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Warum der Pop mehr Kunst braucht
Die Inszenierung der Quallen

Der Hamburger Musiker Felix Kubin, der auch die Corso-Melodie komponiert hat, will mit dem Papiripar-Festival progressiven Pop fördern. Charts-Musik findet er nicht experimentell genug. In seiner Kindheit sei er vor allem durch ein Wirrwarr von Radiosendungen geprägt worden.

Fabian Elsäßer im Corsogespräch mit Felix Kubin | 16.10.2018
    Quallen in der Haichang Polar Ocean World in Tianjin im Norden Chinas.
    Das Papiripar-Festival steht im Zeichen der Qualle - unter anderem (imago / Li Ang)
    Missy Elliot ist eine Künstlerin, die für Felix Kubin Gegensätze vereint: Kunst und Pop, Experiment und Erfolg. Vergleichbare Künstlerinnen sind seiner Meinung nach in der kommerziellen Populärmusik viel zu selten. Popmusik sei zwangsläufig eher konservativ und brauche mehr künstlerischen Einfluss.
    Schießen Sie auf das Schlagzeug
    Das will Kubin ändern. Zusammen mit Florian Bräunlich hat er das im Oktober 2018 erstmals stattfindende Papiripar-Festival in Hamburg gegründet, das Popmusik progressiv weiterentwickeln soll. Konzerte, DJ-Auftritte, Kunst-Performance und Lesungen gehen fließend ineinander über und lösen so herkömmliche Aufführungspraktiken auf.
    Einer der Gäste ist der schwedische Komponist und Freejazz-Schlagzeuger Sven-Ake Johansson. Der 75-Jährige überwindet neben stilistischen auch tatsächliche Grenzen, indem er sein Schlagzeug von Weitem mit dem Luftgewehr "bespielt". Eine Idee, die Kubin begeistert: "Das schafft ein ganz neues Verständnis für Räumlichkeit".
    Wir haben noch länger mit Felix Kubin gesprochen - hören Sie hier die Langfassung des Corsogesprächs
    Wie ein schleimig-weißer Faden zieht sich außerdem die Gattung der Medusen durch das dreitägige Programm. Das Wissenschaftskünstlerduo "Quallen-Institut" würdigt die Qualle mit Vorträgen, "gelatinöse Soundwellen" und sogar ein interaktives Quallenmusical.
    Dass ausschließlich Künstler auftreten, die kaum oder nur Spezialisten bekannt sind, ficht den Festivalmacher nicht an. "Ich kann nicht die ganze Welt verändern, aber ich glaube, dass ich die Popmusik schon verändert habe", sagte er im Corsogespräch. Viele Zuhörer hätten ihm gesagt, dass sie durch ihn auf elektronische Musik aufmerksam geworden seien und jetzt selbst komponierten.
    Spätfolgen eines hysterischen Haushalts
    Kubins eigenes Hörverständnis wurde übrigens maßgeblich vom Radio geprägt. "Ich komme aus einem hysterischen Haushalt, in dem mindestens drei Radiogeräte mit unterschiedlichen Programmen gleichzeitig liefen". Nicht auszuschließen, dass das seine Karriere als Hörspielmacher befördert hat.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.