Afrika
Warum die Gewalt im Ostkongo eskaliert

Seit Tagen gibt es schwere Kämpfe im Osten der Demokratischen Republik Kongo. Hunderttausende Zivilisten wurden vertrieben, Millionen sind durch anrückende Rebellentruppen bedroht. Mehrere internationale Friedenssoldaten wurden getötet. Der UNO-Sicherheitsrat hat für heute ein Treffen zur Lage anberaumt. Ein Überblick.

    Zwei Soldaten schauen oben aus einem Fahrzeug heraus. Sie tragen beiden Maschinengewehre. Der vordere Soldat sieht sehr jung aus.
    Kongolesische Regierungstruppen in der Nähe der Stadt Koma. (Moses Sawasawa / AP / dpa )

    Wie ist die aktuelle Lage im Osten des Kongo?

    Im Osten des Kongo belagern Kämpfer der von Ruanda unterstützten Rebellengruppe M23 die Provinzhauptstadt Goma. In der Stadt in der Provinz Nord-Kivu sollen sich rund drei Millionen Menschen aufhalten, darunter auch viele Geflüchtete. Sie sind weitgehend umzingelt.
    Bei Gefechten zwischen den M23-Rebellen und der kongolesischen Armee in der Nähe von Goma wurden 13 Soldaten internationaler Friedenstruppen getötet. Die Regierungen Südafrikas, Malawis und Uruguays gaben am Samstag den Tod ihrer Soldaten bekannt.
    Nach Angaben der Vereinten Nationen spitzt sich die humanitäre Lage zu. Seit Jahresbeginn sind mehr als 400.000 Menschen vertrieben worden. Seit Mitte Januar seien mehrfach Bomben auf Flüchtlingslager abgeworfen worden, so ein Sprecher des Flüchtlingshilfswerks UNHCR. Die Folge der Angriffe: Zahlreiche Tote, Massenpanik und erneute Fluchtbewegungen.
    Menschen flöhen auch aus Sorge vor sexualisierter Gewalt, sagte eine Sprecherin des UNO-Büros für Menschenrechte. Bewaffnete Gruppen würden Frauen und Mädchen entführen, vergewaltigen und versklaven.

    Wer sind die Konfliktparteien - und welche Rolle spielt Ruanda?

    Die M23 sind eine militante Gruppe, die sich vor etwas mehr als zehn Jahren vom kongolesischen Militär abgespalten hat. Die Rebellengruppe wurde 2012 bekannt, als sie Goma schon einmal für eine Woche einnahm.
    Der Kongo, die USA und UNO-Experten werfen Kongos Nachbarland Ruanda vor, die M23 zu unterstützen. Laut UNO-Experten befanden sich im vergangenen Jahr 3.000 bis 4.000 ruandische Truppen im Kongo, die die Militäraktionen der M23 "de facto" kontrollierten, hieß es. Ruanda bestreitet die Vorwürfe.
    Am Freitag hat die Demokratische Republik Kongo alle diplomatischen Beziehungen zu Ruanda abgebrochen. Der Kongo hat seine Diplomaten bereits aus Ruanda abberufen und die ruandischen Behörden aufgefordert, die diplomatischen und konsularischen Aktivitäten in der kongolesischen Hauptstadt innerhalb von 48 Stunden einzustellen.
    Im vergangenen Jahr war ein für Mitte Dezember geplanter Friedensgipfel zwischen beiden Ländern zur Beendigung des Krieges geplatzt. Seitdem hatten sich Beziehungen immer weiter verschlechtert.

    Worum geht es in dem Konflikt?

    Der Konflikt reicht Jahrzehnte zurück in die Zeit des Völkermords in Ruanda. Seit April 1994 ermordeten Hutu-Milizen in Ruanda mindestens 800.000 ethnische Tutsi und gemäßigte Hutu. Mit dem Ende des Genozids flohen viele Beteiligte des Völkermordes über die Grenze nach Goma.
    Die Rebellengruppe M23 besteht überwiegend aus Tutsi. Auch der ruandische Präsident Kagame gehört dieser ethnischen Gruppe an. Die M23 und die ruandische Regierung behaupten, die Regierung des Kongo wolle die kongolesischen Tutsi auslöschen.

    Welche Rolle spielen Rohstoffe?

    Der Ostkongo verfügt über reiche Rohstoffvorkommen. Besonders wertvoll ist das Metall Coltan. Es spielt eine wichtige Rolle bei der Herstellung von Laptops, Smartphones oder den Batterien von Elektroautos. Die Demokratische Republik Kongo ist weltweit einer der wichtigsten Coltanproduzenten. In den von den M23-Rebellen eroberten Gebieten kontrollieren die Milizionäre den Abbau des Coltan.
    Die kongolesische Regierung hat dem rohstoffarmen Ruanda in der Vergangenheit mehrfach vorgeworfen, mit Hilfe der M23-Miliz an Rohstoffe gelangen zu wollen.

    Wie reagiert die internationale Gemeinschaft?

    UNO-Generalsekretär Guterres verurteilte den militärischen Vorstoß der M23-Rebellen in Richtung der Provinzhauptstadt Goma. Es bestehe die Gefahr eines umfassenden regionalen Krieges, warnte Guterres. Der UNO-Sicherheitsrat hat für heute ein Treffen zur Lage anberaumt.
    Neben der UNO forderten auch die Europäische Union und die Afrikanische Union die Rebellen und ihre Unterstützer zum sofortigen Ende der Gewalt auf. "Die EU verurteilt die militärische Präsenz Ruandas in der Demokratischen Republik Kongo aufs Schärfste. Diese Unterstützung für die Offensive der M23 durch die ruandischen Streitkräfte ist eine klare Verletzung des Völkerrechts, der UNO-Charta und der territorialen Integrität der Demokratischen Republik Kongo", teilte die EU-Außenbeauftragte Kallas mit. 
    Diese Nachricht wurde am 26.01.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.