Der Blick nach vorn begann mit einem Blick zurück: in die Zeiten des aufkommenden Buchdrucks. Wissenschaftler hatten diese neue Technik begrüßt; die Bibliotheken und Klöster aber, die zuvor das Wissen aufbewahrt, kategorisiert und zugänglich gemacht - oder eben auch: zurückgehalten hatten - sie sahen ihre Monopolstellung gefährdet. Kirchliche und weltliche Obrigkeiten waren mehr als skeptisch: man fürchtete die verderblichen Auswirkungen unkontrolliert verbreiteter Schriften, wollte den Buchdruck gar verbieten. Die Parallele vom Buchdruck zum Internet zu ziehen, fiel Paul Klimpel von der Deutschen Kinemathek leicht.
"Die Argumente von damals scheinen uns vertraut. Etablierte Institutionen werden bedroht, die leichtere Verbreitbarkeit von Inhalten geht mit einem Verlust an Kontrolle einher. Die Seriosität der so verbreiteten Inhalte wird angezweifelt. Auch bei den Auswirkungen gibt es Parallelen. Missstände werden aufgedeckt in einer Art und Weise und mit einer Breitenwirkung, die nur durch die neue Technik möglich wurde und wird. Und die Auswirkungen, die sind nicht selten auch revolutionär im ganz wörtlichen Sinn: ob damals in Reformation und Bauernkriegen oder heute im "Arabischen Frühling."
Eine radikale Veränderung unserer Welt habe das Internet schon bewirkt, und:
"In Zukunft wird eben noch deutlicher gelten, was schon jetzt absehbar ist. Was nicht im Netz ist, das wird nicht in der Welt sein. Es droht in einem schwarzen Loch des Vergessens zu verschwinden. Und wir - wir wollen, dass das Kulturelle Erbe in der Welt bleibt."
Das Kulturelle Erbe - das sind: Handschriften, Bücher, Gemälde, Filme, Partituren, sind die Bestände der Archive, Bibliotheken, Museen, Sammlungen, Universitäten dieser Welt. Sie ins Netz zu bringen, aus einem Gemälde oder einem Notenblatt ein "Digitalisat" zu machen, ist nur der Anfang. Es mit beschreibenden Texten und Bildern zu versehen, es in einen wissenschaftlichen Kontext zu stellen, Forschungsdatenbanken anzulegen - das alles bedeutet nichts weniger als einen vollständigen Systemumbruch: Für traditionelle Archivwerkzeuge wie Findbücher, Eingangsbücher oder Kataloge müssen elektronische Lösungen gefunden werden; sich dabei in weltweiter Vernetzung auf technische Standards zu einigen, ist ein mühsames Unterfangen. Und Deutschland liege in der Entwicklung zurück, beklagt Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz.
"Wir haben letztens eine Diskussion gehabt mit Vertretern des Europäischen Parlaments, die auch sagten, hm: Deutschland hat jetzt schon beträchtlichen Nachholbedarf, wenn man zum Beispiel unter Goethe recherchiert, dann findet man vor allem Eingaben aus Polen, aber wo ist Deutschland sichtbar? - und ich glaube, das ist ganz, ganz zentral: Frankreich und Großbritannien sind hier führend auch in der Erstellung digitaler Inhalte. Sie wissen vielleicht, dass der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy vor ein oder zwei Jahren verkündet hat, dass 750 Millionen Euro vom französischen Staat für Digitalisierung des Kulturellen Erbes bereitgestellt werden - das sind natürlich riesige Zahlen, man braucht auch große Zahlen, um wirklich nachhaltig vorankommen, aber ich glaube, es ist dennoch wichtig, dass das auch von der Politik als zentrale Aufgabe gesehen wird, und es sind Bund, Länder und Kommunen gleichermaßen gefragt, denn das sind die Träger der deutschen Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen, die müssen hier Dinge ermöglichen."
Im nächsten Sommer soll eine erste Pilotversion der "Deutschen Digitalen Bibliothek" zu erleben sein, sollen die ersten Schätze der Kultur- und Wissenschaftsnation Deutschland global sichtbar werden: als unser Beitrag zur europäischen Plattform des Kulturellen Erbes, der "Europeana". Bei diesen Projekten geht es letztlich darum, den weltumspannenden Digitalisierungsplänen vor allem von Google etwas entgegenzusetzen. Zu den technischen und organisatorischen Schwierigkeiten kommen die rechtlichen Probleme.
"Die rechtliche Sicherheit, die ist auch noch verbesserungswürdig, die Klärung des rechtlichen Rahmens: Welche Rolle wird zeitgenössische Kunst etwa künftig im Bereich dieser Plattform spielen können, endet unsere Tätigkeit wirklich dort, wo das Urheberrecht einsetzt, wird das 20. Jahrhundert dann genau aus diesem Grund künftig weitgehend fehlen? Ich meine, das ist nicht anzustreben. Im Bundesministerium für Justiz arbeitet man an einer Lösung, da gibt es verschiedene Überlegungen über Verwertungsgesellschaften usw. diese Frage zu lösen, weil man auch hier sieht, dass man vorankommen will, denn es ist eben nicht ausreichend, dass man die kulturellen Inhalte letztlich nur bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts in ein solches Portal einführen kann."
