kurs zweifeln, nun auch relativ rasch zeigen, dass Verhandlungen dem eigenen Land, dem Iran nützen können. Schauen wir aber auf die Gegenseite, auf die 5+1-Gruppe. Dem gegenüber steht die ja weit weniger unter Zugzwang, oder täuscht dieser Eindruck?
Posch: Na ja, unter Zugzwang stehen irgendwie alle Seiten, wenn man eine wirkliche Lösung will. Man weiß ja die Knackpunkte, man weiß, wo die großen Probleme sind. Wann soll verhandelt werden, wenn nicht jetzt? Rohani hat seine Regierung im Griff, Rohani hat die Unterstützung des Revolutionsführers, die haben offensichtlich eine Arbeitsteilung. Für die ganz radikalen Leute erhebt dann der Revolutionsführer immer wieder mahnend den Finger, nicht zu sehr dem Westen entgegenzukommen. Aber es bleibt dabei: Rohani hat das volle Mandat, und dieser Kompromiss, den die iranischen Eliten beschlossen haben, der hält bestimmt ein Jahr. Danach wollen die und müssen sie wirklich Resultate sehen.
Und von westlicher Seite oder von der internationalen Gemeinschaft ist es so: Nicht, dass man sich zurücklehnen kann, aber man kann hergehen und sagen, gut, wenn wir jetzt einmal die erste Hürde im Nuklearen geschafft haben, dann können wir jetzt weiter dran gehen und in weiterer Folge uns überlegen, wie man eventuell an eine Lockerung der Sanktionen gehen kann.
Grieß: Schauen wir noch einmal kurz auf diese 5+1-Gruppe, Herr Posch. Das sind ja Länder, da sind Länder drin, etwa Russland, etwa China, etwa die Vereinigten Staaten, die außenpolitisch in anderen Fragen durchaus unterschiedliche Kurse fahren. Ist das in diesem Fall eigentlich anders? Gibt es eine Geschlossenheit?
Posch: Das ist ja eine schöne Frage, wie man dieses Problem jetzt betrachtet. Ich würde von einer E3+3-Gruppe sprechen, denn in der Tat ist das die Fortsetzung einer E3-Initiative. Deswegen ist ja auch die EU, also Madame Ashton ...
Grieß: E für Europäisch?
Posch: Für die Europäer. Und zwar noch bevor die EU draufgesprungen ist, haben die drei europäischen Führungsmächte - Frankreich, Deutschland, Großbritannien - die Initiative ergriffen und gezeigt, dass die EU handlungsfähig ist. Man hat danach die EU an Bord geholt, aber eben gezeigt, dass Diplomatie Sinn macht. Und alle anderen haben sich um diese Initiative, die von drei Staaten, von den drei europäischen Führungsmächten ausgegangen ist, geschart. Das ist jetzt ein stehendes Format, das funktioniert, und es beweist eben und es war diese Initiative, die es ermöglicht hat, dass China und Russland sich dem anschließen, weil man in einem Punkt ganz glasklar ist: Man will keinen Krieg gegen den Iran. Aber was man auch wirklich vermeiden will ist, dass die Iraner eines Tages mit einer Atomwaffenfähigkeit dastehen. Diesen Konsens, diesen Grundkonsens, den konnte man halten, und zwar entgegen allen anderen strategischen und politischen Gegensätzen, die man sonst hat. Das war eine große Leistung, die jetzt ein gutes Jahrzehnt diplomatischer Standard ist.
Kapern: Mein Kollege Thielko Grieß im Gespräch mit dem Politikwissenschaftler Walter Posch von der Stiftung Wissenschaft und Politik.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Nun gibt es einen neuen Präsidenten im Iran und neue Gespräche und die Ankündigung Teherans, zu Zugeständnissen bereit zu sein. Die erste Verhandlungsrunde ging gestern in Genf zu Ende, Anfang November soll es weitergehen. Die Gespräche seien konstruktiv gewesen und hätten substanzielle Fortschritte gebracht, hieß es gestern in Genf.
Was das heißt, das hat mein Kollege Thielko Grieß gestern Abend Walter Posch gefragt, den Iran-Experten der Stiftung Wissenschaft und Politik.
