An mehr als 30 Tagen in Folge hat es in Frankreich zu Jahresbeginn nicht geregnet. Das ist die längste Trockenperiode seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Wegen der historischen Dürre gelten schon jetzt Einschränkungen beim Wasserverbrauch. Im Département Pyrénées-Orientales dürfen bis Ende April keine Autos gewaschen und keine Rasen bewässert werden.
"So etwas ist noch nie dagewesen", sagte Frankreichs Umweltminister Béchu. Die Lage sei noch bedenklicher als im Vorjahr, als Frankreich ebenfalls eine historische Trockenheit erlebt habe. Für dieses Jahr rechnen die französischen Behörden wegen der Trockenheit mit besonders frühen und verheerenden Waldbränden im Südwesten des Landes. Selbst viele Eichen, Olivenbäume und Aleppo-Kiefern, die als besonders resistent gegen Dürre gelten, seien diesen Winter abgestorben, heißt es vom Département Pyrénées-Orientales.
Extreme Trockenheit auch in Norditalien
In Italien schlägt die Umweltorganisation Legambiente Alarm und warnt, dass in den dortigen Alpen in den vergangenen Monaten 53 Prozent weniger Schnee als im langjährigen Mittel gefallen sei. Das Problem ist aber nicht nur der Mangel an Schnee, sondern auch dort der ausbleibende Regen. Im Becken des Po, des größten Flusses Italiens, sind die Niederschläge um 61 Prozent gesunken. Nach einem regenfreien Februar im italienischen "Food Valley" - der norditalienischen Region Emilia Romagna - drohe bei der nationalen Lebensmittelproduktion ein Minus von rund 40 Prozent, schrieb die Zeitung "La Repubblica". Niemand könne sich dort an eine schlimmere Trockenheit erinnern.
Der Lago Maggiore ist laut Presseberichten nur noch zu 38 Prozent gefüllt, beim Comer See sieht es nicht besser aus. Aber auch weiter südlich in Italien macht sich die Trockenheit bemerkbar. Am Tiber in Rom sei der Wasserstand schon um 1,50 Meter gesunken, meldete die Hauptstadtzeitung "Il Messaggero".
Viel weniger Schnee in den Alpen
Zu wenig Schnee liegt nicht nur in den italienischen Alpen. Auch in Frankreich, der Schweiz und in Teilen Österreichs liege aktuell weniger Schnee als viele Jahre üblich, sagt der Meteorologe Klaus Haslinger von Geosphere Austria.
Verantwortlich für den geringen Niederschlag sind blockierende Hochdruckgebiete über Westeuropa, die Regenfronten abdrängen. Es sei nicht das erste Mal, dass solche Wetterlagen für extrem regenarme Jahre sorgten, betont Haslinger. Schon vor 60 Jahren habe es über Jahre wegen einer bestimmten Temperaturverteilung über Land und Meer sehr wenig geregnet. Es gebe aber Indizien, dass die globale Erderwärmung diese Temperatur-Muster begünstigen könnte.
Weitere Verschärfung der Trockenheit befürchtet
Der Schnee- und Regenmangel hat Auswirkungen auf das restliche Jahr in Europa. "Wenn im Frühjahr das Wetter so ähnlich ist wie 2022, wird sich die Trockenheit deutlich verschärfen", warnt der Agrarmeteorologe an der Universität für Bodenkultur in Wien, Josef Eitzinger. Es zeichne sich ab, dass die Flüsse viel weniger Schmelzwasser transportieren werden. Damit fehle die Frühjahrsspitze, die wichtig für das Auffüllen von Grundwasser ist.
"Das Schneedefizit von heute ist die Trockenheit im nächsten Sommer und Herbst", sagte auch Manuela Brunner vom WSL-Institut für Schnee- und Lawinenforschung im schweizerischen Davos. Die Auswirkungen hätten über die Jahrzehnte deutlich zugenommen. Brunner hat in einer Studie festgestellt, dass die Zahl der Dürren, die durch Schneeschmelzdefizite ausgelöst wurden, in den Jahren 1994 bis 2017 um 15 Prozent höher war als in den Jahren 1970 bis 1993. Sie geht davon aus, dass der Trend sich fortsetze, weil die Schneefallgrenze steige. Damit sinke die Menge an Wasserreserven, die im Schnee gespeichert seien.
Wetterdienst: Auch in Deutschland zu warmer Winter
In Deutschland waren die diesjährigen Wintermonate leicht zu trocken, analysiert der Deutsche Wetterdienst. Vor allem aber haben die Meteorologen erneut einen zu warmen Winter gemessen, den zwölften in Folge. "Der Klimawandel lässt nicht locker", sagt Uwe Kirsche vom DWD. Die durchschnittliche Temperatur lag demnach bei 2,9 Grad und damit 2,7 Grad über dem Wert der international gültigen Referenzperiode 1961 bis 1990.
Ein zu milder Winter mache noch keinen Klimawandel, wohl aber der zwölfte in Folge, erklärte Peter Hoffmann vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. Die Kammlagen der Mittelgebirge in Deutschland, die bislang noch als schneesicher galten, würden infolge von zu milden Witterungsbedingungen immer häufiger mit Schneemangel konfrontiert. Diese Entwicklung stelle nicht nur die Wintertourismus-Betreiber vor existenzielle Herausforderungen, sondern auch die natürlichen Wasserkreisläufe.
Diese Nachricht wurde am 27.02.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.