Entscheidung im Bundesrat
Was die Krankenhausreform für Patienten und Kliniken bedeutet

Die Krankenhausreform ist ein Projekt der zerbrochenen Ampel-Regierung. Sie wurde noch mit deren Stimmen im Bundestag verabschiedet. Mittlerweile hat der Bundesrat den Weg dafür frei gemacht. Wir fassen die wichtigsten geplanten Änderungen der Reform zusammen - und was sie für Patientinnen und Patienten bedeuten.

    In einem Krankenhaus richten eine Pflegerin und Pfleger ein Intensivbett her.
    Mit der Krankenhausreform soll die Kliniklandschaft auf eine neue ökonomische Grundlage gestellt werden – die Länder befürchten Versorgungsengpässe. (picture alliance / dpa / Rolf Vennenbernd)
    Zustimmungsbedürftig war das Vorhaben in der Länderkammer nicht. Sie hätte aber den gemeinsamen Vermittlungsausschuss mit dem Parlament anrufen und die Umsetzung vorerst stoppen können. Prinzipiell hätte dann versucht werden können, einen Kompromiss zu finden - wegen unklarer Mehrheiten im Bundestag und der Neuwahl am 23. Februar aber unter heiklen Vorzeichen. Dazu kommt es nun nicht. Bei der Abstimmung kam ein Antrag auf Anrufung des Vermittlungsausschusses nicht auf die nötige Mehrheit.

    Vergütung

    Kern der Reform ist ein neues Vergütungssystem. Bisher finanzieren sich die Krankenhäuser weitgehend über Fallpauschalen. Das heißt, sie bekommen pro Behandlungsfall, beziehungsweise Patientin oder Patient, einen pauschalen Euro-Betrag. Künftig sollen Kliniken bis zu 60 Prozent der Vergütung für das Vorhalten von Leistungen erhalten. Dazu zählen zum Beispiel Personal, eine Notaufnahme oder notwendige Medizintechnik. Dadurch soll unter anderem verhindert werden, dass die Häuser medizinisch unnötige Operationen aus Umsatzgründen durchführen.

    Mehr Spezialisierung

    Grundlage der Finanzierung durch die Krankenkassen sollen genauer definierte Leistungsgruppen sein – also etwa "Kardiologie" statt grobe Bezeichnungen wie "Innere Medizin". Die Leistungsgruppen enthalten einheitliche Qualitätsvorgaben etwa bei der Ausstattung, bei Personal und Behandlungserfahrungen. Ziel ist es, dass zum Beispiel Krebsbehandlungen nur noch in Kliniken mit entsprechender Expertise durchgeführt werden. Welches Krankenhaus künftig welche Leistungsgruppen anbieten darf, entscheiden die Behörden der Länder.

    Neue Rolle für kleine Krankenhäuser

    Kleinere Krankenhäuser auf dem Land sollen künftig weniger Leistungen anbieten und sich auf jene Eingriffe beschränken, die sie gut beherrschen. Sie könnten so zu einer Art Gesundheitszentrum werden, wo Ärztinnen und Ärzte weniger aufwendige Eingriffe durchführen. Für kompliziertere Eingriffe und Behandlungen müssen Betroffene daher unter Umständen längere Wege zu einer Klinik in Kauf nehmen.

    Neue Regeln für Fachärzte

    Einige Krankenhäuser dürfen künftig auch ambulante Facharztbehandlungen anbieten - und zwar dann, wenn in einer Region kein entsprechender Facharzt vorhanden ist oder sich keiner niederlassen möchte. Der mancherorts weite Weg in eine Fachpraxis entfällt damit.

    Erreichbarkeit

    Die Reform sieht vor, dass Kliniken mit Abteilungen für Innere Medizin und Allgemeine Chirurgie für jeden Bürger in maximal 30 Minuten Auto-Fahrzeit erreicht werden müssen. Alle anderen Krankenhäuser müssen in mindestens 40 Pkw-Fahrminuten erreichbar sein.

    Werden Krankenhäuser schließen?

    Ja. Aus Sicht von Bundesgesundheitsminister Lauterbach gibt es bereits jetzt nicht genug Personal für die aktuell 1.719 Krankenhäuser in Deutschland. Viele Kliniken schrieben rote Zahlen und seien von Insolvenz bedroht. Mit der Reform will der SPD-Politiker das Kliniksterben nach eigenen Angaben begrenzen. Aus Sicht vieler Bundesländer und der Deutschen Krankenhausgesellschaft beschleunigen die Pläne dagegen das Aus vieler Standorte. Sie fürchten um die Versorgungssicherheit auf dem Land.

    Wie viel kostet die Reform?

    Für die Krankenhausreform soll ein Transformationsfonds mit einem auf zehn Jahre berechneten Gesamtvolumen von 50 Milliarden Euro errichtet werden. Er soll je zur Hälfte von Bund und Ländern finanziert werden. Der Bund will seinen Anteil allerdings aus dem Gesundheitsfonds der Krankenkassen finanzieren. Dagegen könnten die Kassen klagen. Auch der Bundesrechnungshof hat Einwände. Die Organisation der Gesundheitsversorgung sei staatliche Pflichtaufgabe und Sache der Steuerzahler und nicht der Beitragszahler, argumentieren die Finanzexperten.

    Was sagen Krankenhäuser und Patientenvertreter?

    Die Deutsche Krankenhausgesellschaft warb noch kurz vor der Abstimmung für ein Anrufen des Vermittlungsausschusses. "Wir wollen und brauchen eine Reform, aber eine richtige, die die Versorgung verbessert und nicht absehbar verschlechtert", sagte Verbandschef Gaß. Der Verband der Universitätskliniken warnte vor fatalen Folgen eines Scheiterns: kein geordneter Strukturwandel, keine bessere Medizin und keine kurzfristigen Finanzmittel. Der Sozialverband VdK rief dazu auf, das Gesetz zu billigen. Gar keine Reform bedeute, dass willkürliche Schließungen drohten. Die Deutsche Stiftung Patientenschutz erklärte, die Anforderungen der Leistungsgruppen könne die Mehrheit der Kliniken gar nicht erfüllen. 

    Wie geht es weiter?

    Planmäßig in Kraft treten soll die Reform zum 1. Januar 2025 - gleich komplett umgesetzt würde sie dann aber nicht, sondern nach und nach bis 2029. Geplant ist, dass die Länder ihren Kliniken bis Ende 2026 die jeweils vorgesehenen Leistungsgruppen zuweisen. Die Finanzierung soll dann 2027 und 2028 schrittweise auf das neue System umgestellt werden, wie das Ministerium erläutert.

    Mehr zum Thema

    Ausführlichere Informationen zur Krankenhausreform haben wir hier für Sie zusammengestellt.
    Diese Nachricht wurde am 22.11.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.