Staatsleistungen
Warum der deutsche Staat die Kirchen mitfinanziert

In Deutschland sind Staat und Kirche im Grunde getrennt. Trotzdem zahlen die Bundesländer jedes Jahr mehrere hundert Millionen Euro an die Kirchen. Jetzt will die Bundesregierung die Ablösung der Staatsleistungen an die Kirchen auf den Weg bringen - noch in dieser Wahlperiode.

19.07.2024
    Eine Messdienerin hält im Berliner Dom einen Klingelbeutel.
    Die Kirchen in Deutschland finanzieren sich aus verschiedenen Quellen, eine davon sind die sogenannten Staatsleistungen. (picture alliance / dpa / Christophe Gateau)

    Warum bekommen die Kirchen Geld vom Staat?

    Die meisten dieser Staatsleistungen gehen zurück auf das Jahr 1803: Damals wurden zahlreiche Kirchengüter auf der rechten Rheinseite enteignet und verstaatlicht. Nutznießer waren deutsche Reichsfürsten, die damit für Gebietsverluste an Frankreich auf der linken Rheinseite entschädigt wurden. Die Fürsten verpflichteten sich im Gegenzug, den Kirchen regelmäßige Unterhaltszahlungen zu leisten.
    Diese "altrechtlichen" Staatsleistungen umfassen Geld- oder Sachmittel, in manchen Fällen aber auch die Übernahme der Besoldung von Bischöfen, Domherren und Zuschüssen zu Pfarrergehältern. Diese Zuwendungen wurden später von den deutschen Ländern übernommen, teils in pauschalierter, vereinfachter Form. Seit der Wiedervereinigung 1990 erhalten auch die Kirchen in Ostdeutschland wieder diese Zahlungen.

    Wie viel Geld bekommen die Kirchen vom Staat?

    Für die beiden großen Kirchen zusammen machen die Staatsleistungen jährlich etwa 600 Millionen Euro aus; davon gehen rund 60 Prozent an die evangelischen Landeskirchen. Die Beträge fallen dabei je nach Bundesland sehr unterschiedlich aus. Durch diese Staatsleistungen zahlen auch diejenigen Steuerzahler für Glaubensgemeinschaften, die damit gar nichts zu tun haben - und das werden Jahr für Jahr mehr.
    Diese historisch bedingten Zahlungen werden also von den Steuerzahlern aufgebracht. Darüber hinaus haben die Kirchen das Recht, von ihren Mitgliedern Beiträge ("Kirchensteuern") zu erheben. Diese werden über die staatlichen Finanzämter eingetrieben, wofür die Kirchen Gebühren zahlen. Im Jahr 2023 haben die beiden großen Kirchen in Deutschland knapp 12,5 Milliarden Euro an Kirchensteuern eingenommen.

    Warum will die Bundesregierung die Staatsleistungen an Kirchen ablösen?

    Das Grundgesetz enthält einen aus der Weimarer Reichsverfassung übernommenen Auftrag, diese Entschädigungszahlungen abzulösen. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Konstantin von Notz, sagte: "Es ist und bleibt im Interesse aller Beteiligten, der Länder wie auch der Kirchen, den Verfassungsauftrag nach weit über 100 Jahren endlich zu erfüllen."
    Möglich wäre dies etwa durch Einmal- oder Ratenzahlungen. Der Bund müsste die Rahmenbedingungen zur Ablösung gesetzlich regeln. Konkret über die Modalitäten verhandeln müssten jedoch die Länder, aus deren Haushalten die Zahlungen fließen.
    Der Beauftragte für Kirchen und Religionsgemeinschaften der SPD-Fraktion, Lars Castellucci, sieht noch einen weiteren Grund dafür, die Staatsleistungen an Kirchen abzulösen: "Auch angesichts der Kirchenaustritte können die Staatsleistungen auf lange Sicht immer weniger gerechtfertigt werden".
    Diese Nachricht wurde am 19.07.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.