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Wanna cry
Wie sich die Deutsche Welle gegen Cyberattacken schützt

"WannaCry" ist eine Schadsoftware, die weltweit für große Computerprobleme sorgt. Auch Medienhäuser führen den Kampf gegen die technischen Angriffe. Für die Deutsche Welle ist dies keine neue Geschichte.

Von Michael Borgers |
    Blick auf das Gebäude der Deutschen Welle in Bonn.
    Blick auf das Gebäude der Deutschen Welle in Bonn. (picture-alliance / dpa / Marius Becker)
    Ulf Bürger ist zufrieden. Die Frage, ob sein Haus schon einem Angriff von "WannaCry", dem aktuell vielleicht gefährlichsten Schadprogramm für Windows-Rechner erlegen ist, kann er verneinen:
    "Wenn wir überlegen, wir sind nun eine Rundfunkanstalt, die mit den unterschiedlichsten Nationen zu tun hat. Das heißt, die Leute reisen in unterschiedlichste Länder mit ihrem DW-Equipment, kommen mit diesen Daten, die sie da produziert haben und da am Netzwerk hingen und mit USB-Sticks gearbeitet haben und sonst irgendwas, wieder zurück. Und trotzdem haben wir noch nicht den Super-GAU gehabt."
    Politikern Daten entwenden
    Bürger ist IT-Sicherheitsbeauftragter der Deutschen Welle in Bonn. Und selbstverständlich ist seine Erfolgsmeldung nicht. Große Unternehmen auf der ganzen Welt fielen dem Computervirus bereits zum Opfer. Und "WannaCry" ist längst nicht die einzige Bedrohung: Hackern gelang es in den vergangenen Jahren immer wieder, auch Politikern Daten zu entwenden. Deutsche Sicherheitssysteme versagten vor zwei Jahren, als der Reichstag in Berlin angegriffen wurde. Eine erneute Attacke im Februar war erfolgreich abgewehrt worden, gab das Bundesamt für Informationstechnik, kurz BSI, Wochen später bekannt.
    Das BSI ist in Deutschland für Fragen der IT-Sicherheit zuständig, gibt technische Richtlinien vor, mit denen Behörden und Unternehmen ihre Abwehr verbessern können.
    Es geht um Informanten-Schutz
    "Allerdings wenn wir die eins zu eins umsetzen würden, dann wären wir hier nicht mehr arbeitsfähig. Das geht so leider nicht", sagt Ulf Bürger. Die Deutschen Welle müsse mehr Zugang zu Angeboten im Internet ermöglichen als viele andere Häuser. Journalisten recherchieren im weltweiten Netz, Grenzen dort würden ihre Arbeit massiv behindern. Und dabei sind Journalisten auch auf den Kontakt mit anderen angewiesen, Menschen, die beispielsweise über die Zustände in repressiven Regimen berichten. Diese Informanten zu schützen, ist eine der größten Herausforderungen:
    "Wir sind auch nicht 'ne Firma wie Coca Cola, die die geheime Formel im Keller hat. Bei uns geht es um Informanten-Schutz, Personenschutz generell. Denn die Nachrichten, die wir produzieren, mal ganz ehrlich, die sind dann ja auch online, die kann dann sowieso jeder lesen oder sehen."
    Aber was, wenn nicht? Wenn Seiten aus dem 30 Sprachen umfassenden Online-Angebot der Deutschen Welle in Ländern blockiert werden? Dann gibt es inzwischen auch andere Wege, die Inhalte an den User zu bringen, zum Beispiel über Soziale Netzwerke oder bekannte Videoportale. Versuche von Zensur zu umgehen - ein Thema, das das Haus schon lange begleitet.
    "Hier ist die Deutsche Welle mit den Sendern in der Bundesrepublik Deutschland"
    (O-Ton Altes Radio-Jingle der Deutschen Welle)
    "Von den Anfangsjahren '65, als ich angefangen habe, bis 2008 hat mich dieses Pausenzeichen immer begleitet. Jetzt ruft der Bruder seine Brüder."
