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Warme Stube mit Holz aus Afrika

In Berlin will der Energiekonzern Vattenfall bis 2017 zwei Biomasseheizkraftwerke bauen: Der Brennstoff soll in Form von kleingehackten Holzschnitzeln aus Afrika kommen. Ob das Sinn macht, wird in Berlin heiß diskutiert.

Von Andre Zantow |
    Peter Fuchs ist Umweltaktivist:

    "Wir dürfen als reiche Nord-Firmen und Akteure nicht einfach Rohstoffe einkaufen und uns nicht drum scheren, ob Menschen von ihren Flächen verdrängt werden, ob Menschen mit ihren Energiebedürfnissen in Entwicklungsländern nicht mehr selber genug Energie und Biomasse-Ressourcen haben."

    Sein Verein Power-Shift hat ein Fachgespräch organisiert, bei dem über den künftigen Energiemix in Berlin beraten wird.
    Noch sieht der klimafeindlich aus. Kohle, Gas und Öl machen weit über 90 Prozent aus. Doch das wollen Senat und der in Berlin verantwortliche Stromkonzern Vattenfall ändern.


    "Wir prüfen derzeit, wo Biomasse zur Mitverbrennung in Kohlekraftwerken genutzt werden kann. Und wir haben vor einem guten Jahr die Planung aufgelegt, Biomasse-Mono-Anlagen in Berlin zu errichten. Die werden im Jahr 2017 gebaut werden. Hintergrund ist folgender: Vattenfall hat sehr ambitionierte Klimaschutzziele. Wir wollen 2050 klimaneutral sein."

    Erneuerbare statt fossile Energie - das wäre für Vattenfall ein völlig neuer Weg in Deutschland, weiß auch Sprecher Reinhold Buttgereit. In Berlin soll das vor allem durch Biomasse geschafft werden. Nur wo soll der Brennstoff für die neuen Kraftwerke herkommen? Im Stadtstaat fallen nicht annähernd genug Pflanzenreste an. Deswegen hat Vattenfall überall auf der Welt gesucht und ist unter anderem in Liberia fündig geworden.


    "In Liberia haben sie seit vielen, vielen Jahrzehnten Gummibäume, die dort im Bürgerkrieg nicht mehr genutzt worden sind, die teilweise auch zu alt sind. Die dort defacto stehen ohne aktive Nutzung. Und Biomasse aus Liberia ermöglicht dem Land eine Entwicklungsmöglichkeit, schafft dort Arbeitsplätze und ermöglicht uns in Berlin, Kohle zu ersetzen."

    Liberia liegt im tropischen Regenwald in Westafrika. Hier wächst jegliche Vegetation besonders schnell. Deswegen ist es für Vattenfall ein perfekter Biomasse-Standort. Außerdem werden die Bäume der heimischen Kautschuk-Produktion nach 30 Jahren sowieso ausgemustert. Diese will Vattenfall abholzen lassen, zerkleinern und nach Berlin importieren. Wie sich allein der Transport auf die CO2-Bilanz auswirkt, ist noch nicht geklärt. Ein erster Vertrag wurde schon abgeschlossen.

    "Wir reden derzeit von einem Fünf-Jahresvertrag. Gesamtvolumen: eine Million Tonnen Biomasse aus Liberia. Laufzeit bis zum Jahr 2015."

    Der Handel mit Biomasse zwischen Liberia und Berlin birgt aber auch große Risiken.

    Marc Engelbrecht ist freier Journalist in Afrika und kennt die dortigen Verhältnisse. Er glaubt, dass sich der gewinnbringende Export von heimischem Holz negativ auf die eigene Energiewirtschaft auswirkt.


    "Das Problem ist natürlich: Liberia braucht dringend Energie. Liberia hat im Moment ein einziges Kraftwerk, das nur ein paar Megawatt produziert, wenn es denn gerade funktioniert. Nun gibt es aber die Konkurrenz durch den Export. Also wenn man Holzschnitzel nach Berlin exportiert, kann man damit mehr Geld machen, als wenn man sie in Liberia lässt. Da gibt es einen Nutzungskonflikt. Und das ist eines der großen Ängste, die viele Liberianer haben. Dass ihr Rohstoff nach Europa gebracht wird, hier genutzt wird und Liberia zum Schluss leer ausgeht."

    Marc Engelhardt kritisiert außerdem, dass Vattenfall durch sein Engagement die Plantagen-Wirtschaft in Liberia indirekt unterstützt.

    "Es gibt Kinderarbeit, es gibt wenige Arbeitsschutzmaßnahmen und es gibt vollkommen überzogene Zielvorgaben. Also es müssen Arbeiter von morgens bis nachts sieben Tage die Woche arbeiten. Kritiker sprechen von sklavenähnlichen Arbeitsverhältnissen. Und das ist mit Sicherheit etwas, was man nicht möchte. Auch nicht, wenn mit den Holzschnitzeln Kraftwerke in Berlin befeuert werden können."


    Zur Lösung des Konflikts hat Berlins Umweltsenatorin Lompscher jetzt ein Gutachten in Auftrag gegeben. Es soll klären, ob Vattenfalls Handeln auch nachhaltig ist. Ein Ergebnis wird noch in diesem Jahr erwartet.