Ukraine-Einsatz
Was das neue NATO-Hauptquartier in Wiesbaden leisten soll

Die NATO will ihre Waffenhilfen und Ausbildungsaktivitäten für die Ukraine künftig von Deutschland aus koordinieren. Als Standort sei die hessische Landeshauptstadt Wiesbaden vorgesehen, teilte Generalsekretär Stoltenberg nach einem Treffen der Verteidigungsminister in Brüssel mit.

    Zu sehen ist eine US-Militärtransportmaschine auf dem Flugfeld in Wiesbaden. Ein Jeep wird ausgeladen. Im Vordergrund steht ein Soldat.
    Am US-Stützpunkt in Wiesbaden entsteht ein neues NATO-Hauptquartier zur Unterstützung der Ukraine (Symbolbild). (imago images / ZUMA Wire / U.S. Army via www.imago-images.de)
    Der Operationsplan war zunächst vom Nordatlantikrat im schriftlichen Verfahren beschlossen worden. Er wurde heute von den Verteidigungsministern des Militärbündnisses bestätigt. 

    Welche Aufgaben übernimmt das neue NATO-Kommando?

    NATO-Generalsekretär Stoltenberg sagte, von Wiesbaden aus würden in Zukunft die Ausbildung ukrainischer Soldaten durch Verbündete überwacht, die Militärhilfen der Partnerländer koordiniert, der Transfer und die Reparatur von Ausrüstung verwaltet und die langfristige Entwicklung der ukrainischen Streitkräfte gefördert. Der Norweger sprach davon, dass fast 700 Personen aus NATO-Staaten und Partnerländern an dem Kommando beteiligt sein sollen.
    Oberste Zuständigkeit hat nach Stoltenbergs Worten ein Drei-Sterne-General, der dem Oberbefehlshaber der NATO-Truppen in Europa untersteht. Im östlichen Teil des Bündnisgebiets sollen zudem Logistik-Knotenpunkte entstehen. Details dazu nannte Stoltenberg nicht.

    Wie heißt das neue NATO-Projekt?

    Das neue Projekt wird derzeit bündnisintern als "NATO Security Assistance and Training for Ukraine" (NSATU) bezeichnet. Die meisten NATO-Staaten hatten sich zuvor eigentlich für den Namen "NATO Mission Ukraine" ausgesprochen. Die Bundesregierung vertrat allerdings den Standpunkt, dass dieser irrtümlich so verstanden werden könnte, dass das Bündnis Soldatinnen und Soldaten in die Ukraine schicken wolle. Sie befürchte deswegen, dass der Name von Russland für Propaganda gegen die Allianz genutzt werden könnte.

    Wer koordiniert bisher die Unterstützung für die Ukraine?

    Bislang organisieren die USA in der sogenannten Ramstein-Gruppe federführend die internationale Militärhilfe für die Ukraine. Die Vereinigten Staaten hatten dafür Ende 2022 im Europa-Hauptquartier der US-Streitkräfte in Wiesbaden eine rund 300 Soldaten starke Einheit mit dem Namen Security Assistance Group-Ukraine (SAG-U) aufgebaut. Das neue NATO-Hauptquartier soll am US-Stützpunkt in der hessischen Landeshauptstadt angesiedelt werden.
    Es gilt auch als Vorkehrung für den Fall einer möglichen Rückkehr von Donald Trump ins US-Präsidentenamt. Äußerungen des Republikaners hatten in der Vergangenheit Zweifel daran geweckt, ob die USA die Ukraine unter seiner Führung weiter so wie bisher im Abwehrkrieg gegen Russland unterstützen werden. Im Bündnis wird befürchtet, dass von einem politischen Kurswechsel in Washington auch die Koordinierung von Waffenlieferungen und Ausbildungsaktivitäten für die ukrainischen Streitkräfte betroffen sein könnte. 

    Beteiligen sich alle NATO-Mitgliedsstaaten?

    Nicht beteiligen wird sich Ungarn an dem neuen NATO-Projekt. Die Regierung von Ministerpräsident Orban befürchtet, dass das Bündnis in eine direkte Konfrontation mit Russland getrieben werden könnte. Um dafür zu sorgen, dass Ungarn nicht den notwendigen Konsens für das Projekt verhindert, wurde dem Land zugesichert, dass es sich weder finanziell noch personell beteiligen muss.

    Wie geht es weiter?

    Auf Grundlage des vereinbarten Operationsplans können nun die weiteren Vorbereitungen für das Projekt erfolgen. Offiziell gestartet werden soll es im Idealfall im Juli, wenn Bundeskanzler Scholz (SPD) und die anderen 31 Staats- und Regierungschefs der NATO-Staaten in Washington zu einem Gipfeltreffen zusammenkommen.
    Diese Nachricht wurde am 14.06.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.