    Peter Senger steht am ehemaligen Sitz der Deutschen Welle in Köln. Von dem Hochhaus aus, das bald abgerissen werden soll, hat er über Jahrzehnte für die Verbreitung des Programms gearbeitet, zuletzt als Verantwortlicher für die Sendetechnik des Auslandsrundfunks.
    Peter Senger war verantwortlich für die Sendetechnik der Deutschen Welle. (Deutschlandfunk / Michael Borgers)
    Peter Senger steht am ehemaligen Sitz der Deutschen Welle in Köln. Von dem Hochhaus aus, das bald abgerissen werden soll, hat er über Jahrzehnte für die Verbreitung des Programms gearbeitet, zuletzt als Verantwortlicher für die Sendetechnik des Auslandsrundfunks.
    Aus Jamming-Stationen wurden Sende-Stationen
    "Das war quasi in der Hochzeit des Kalten Krieges ein Mittel, hauptsächlich der Sowjetunion, auch Bulgariens, der Tschechoslowakei, Polens, Sendungen in der Landessprache so zu stören, dass sie im Land, im Zielgebiet nicht gehört werden konnten."
    "Jamming", also "Stören", so bezeichneten die Techniker den Versuch fremder Mächte einer Einflussnahme. Und reagierten, so schnell wie möglich, versuchten, über eine andere Frequenz zu sehen. Eine Art Hase- und Igel-Spiel.
    "Die schnellste Zeit, die sie brauchten, um wieder auf der neuen Frequenz zu sein mit ihren Sendern, war so 60 Sekunden, ging also verdammt schnell."
    Das Problem dabei: Manchmal dauerte es Tage, bis die Deutsche Welle überhaupt erst von den Störungen erfuhr.
    "Wir bekamen ja auch keinen direkten Rücklauf aus dem Zielgebiet. Wir mussten immer warten, bis jemand schrieb und uns mitteilte: Hier!"
    Jahre später, nach Ende des Kalten Krieges, wurden aus früheren Kontrahenten in der ehemaligen Sowjetunion plötzlich Partner, erinnert sich Peter Senger.
    "Und wir durften die Jamming-Stationen besichtigen – und haben unsere früheren Gegner mit Handschlag freundlich begrüßt und abends mit denen Wodka getrunken."
    Ironie der Geschichte: Aus den Jamming-Stationen wurden damals Sende-Stationen, technische Verlängerungen ins riesige Zielgebiet.
    "Der Rundfunk findet, physikalisch gesehen, immer einen Weg"
    Doch auch diese Zeiten sind inzwischen vorüber: Die Deutsche Welle setzt immer weniger auf Radio. Der ehemalige Chef-Techniker bedauert das. Er glaubt weiterhin an die Macht der Kurzwelle.
    "Der Rundfunk findet, physikalisch gesehen, immer einen Weg zum Zielgebiet. Aber im Internet kann jeder, der will, uns blockieren. Und das passiert ja heute nun in einigen Ländern."
    Gegen diese Angriffe kann auch Ulf Bürger nichts unternehmen. Und Cyberangriffe könnten ebenso wenig zu hundert Prozent verhindert werden, sagt der IT-Sicherheitsbeauftragte der Deutschen Welle in Bonn. Meist seien die Hacker einen Schritt voraus. Auch eine Art Hase- und Igel-Spiel. Deshalb sei es viel sinnvoller, sich mit Fragen wie diesen zu beschäftigen:
    "Was ist denn, wenn der Worst Case passiert? Wie bin ich da aufgestellt? Wie funktionieren meine Notfallmechanismen? Das ist, was uns vorantreibt und wir auf jeden Fall stark sein wollen."
    Und auch auf diesen Fall sei die Deutsche Welle vorbereitet, ist Bürger zuversichtlich – und lacht.