Was ist vorgefallen?
Am Freitagabend raste ein Auto auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg und erfasste zahlreiche Menschen. Der Fahrer fuhr rund 400 Meter durch die dicht besuchte Marktfläche, bevor er gestoppt wurde.
Laut DLF-Landeskorrespondent Niklas Otterbach hat die Stadt schon vor Jahren um den Weihnachtsmarkt Betonpoller errichtet. Allerdings gebe es Öffnungen für die Straßenbahn. Der Extremismus- und Terrorismusexperte, Schindler, geht davon aus, dass es in Magdeburg einen Fehler im Sicherheitskonzept gegeben hat. Er sagte im Deutschlandfunk (audio-link), das Einfahren von Fahrzeugen auf Weihnachtsmärkte sei seit dem Anschlag auf dem Berliner Breitscheid-Platz 2016 ein bekanntes Szenario.
Nach Angaben von Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Haseloff wurden dabei fünf Menschen getötet. Mindestens 200 Menschen wurden verletzt, viele von ihnen schweben noch in Lebensgefahr. Rettungskräfte und Feuerwehr waren mit einem Großaufgebot im Einsatz. Die Polizei nahm den mutmaßlichen Täter unmittelbar nach der Tat fest.
Was ist über den mutmaßlichen Täter bekannt?
Der Verdächtige ist ein 50-jähriger Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie aus Bernburg. Laut Recherchen des „Spiegel“ wurde er in der saudi-arabischen Stadt Hufuf geboren und kam 2006 nach Deutschland, zunächst für eine Ausbildung. Zehn Jahre später wurde er als Flüchtling anerkannt, da er nach eigenen Angaben in Saudi-Arabien wegen seiner Abkehr vom Islam mit dem Tod bedroht war. In den folgenden Jahren engagierte er sich aktiv für Flüchtlinge, insbesondere für Frauen aus Saudi-Arabien, die er bei der Flucht beriet. Zudem betrieb er eine Internetseite mit Informationen zum deutschen Asylsystem.
Seine Ansichten scheinen sich in den vergangenen Jahren radikalisiert zu haben. Der „Spiegel“ berichtet, dass der Mann offen mit der AfD sympathisierte und eine „Akademie für Ex-Muslime“ in Kooperation mit der Partei schaffen wollte. In einem kürzlich veröffentlichten Videointerview auf einem islamfeindlichen US-Blog behauptete er, der deutsche Staat betreibe eine „verdeckte Geheimoperation“, um saudische Ex-Muslime zu verfolgen, während syrische Dschihadisten Asyl erhielten.
Das Motiv der Tat bleibt weiterhin unklar. Ermittler prüfen, ob persönliche, politische oder psychische Gründe den Mann zu seiner Handlung getrieben haben könnten.
Welche Reaktionen gibt es aus der Politik?
Der mutmaßliche Anschlag hat tiefgreifende Bestürzung und Anteilnahme ausgelöst. Bundeskanzler Scholz reiste zusammen mit Innenministerin Faeser und Umweltministerin Lemke nach Magdeburg. Auch der CDU-Vorsitzende Merz ist vor Ort. Sie besuchten gemeinsam mit Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Haseloff den Tatort. An der Magdeburger Johanniskirche gedachten sie der Opfer und legten Blumen nieder.
Bundeskanzler Scholz sprach in Magdeburg von einer "furchtbaren Tat". Nun sei es wichtig, aufzuklären und die Motive des Täters zu verstehen, um mit den notwendigen Konsequenzen darauf zu reagieren. Scholz rief die Menschen in Deutschland dazu auf, zusammenzuhalten. Solche Täter, die Hass säen wollten, dürften damit nicht durchkommen. Der Kanzler dankte den Einsatzkräften und sprach den Opfern und ihren Angehörigen sein Mitgefühl aus.
Am Abend ist im Magdeburger Dom eine Gedenkfeier geplant. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Haseloff sprach von einer „Katastrophe für Magdeburg und für Deutschland“. Gleichzeitig kündigte er an, über notwendige Konsequenzen sprechen zu wollen.
Auch international gab es Reaktionen. UNO-Generalsekretär Guterres zeigte sich schockiert über die Ereignisse und sprach den Opfern und ihren Familien sein Mitgefühl aus. EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen verurteilte die Tat scharf und forderte eine gründliche Aufklärung. Der französische Präsident Macron sprach von „einem Schrecken, der den Weihnachtsmarkt heimgesucht hat“. Saudi-Arabien bekundete seine Solidarität mit Deutschland und den Familien der Opfer.
Diese Nachricht wurde am 21.12.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.