Cyberspionage
Was Russland mit den Angriffen erreichen will

Die Bundesregierung macht Russland für einen Hackerangriff auf die SPD-Zentrale verantwortlich. Im Visier steht die Hackergruppe "Fancy Bear", die auch für einen früheren Angriff auf den Deutschen Bundestag verantwortlich gewesen sein soll. Was will Russland mit der Cyberspionage erreichen? Fragen und Antworten im Überblick.

    Eine Hackersoftware ist auf einem Laptop geöffnet. Eine Hand liegt auf der Tastatur.
    Eine Hackersoftware ist auf einem Laptop geöffnet. (picture alliance/dpa | Silas Stein)

    Nehmen russische Spionage-Angriffe zu?

    Es gibt keine offiziellen Statistiken über Cyberangriffe aus Russland, auch weil eine exakte Zuordnung des Ursprungs der Hackergruppen sehr schwierig ist. Es gibt aber zwei Themenkreise, die russische Hacker im Staatsauftrag immer häufiger dazu motivieren, im Westen aktiv zu werden: der Ukraine-Krieg und die Aussicht, in westlichen Ländern Wahlen beeinflussen zu können. "Im Vorfeld der Wahlen zum Europäischen Parlament bleibt Russland die größte Bedrohung für Europa", sagt Jamie Collier von der Sicherheitsfirma Mandiant. "Russische Operationen werden wahrscheinlich in ganz Europa stattfinden und versuchen, die Unterstützung für die Ukraine sowie das Vertrauen die NATO und die EU zu untergraben."

    Was will Russland herausfinden?

    Die SPD stellt den Bundeskanzler und bestimmt als Regierungspartei maßgeblich die Außenpolitik Deutschlands mit. Für Moskau ist natürlich interessant, wie Berlin auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine reagiert und welche Pläne es bezüglich militärischer und finanzieller Unterstützung für Kiew gibt. Russlands Ziel ist es außerdem, die Debatte im eigenen Sinne zu beeinflussen, etwa Ängste in der SPD vor einer Eskalation durch Waffenlieferungen in Deutschland zu verstärken. Über den konkreten Fall hinaus geht es darum, politische Systeme im Westen zu destabilisieren, Unsicherheit zu verbreiten, Industriespionage zu betreiben oder auch Bankinformationen zu knacken - etwa als Druckmittel gegen russische Beamte, die ihr Geld ins Ausland verfrachtet haben.

    Welche Rolle spielen dabei bezahlte Hackergruppen?

    Die Verbindungen zwischen dem russischen Geheimdienst und der Hackerbranche in Russland gelten als eng. Vor Jahren schon hat der FSB mit der Rekrutierung fähiger Cyberkrimineller begonnen. Die Gruppen "Fancy Bear" und "Cozy Bear" sind die bekanntesten, denen enge Verbindungen zu den Geheimdiensten nachgesagt werden. Daneben gibt es aber auch Hackergruppen, die für Moskau Angriffe auf kommerzielle Objekte im Ausland starten. Die bekannteste Gruppierung hier ist "Evil Corp".

    Spioniert auch der Westen andere Staaten aus? 

    Nur selten dringen Informationen über westliche Spionage an die Öffentlichkeit. Es kann davon ausgegangen werden, dass westliche Geheimdienste in Cyberraum auch als Angreifer unterwegs sind. Bekannt ist zum Beispiel das angelsächsische Geheimdienst-Netzwerk "Five Eyes" - eine Kooperation zwischen den USA und Großbritannien sowie Kanada, Australien und Neuseeland. Als besonders schlagkräftig gilt die Cybertruppe Unit 8200 aus Israel. Manchmal gelingen aber auch kleineren Diensten wie dem niederländischen Geheimdienst AIVD spektakuläre Spionageerfolge. Die Niederländer konnten ab 2014 mehrere Jahre lang über manipulierte Sicherheitskameras in einem Moskauer Büro der russischen Truppe "Cozy Bear" virtuell über die Schulter schauen.

    Wie ist die deutsche Spionageabwehr aufgestellt?

    Nachdem der Fokus in den vergangenen Jahren aufgrund der terroristischen Bedrohung stark auf dem militanten Islamismus und den Rechtsextremismus gelegen hatte, wurde zuletzt umgesteuert, sodass inzwischen wieder mehr Ressourcen in die Spionageabwehr fließen. Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat in den vergangenen zwei Jahren mehrfach Warnhinweise an Bundestagsabgeordnete geschickt. Unter anderem verweist der Inlandsgeheimdienst auf die durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine gestiegene Bedrohung durch staatliche oder Staats russische Hacker. Gewarnt wurde auch vor Cyberangriffen und Einflussoperationen Chinas sowie vor der Ausspähung Oppositioneller in Deutschland durch den iranischen Geheimdienst.
    (Zusammengestellt mit Material der dpa)
    Diese Nachricht wurde am 04.05.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.