Walter Posch: Na ja, da gibt es schon noch einige Sachen, die mehr werden müssen. Zum einen gehört dazu, dass man mehr über das ehemalige militärische Programm, für das es starke Hinweise gibt, dass da die volle Transparenz nicht nur in die Zukunft, sondern auch in die Vergangenheit geht. Das hat Gründe der allgemeinen Sicherheit, um zu wissen, ob da noch eine Möglichkeit wäre, das existierende Programm weiter zu militarisieren. Dennoch: Es muss wirklich hoch angerechnet werden und geschätzt werden, dass zum ersten Mal etwas Konkretes ist, mit dem man wirklich nun an einer gemeinsamen Grundlage arbeiten kann.
Thielko Grieß: Der iranische Präsident Rohani muss innenpolitisch ja denen, die an seinem Kurs zweifeln, nun auch relativ rasch zeigen, dass Verhandlungen dem eigenen Land, dem Iran nützen können. Schauen wir aber auf die Gegenseite, auf die 5+1-Gruppe. Dem gegenüber steht die ja weit weniger unter Zugzwang, oder täuscht dieser Eindruck?
Posch: Na ja, unter Zugzwang stehen irgendwie alle Seiten, wenn man eine wirkliche Lösung will. Man weiß ja die Knackpunkte, man weiß, wo die großen Probleme sind. Wann soll verhandelt werden, wenn nicht jetzt? Rohani hat seine Regierung im Griff, Rohani hat die Unterstützung des Revolutionsführers, die haben offensichtlich eine Arbeitsteilung. Für die ganz radikalen Leute erhebt dann der Revolutionsführer immer wieder mahnend den Finger, nicht zu sehr dem Westen entgegenzukommen. Aber es bleibt dabei: Rohani hat das volle Mandat, und dieser Kompromiss, den die iranischen Eliten beschlossen haben, der hält bestimmt ein Jahr. Danach wollen die und müssen sie wirklich Resultate sehen.
Und von westlicher Seite oder von der internationalen Gemeinschaft ist es so: Nicht, dass man sich zurücklehnen kann, aber man kann hergehen und sagen, gut, wenn wir jetzt einmal die erste Hürde im Nuklearen geschafft haben, dann können wir jetzt weiter dran gehen und in weiterer Folge uns überlegen, wie man eventuell an eine Lockerung der Sanktionen gehen kann.
Grieß: Schauen wir noch einmal kurz auf diese 5+1-Gruppe, Herr Posch. Das sind ja Länder, da sind Länder drin, etwa Russland, etwa China, etwa die Vereinigten Staaten, die außenpolitisch in anderen Fragen durchaus unterschiedliche Kurse fahren. Ist das in diesem Fall eigentlich anders? Gibt es eine Geschlossenheit?
Posch: Das ist ja eine schöne Frage, wie man dieses Problem jetzt betrachtet. Ich würde von einer E3+3-Gruppe sprechen, denn in der Tat ist das die Fortsetzung einer E3-Initiative. Deswegen ist ja auch die EU, also Madame Ashton ...
Grieß: E für Europäisch?
Posch: Für die Europäer. Und zwar noch bevor die EU draufgesprungen ist, haben die drei europäischen Führungsmächte - Frankreich, Deutschland, Großbritannien - die Initiative ergriffen und gezeigt, dass die EU handlungsfähig ist. Man hat danach die EU an Bord geholt, aber eben gezeigt, dass Diplomatie Sinn macht. Und alle anderen haben sich um diese Initiative, die von drei Staaten, von den drei europäischen Führungsmächten ausgegangen ist, geschart. Das ist jetzt ein stehendes Format, das funktioniert, und es beweist eben und es war diese Initiative, die es ermöglicht hat, dass China und Russland sich dem anschließen, weil man in einem Punkt ganz glasklar ist: Man will keinen Krieg gegen den Iran. Aber was man auch wirklich vermeiden will ist, dass die Iraner eines Tages mit einer Atomwaffenfähigkeit dastehen. Diesen Konsens, diesen Grundkonsens, den konnte man halten, und zwar entgegen allen anderen strategischen und politischen Gegensätzen, die man sonst hat. Das war eine große Leistung, die jetzt ein gutes Jahrzehnt diplomatischer Standard ist.
Kapern: Mein Kollege Thielko Grieß im Gespräch mit dem Politikwissenschaftler Walter Posch von der Stiftung Wissenschaft und Politik.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.