Dass die Zukunft unseres Kulturerbes eine digitale sein müsse - darüber war man sich einig. Dass die Aura des einzelnen, des echten Werkes dadurch nicht berührt werde - darüber war man sich schon nicht mehr so einig. Doch was hörte man in den Pausengesprächen immer wieder? "Was nicht im Netz ist, wird nicht in der Welt sein."
"Die Argumente von damals scheinen uns vertraut. Etablierte Institutionen werden bedroht, die leichtere Verbreitbarkeit von Inhalten geht mit einem Verlust an Kontrolle einher. Die Seriosität der so verbreiteten Inhalte wird angezweifelt. Auch bei den Auswirkungen gibt es Parallelen. Missstände werden aufgedeckt in einer Art und Weise und mit einer Breitenwirkung, die nur durch die neue Technik möglich wurde und wird. Und die Auswirkungen, die sind nicht selten auch revolutionär im ganz wörtlichen Sinn: ob damals in Reformation und Bauernkriegen oder heute im "Arabischen Frühling."
Eine radikale Veränderung unserer Welt habe das Internet schon bewirkt, und:
"In Zukunft wird eben noch deutlicher gelten, was schon jetzt absehbar ist. Was nicht im Netz ist, das wird nicht in der Welt sein. Es droht in einem schwarzen Loch des Vergessens zu verschwinden. Und wir - wir wollen, dass das Kulturelle Erbe in der Welt bleibt."
Das Kulturelle Erbe - das sind: Handschriften, Bücher, Gemälde, Filme, Partituren, sind die Bestände der Archive, Bibliotheken, Museen, Sammlungen, Universitäten dieser Welt. Sie ins Netz zu bringen, aus einem Gemälde oder einem Notenblatt ein "Digitalisat" zu machen, ist nur der Anfang. Es mit beschreibenden Texten und Bildern zu versehen, es in einen wissenschaftlichen Kontext zu stellen, Forschungsdatenbanken anzulegen - das alles bedeutet nichts weniger als einen vollständigen Systemumbruch: Für traditionelle Archivwerkzeuge wie Findbücher, Eingangsbücher oder Kataloge müssen elektronische Lösungen gefunden werden; sich dabei in weltweiter Vernetzung auf technische Standards zu einigen, ist ein mühsames Unterfangen. Und Deutschland liege in der Entwicklung zurück, beklagt Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz.
"Wir haben letztens eine Diskussion gehabt mit Vertretern des Europäischen Parlaments, die auch sagten, hm: Deutschland hat jetzt schon beträchtlichen Nachholbedarf, wenn man zum Beispiel unter Goethe recherchiert, dann findet man vor allem Eingaben aus Polen, aber wo ist Deutschland sichtbar? - und ich glaube, das ist ganz, ganz zentral: Frankreich und Großbritannien sind hier führend auch in der Erstellung digitaler Inhalte. Sie wissen vielleicht, dass der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy vor ein oder zwei Jahren verkündet hat, dass 750 Millionen Euro vom französischen Staat für Digitalisierung des Kulturellen Erbes bereitgestellt werden - das sind natürlich riesige Zahlen, man braucht auch große Zahlen, um wirklich nachhaltig vorankommen, aber ich glaube, es ist dennoch wichtig, dass das auch von der Politik als zentrale Aufgabe gesehen wird, und es sind Bund, Länder und Kommunen gleichermaßen gefragt, denn das sind die Träger der deutschen Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen, die müssen hier Dinge ermöglichen."
Im nächsten Sommer soll eine erste Pilotversion der "Deutschen Digitalen Bibliothek" zu erleben sein, sollen die ersten Schätze der Kultur- und Wissenschaftsnation Deutschland global sichtbar werden: als unser Beitrag zur europäischen Plattform des Kulturellen Erbes, der "Europeana". Bei diesen Projekten geht es letztlich darum, den weltumspannenden Digitalisierungsplänen vor allem von Google etwas entgegenzusetzen. Zu den technischen und organisatorischen Schwierigkeiten kommen die rechtlichen Probleme.
"Die rechtliche Sicherheit, die ist auch noch verbesserungswürdig, die Klärung des rechtlichen Rahmens: Welche Rolle wird zeitgenössische Kunst etwa künftig im Bereich dieser Plattform spielen können, endet unsere Tätigkeit wirklich dort, wo das Urheberrecht einsetzt, wird das 20. Jahrhundert dann genau aus diesem Grund künftig weitgehend fehlen? Ich meine, das ist nicht anzustreben. Im Bundesministerium für Justiz arbeitet man an einer Lösung, da gibt es verschiedene Überlegungen über Verwertungsgesellschaften usw. diese Frage zu lösen, weil man auch hier sieht, dass man vorankommen will, denn es ist eben nicht ausreichend, dass man die kulturellen Inhalte letztlich nur bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts in ein solches Portal einführen kann."
Dass die Zukunft unseres Kulturerbes eine digitale sein müsse - darüber war man sich einig. Dass die Aura des einzelnen, des echten Werkes dadurch nicht berührt werde - darüber war man sich schon nicht mehr so einig. Doch was hörte man in den Pausengesprächen immer wieder? "Was nicht im Netz ist, wird nicht in der Welt sein."