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Was die Kirchen für den Klimaschutz tun
Kann denn Heizen Sünde sein?

Die Kirchen mahnen die Bewahrung der Schöpfung an, tun sich aber schwer damit, diesen Anspruch selbst umzusetzen. In den meisten Kathedralen, Kapellen und Pfarrsälen stehen Öl- oder Gasheizungen. Einige Bistümer und Landeskirchen haben sich nun ehrgeizige C02-Ziele gesetzt.

Von Michael Hollenbach |
Heizungsthermostat mit CO2-Preisschild
Warme Worte: Beide Kirchen haben sich Klimaziele gesetzt (imago / Christian Ohde)
Papst Franziskus hatte 2015 vorgelegt: mit seiner visionären Umwelt-Enzyklika Laudato Si. Doch erst im vergangenen Jahr haben die deutschen Bischöfe die päpstliche Linie aufgegriffen und zehn Thesen zum Klimaschutz vorgestellt. Darin heißt es:
Will Kirche glaubhaft sein, dann muss sie gerade beim Klimaschutz mit gutem Beispiel vorangehen: Sie übersetzt damit den biblischen Auftrag des treuhänderischen Umgangs mit Gottes guter Schöpfung in die Praxis.
Doch mit der Umsetzung dieses Anspruchs tun sich beide Kirchen schwer. Seit Jahrzehnten wird darüber diskutiert, vor Ort in den Gemeindehäusern Energie einzusparen; es gibt in einigen Bistümern, Landeskirchen und Gemeinden durchaus ambitionierte Klimaschutzprojekte, doch der große Wurf ist bislang ausgeblieben.
Die Lehrschrift als gedrucktes Buch.
Die Umwelt-Enzyklika von Papst Franziskus trägt den Titel "Laudato si" (Sei gepriesen) (AFP / Vincenzo Pinto)
Nun hat das Erzbistum Freiburg - als erste Diözese in Deutschland – das Ziel ausgegeben, bis 2030 klimaneutral zu werden. Das größte CO2-Einsparpotential: die Sanierung der Gebäude und die Umrüstung der Heizungsanlagen. 63.000 Tonnen CO2 verbraucht das Erzbistum jährlich. Noch mehr sind es in der evangelischen Landeskirche Hannovers: rund 80.000 Tonnen pro Jahr. Der CO2-Ausstoß kommt zu rund drei Viertel aus den rund 9.000 Gebäuden – inklusive der Kirchen und Kapellen.
Eher finanzielle als ökologische Entscheidungskriterien
Dreckschleudern sind hier oft die alten, mit Öl und Gas befeuerten Heizungen. Noch immer sind mehr als 90 Prozent der eingesetzten Energieträger fossiler Herkunft. Wenn man kirchlicherseits den CO2-Ausstoß in den kommenden zehn bzw. 20 Jahren drastisch senken will, muss man heute auf erneuerbare Energien umstellen. Ulrike Wolf ist Klimaschutzmanagerin der hannoverschen Landeskirche:
"Diese Heizungssysteme einzubauen muss jetzt passieren. Auch wenn man erst das Ziel hat, 2050 klimaneutral zu sein. Es dauert unglaublich lang, bis man mit dem Heizungsaustausch durch ist."
Das gleiche gilt beim Thema Wärmedämmung. Doch auch hier entscheiden die meisten Gemeinden eher nach finanziellen als nach ökologischen Kriterien: "Es lohnt sich dann, diese Maßnahmen durchzuführen, wenn es sich amortisiert über die Lebensdauer des Gebäudeteils", sagt Wolf. Zum Beispiel: neue Fenster fürs Gemeindehaus werden in der Regel nur eingebaut, wenn die Heizungskosten damit deutlich gesenkt werden können.
Ein spezielles Problem stellen die Kirchengebäude dar. Fenster oder andere Dämmungsmaßnahmen können hier aus Denkmalschutzgründen oft nicht durchgeführt werden. Die Heizungsanlage einmal pro Woche für den Gottesdienst hochzupowern, ist – aus der Perspektive des Klimaschutzes betrachtet – eine Sünde. Ökologisch sinnvoll wäre – was manchmal geschieht – die Kirche auch wochentags zu nutzen: als Gemeinde zentrum oder für andere Gruppen.
E-Fahrzeuge in Sozialstationen
Der Klimaschutz genießt – noch – keine Priorität. Denkbar wäre – wie in Kommunen, die einen Klimanotstand ausgerufen haben – ein Klimaschutzvorbehalt bei allen Entscheidungen. Die Kirchenleitungen geben aber eher Anregungen, zeigen die Richtung an – wie im Erzbistum Freiburg. Hier steht ebenfalls die Gebäude und Heizungssanierung ganz oben auf der Agenda. Aber es geht auch um das Thema Mobilität, sagt Benedikt Schalk, Referatsleiter für Energie und Umwelt im Erzbischöflichen Ordinariat:
"Zum Beispiel haben wir bei uns mit elektrisch mobil ein Pilotprojekt gemacht mit E-Fahrzeugen in Sozialstationen; das hat auch aufgezeigt, was sind die Vor- und die Nachteile von Elektromobilität."
Im Nahbereich – zum Beispiel bei der ambulanten Pflege von Caritas und Diakonie – macht es durchaus Sinn, auf Elektrofahrzeuge zu setzen. So hat das Erzbistum Freiburg beim letzten Flottenwechsel von 53 Dienstwagen 17 Elektroautos angeschafft. Allerdings sei die Versorgung mit Ladestationen noch immer schwierig. Und ökologisch sinnvoll seien E-Autos ohnehin nur, wenn sie mit Öko-Strom geladen würden, betont Benedikt Schalk. Er weiß, dass das Ziel, bis 2030 eine Klimaneutralität im Erzbistum Freiburg zu erreichen, sehr ambitioniert ist. Umzusetzen sei das auch nur mit Ausgleichszahlungen: dass man in Projekte finanziert wie die kirchliche "Klimakollekte", die beispielsweise über Baumpflanzaktionen CO2-Sünden ausgleicht.
Landesbischof Ralf Meister lächelt am 05.05.2017 vor Beginn der Frühjahrstagung der Synode der evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers im Henriettenstift in Hannover (Niedersachsen) in die Kamera.
Der Landesbischof von Hannover, Ralf Meister. (picture alliance/dpa - Silas Stein)
Ralf Meister, Bischof der hannoverschen Landeskirche, würde sich schnellere Veränderungen beim Klimaschutz wünschen. So könne die Landeskirche zwar einen gewissen Druck auf die Kirchengemeinden erzeugen: "Eine Landeskirche hat auch Möglichkeiten durch ein Klimaschutzgesetz, verpflichtende Regularien für Kirchengemeinden zu formulieren, an die sie sich halten müssen. Wenn sie das nicht tun, würden sie weniger Finanzmittel bekommen." Aber der Bischof wünscht sich mehr als nur Empfehlungen zum gemeindlichen Einsatz regenerativer Energien: "Wie lange will man Gemeinden empfehlen, dass sie regenerative Energien nutzen? Braucht es da nicht klare Vorgaben, dass es verpflichtend ist, dass man diesen Wechsel jetzt forcieren muss?"
Eine rhetorische Frage, auf die die jeweiligen Synoden eine Antwort geben müssen. Und auch die katholische Kirche weiß um die eigenen Versäumnisse. So erklärten die deutschen Bischöfe in ihren Handlungsempfehlungen zum Klimaschutz vor einem Jahr:
"Der Kirche ist bewusst, dass ihr eigenes Klimaschutz-Handeln bislang teilweise hinter dem Möglichen und Nötigen zurückbleibt."