Die IS-Miliz "Khorasan" (kurz IS-K) ist benannt nach einer alten Bezeichnung für die Region, die Teile des Irans, Turkmenistans und Afghanistans umfasste. Die Gruppe tauchte erstmals Ende 2014 im Osten Afghanistans auf. Schnell wurde sie wegen ihrer extremen Brutalität berüchtigt.
IS-K ist mit den in Afghanistan herrschenden radikal-islamischen Taliban verfeindet, denen die Miliz vorwirft, eine zu moderate Version des islamischen Glaubens zu vertreten. Viele ehemalige Taliban-Kämpfer haben sich US-Geheimdiensten zufolge der noch radikaleren Gruppe angeschlossen. IS-K strebt ein Kalifat in Afghanistan, Pakistan, Turkmenistan, Tadschikistan, Usbekistan und im Iran an.
Anschläge nicht nur in Afghanistan
Die Gruppe gilt als Drahtzieher des Selbstmordanschlags vom August 2021 am Kabuler Flughafen während der chaotischen Evakuierungen nach dem Abzug der internationalen Truppen aus Afghanistan. IS-K hat in der Vergangenheit aber auch außerhalb Afghanistans Anschläge verübt - unter anderem auf Moscheen. Anfang dieses Jahres fingen die USA Nachrichten ab, die bestätigten, dass die Gruppe hinter einem verheerenden Bombenanschlag im Iran steckte.
Der IS-Ableger wird auch mit Anschlagsplänen an Weihnachten in Köln und Wien in Verbindung gebracht. Der Terrorismusforscher Neumann vom King's College in London sagte im ARD-Fernsehen, IS-K sei momentan die einzige Gruppierung des "Islamischen Staats", die in der Lage sei, im nicht-muslimisch geprägten Ausland größere Anschläge durchzuführen.
Bereits im März hatten die USA Russland vor möglichen Anschlägen des „IS-Afghanistan“ gewarnt, sagte der Islamwissenschaftler und Terrorexperte Steinberg im Deutschlandfunk. Die Gruppe habe viele Kämpfer aus Tadschikistan, Kirgistan und Usbekistan, die zumeist russisch sprächen und auch über Ortskenntnisse verfügten. Machthaber Putin bezeichnete die Terror-Warnung der USA aber als einen Versuch, Russland einzuschüchtern.
Russland offenbar im Fokus der Terroristen
Erst vor zwei Wochen hatte der russische Inlandsgeheimdienst FSB erklärt, er habe einen Anschlag von IS-K auf eine Moskauer Synagoge vereitelt.
Russland hatte sich 2015 in den syrischen Bürgerkrieg eingeschaltet, um Machthaber Assad gegen die Opposition, aber auch gegen die IS-Miliz zu unterstützen. Experten zufolge hat sich die Extremisten-Gruppe bereits in den vergangenen Jahren verstärkt gegen Kremlchef Putin gestellt. IS-K habe sich in den vergangenen zwei Jahren auf Russland fixiert und sei Putin in ihrer Propaganda häufig angegangen, sagte der Terrorismusforscher Colin Clarke vom Soufan Center in New York.
Der Direktor des auf Asien-Studien spezialisierten Wilson Centers in Washington, Michael Kugelman, wies darauf hin, dass IS-K Russland als Komplizen bei Aktivitäten sehe, die regelmäßig Muslime unterdrückten. Die Gruppe zähle eine Reihe von Kämpfern aus muslimisch geprägten Staaten in Zentralasien wie den Ex-Sowjetrepubliken Tadschikistan und Usbekistan zu ihren Mitgliedern, die ihre eigenen Ressentiments gegenüber der Führung in Moskau hätten. Einem russischen Abgeordneten zufolge sollen in dem Fluchtauto der mutmaßlichen Attentäter Pässe aus Tadschikistan gefunden worden sein.
Faeser sieht akute Gefahrenlage auch in Deutschland
Bundesinnenministerin Faeser sagte der "Süddeutschen Zeitung", die Gefahr durch islamistischen Terrorismus bleibe akut. Von dem IS-Ableger, der den Anschlag in Moskau verübt haben soll, gehe derzeit auch in Deutschland die größte islamistische Bedrohung aus. Erst am Dienstag hatte die Bundesanwaltschaft in Gera zwei mutmaßliche Islamisten des IS-K festnehmen lassen. Sie sollen einen Anschlag auf das schwedische Parlament geplant haben.
Weiterführende Informationen
Diese Nachricht wurde am 24.03.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.