Nahost
Was über die Tötung von Hamas-Führer Hanija bekannt ist

Der Auslandschef der palästinensischen Terrorgruppe Hamas, Ismail Hanija, ist bei einer Attacke in Teheran getötet worden. Die Islamisten-Organisation und der Iran haben dies bestätigt. Palästinenser-Präsident Abbas sprach von einer "äußerst gefährlichen Entwicklung". Was zum jetzigen Zeitpunkt bekannt ist.

    Ismail Hanija, Chef der radikalislamischen Hamas
    Hamas-Chef Hanija getötet (Archivbild) (dpa/ Wissam Nassar)

    Wie kam Hanija ums Leben?

    Nach Angaben der Hamas gab es einen Angriff auf eine Residenz in Teheran, in der sich Hanija aufgehalten hatte. Er habe vor seinem Tod an der Zeremonie zur Vereidigung des iranischen Präsidenten Peseschkian teilgenommen, hieß es. Ursache und Ausmaß des Vorfalls würden untersucht, die Ergebnisse später bekanntgegeben.
    Die israelische Tageszeitung "Haaretz" meldete, das Gebäude, in dem sich Hanija aufhielt, sei von einem Marschflugkörper getroffen worden. Nach Angaben der iranischen Revolutionsgarde kam neben Hanija auch einer seiner Leibwächter ums Leben.

    Wer ist für die Tötung verantwortlich?

    Die Hamas machte Israel für die Tat verantwortlich. Sie prach von einem "verräterischen zionistischen Angriff" auf Hanijas Haus in Teheran. Als zionistisches Regime bezeichnet die Hamas üblicherweise Israel, dem sie das Existenzrecht als Staat absprechen. Auch die Führung im Iran machte Israel für den Angriff verantwortlich.
    Die Hamas und der Iran gaben auch den USA eine Mitverantwortung. Laut Außenminister Blinken waren die USA an der Tötung aber nicht beteiligt und hatten vorab auch keine Kenntnis von den Plänen.

    Wie äußert sich Israel?

    Die israelische Regierung will sich zum Tod Hanijas nicht äußern. Israel fühle sich den Verhandlungen für eine Waffenruhe im Gazastreifen verpflichtet und strebe eine Vereinbarung zur Freilassung der israelischen Geiseln an, hieß es nur.
    Die Regierung hatte aber angekündigt, Hanija und andere Hamas-Führer für den Terrorangriff auf das Land am 7. Oktober zu töten, bei dem etwa 1.200 Menschen ermordet und rund 250 weitere als Geiseln verschleppt wurden.
    Zwei der rechtsnationalen israelische Minister reagierten mit Genugtuung. Hanijas Tod mache die Welt ein bisschen besser, schrieb der Minister für das Kulturerbe, Elijahu. Eine ähnliche Äußerung kam vom Diasporaminister Chikli.

    Wie fallen die Reaktionen aus?

    Palästinenser-Präsident Abbas sprach von einer "äußerst gefährlichen Entwicklung". Auch die Regierungen mehrerer Länder haben sich zu dem tödlichen Angriff geäußert. Der neue iranische Präsident Peseschkian kündigte Vergeltung an. Irans geistliches Oberhaupt, Chamenei drohte Israel mit einer harten Bestrafung.
    Bundesaußenministerin Baerbock mahnte zur Besonnenheit. Sie rufe alle Beteiligten dazu auf, sich zurückzuhalten und die Lage im Sinne der Menschen in der Region zu deeskalieren. Jede Entscheidung, die jetzt getroffen werde, könne zur Entspannung führen oder weiter Öl ins Feuer gießen, betonte die Grünen-Politikerin. Die Chance auf einen Waffenstillstand zwischen Israel und der Terrororganisation Hamas und auf eine Freilassung der israelischen Geiseln dürfe nicht verspielt werden. Auch das Emirat Katar warnte vor einer gefährlichen Entwicklung.
    Das russische Außenministerium sprach laut Staatsmedien von einem politischen Mord. Von türkischer Seite hieß es, der Angriff auf Hanija zeige, dass Israels Ministerpräsident Netanjahu keine Absicht habe, Frieden zu erreichen. Der Irak warnte, die Tötung bedrohe die Stabilität in der Region. Es handele sich um einen "eklatanten Verstoß gegen das Völkerrecht und eine Bedrohung für die Sicherheit und Stabilität in der Region", hieß es aus dem Außenministerium in Bagdad.

    Welche Rolle nahm Hanija ein?

    Hanija, der normalerweise in Katar lebte, wurde 2017 an die Spitze der Hamas berufen und pendelte zwischen der Türkei und Katars Hauptstadt Doha. Dadurch entging er den Reisebeschränkungen im abgeriegelten Gazastreifen und konnte als Unterhändler bei Waffenstillstandsgesprächen auftreten oder mit dem Hamas-Verbündeten Iran verhandeln. Trotz seiner harten Rhetorik in der Öffentlichkeit wurde Hanija im Vergleich zu den Hardlinern der Hamas im Gazastreifen eher als Realpolitiker und Pragmatiker angesehen.
    Der Tod des 62-Jährigen dürfte die Bemühungen um eine Vereinbarung zur Freilassung der israelischen Geiseln sowie zu einer Waffenruhe im Gazastreifen erheblich erschweren. Hanija galt als zentraler Ansprechpartner bei den indirekten Verhandlungen mit den USA, Ägypten, Katar und Israel.
    Diese Nachricht wurde am 31.07.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.